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Israel weitet Angriffe im Gazastreifen aus

Eine Rückkehr zu der Waffenruhe wird immer unwahrscheinlicher. Die israelische Regierung treibt indes auch die Siedlungspolitik im Westjordanland voran.

Erneut gab es einen Angriff in Chan Junis im südlichen Gazastreifen.
Foto: Abed Rahim Khatib/dpa

Israel hat seine Angriffe auf Ziele der islamistischen Hamas im Gazastreifen ausgeweitet. Laut palästinensischen Angaben wurden bei einem Angriff auf eine Klinik im Süden des abgeriegelten Küstengebiets fünf Menschen getötet, darunter ein Mitglied des Hamas-Politbüros. Mitarbeiter des Nasser-Krankenhauses in der Stadt Chan Junis gaben an, dass das israelische Militär die zweite Etage der Klinik angegriffen habe. Die Armee Israels erklärte, dass das Ziel ein wichtiges Hamas-Mitglied gewesen sei, das dort aktiv war.

Bei dem Hamas-Mitglied handelte es sich laut Hamas um Ismail Barhum. Verteidigungsminister Israel Katz lobte die Armee für die Tötung. Israelischen Medien zufolge war Barhum als Politbüro-Mitglied für die Verteilung von Geldern innerhalb der Terrororganisation zuständig. Die Hamas nannte ihn «eine tragende Säule» der Islamistenorganisation.

Die Hamas wurde von der israelischen Armee beschuldigt, das Krankenhaus als Unterschlupf zu nutzen. Laut Hamas wurde Barhum in der Nasser-Klinik behandelt. Die Angaben beider Seiten konnten vorerst nicht unabhängig überprüft werden.

Schon zuvor war am Sonntag bei einem israelischen Luftangriff im südlichen Gazastreifen ein ranghoher Hamas-Funktionär getötet worden. Laut Armee habe Salah al-Bardawil die strategische und militärische Planung der Hamas geleitet. Die Hamas bestätigte in ihrem Telegram-Kanal den Tod von al-Bardawil, der auch Mitglied des Politbüros war.

Hamas-Behörde: Mehr als 50.000 Gaza-Tote seit Kriegsbeginn

Die Zahl der seit Beginn des Gaza-Krieges vor eineinhalb Jahren im Gazastreifen getöteten Palästinenser stieg nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde auf mehr als 50.000. Zahlreiche Menschen gelten noch als vermisst. Die Angaben, die nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterscheiden, lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Internationale Organisationen wie die UN betrachten sie als weitgehend glaubwürdig.

Der Gaza-Krieg begann am 7. Oktober 2023 mit dem Angriff der Hamas und anderer extremistischer Gruppen auf Israel. Dabei wurden etwa 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 Israelis als Geiseln in den Gazastreifen gebracht.

Kallas fordert Rückkehr zur Waffenruhe

Während ihres Besuchs in der Region verurteilte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas die neuen Angriffe im Gazastreifen und forderte die Wiederaufnahme der humanitären Hilfe. In einer gemeinsamen Erklärung mit dem Arabisch-Islamischen Ministerkomitee forderte sie die sofortige Rückkehr zur vollständigen Umsetzung des am 19. Januar in Kraft getretenen Abkommens über eine Waffenruhe sowie die Freilassung von Geiseln und Häftlingen.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu plant laut «Wall Street Journal» eine neue großangelegte Bodenoffensive. Der Ministerpräsident und sein Sicherheitskabinett seien davon überzeugt, dass die Einnahme größerer Gebiete es Israel erlauben würde, die Hamas endgültig zu besiegen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf informierte Kreise. 

Israel will Behörde für Ausreise von Palästinensern schaffen

Israel richtet zudem eine neue Behörde für eine «freiwillige» Ausreise von Palästinensern aus dem Gazastreifen ein. Diese soll dem Verteidigungsministerium unterstellt werden und «die freiwillige Ausreise von Bewohnern des Gazastreifens in Drittländer auf sicherem und kontrolliertem Wege vorbereiten», zitierten israelische Medien aus einer Erklärung des Büros von Verteidigungsminister Katz. 

Ausreisewilligen Menschen solle das Verlassen des abgeriegelten Küstenstreifens «unter Einhaltung des israelischen und internationalen Rechts und in Übereinstimmung mit der Vision von US-Präsident Donald Trump» ermöglicht werden, hieß es demnach in der Erklärung weiter. Zuvor hatte das israelische Sicherheitskabinett den Berichten zufolge einen entsprechenden Vorschlag von Katz gebilligt. Um welche Drittländer es sich handeln soll, wurde nicht erwähnt.

Friedensbewegung: Menschen gehen nicht «freiwillig»

Die israelische Friedensbewegung Peace Now verurteilte die Schaffung der neuen Ausreisebehörde auf der Plattform X als «unauslöschlichen Schandfleck» für Israel. «Wenn das Leben an einem bestimmten Ort durch Bombardierung und Belagerung unmöglich gemacht wird, ist es nicht „freiwillig“, wenn Menschen gehen», hieß es weiter.

Vorschlag geht auf US-Präsident Trump zurück

Katz hatte die Armee bereits Anfang Februar angewiesen, einen entsprechenden Plan auszuarbeiten, nachdem US-Präsident Donald Trump vorgeschlagen hatte, zwei Millionen Palästinenser aus dem Küstenstreifen umzusiedeln. Der US-Präsident hatte im Beisein von Netanjahu verkündet, die USA würden den Gazastreifen «übernehmen» und in eine wirtschaftlich florierende «Riviera des Nahen Ostens» verwandeln. Nach Trumps Willen sollen die Einwohner des Gebiets in anderen arabischen Staaten der Region unterkommen. 

Gemäß ägyptischen Medien hat die Regierung in Kairo kürzlich Berichte zurückgewiesen, die besagten, dass sie bereit sei, vorübergehend eine halbe Million Menschen aus dem Gazastreifen aufzunehmen.

Israel erkennt 13 unabhängige Siedlungen im Westjordanland an

Das israelische Sicherheitskabinett hat beschlossen, 13 jüdische Wohngebiete im besetzten Westjordanland in unabhängige Siedlungen umzuwandeln. Dieser Schritt wurde von dem rechtsextremen Finanzminister Bezalel Smotrich vorangetrieben, wie israelische Medien berichteten. Die betroffenen Wohngebiete wurden teilweise über Jahrzehnte hinweg illegal, ohne formelle Genehmigung des Kabinetts, als Außenposten von Siedlungen errichtet.

Laut Medienberichten hat das Außenministerium der Palästinensischen Autonomiebehörde die Anerkennung der Siedlungen verurteilt. Peace Now bezeichnete diesen Schritt als Gefahr für eine Zwei-Staaten-Lösung in Israel.

dpa