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Israel weitet Militärpräsenz im Gazastreifen aus

Ministerpräsident Netanjahu kündigte den Vormarsch in einen Korridor an, um Sicherheitszonen zu schaffen.

Sehr viele Menschen im Gazastreifen haben Angehörige im Krieg verloren.
Foto: Jehad Alshrafi/AP/dpa

Israel weitet seine Militärpräsenz im Gazastreifen aus. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte vor einer umstrittenen Auslandsreise nach Ungarn an, dass die Armee in einen Korridor vorrücke, der die Städte Rafah und Chan Junis im Süden des Küstengebiets trennt. «Wir erobern die Morag-Route», sagte der israelische Regierungschef in einer Videoansprache am Abend. Morag war eine von mehreren israelischen Siedlungen im Süden des Palästinensergebiets, die Israel im Jahr 2005 geräumt hatte. 

Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hatte zuvor mitgeteilt, die Armee werde umfangreiche Gebiete im Gazastreifen erobern, die zu israelischen «Sicherheitszonen» werden sollen. Die Zeitung «Jerusalem Post» meldete unter Berufung auf Kreise des Verteidigungsapparats, Israels Armee kontrolliere inzwischen fast 30 Prozent des Gazastreifens.

Israel verstärkt Druck auf Hamas bis zur Geiselfreilassung

«Das Einzige, was unseren weiteren Vormarsch aufhalten kann, ist die Freilassung unserer Geiseln», sagte Israels Generalstabschef Ejal Zamir Armeeangaben zufolge bei einem Truppenbesuch in Rafah im Süden des Gazastreifens. Nach israelischen Informationen haben palästinensische Terroristen im Gazastreifen noch 24 lebende Geiseln in ihrer Gewalt, hinzu kommen die sterblichen Überreste Dutzender anderer Geiseln.

Proteste gegen Hamas und Krieg im Gazastreifen

In Beit Lahia im Norden des Palästinensergebiets protestierten wieder Hunderte Menschen gegen die Herrschaft der Hamas und den Gaza-Krieg, wie Anwohner der Deutschen Presse-Agentur berichteten. Die Demonstranten, darunter Kinder und Frauen, hätten die Islamistenorganisation bei dem Protest zwischen Häuserruinen zum Rückzug aufgefordert. Auf Videos, die in sozialen Medien kursieren und die Demonstration zeigen sollen, skandieren Palästinenser «Hamas raus». 

Hamas-Behörde: Viele Tote bei Angriffen

Laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde kamen bei den israelischen Einsätzen am Mittwoch mehr als 70 Menschen ums Leben. Es gibt keine Unterscheidung zwischen Zivilisten und Kämpfern, und die Angaben sind schwer unabhängig zu überprüfen.

Bei einem israelischen Luftangriff im nördlichen Gazastreifen wurde laut der Behörde und palästinensischen Medienberichten eine Klinik des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA getroffen. Mindestens 19 Menschen, darunter neun Minderjährige, seien bei dem Vorfall in Dschabalija getötet worden. Laut UNRWA-Chef Philippe Lazzarini ist unter den Todesopfern auch ein zwei Wochen altes Baby.

Palästinensischen Angaben zufolge hielten sich im Bereich der Klinik Binnenvertriebene auf. «Ersten Berichten zufolge waren in der Einrichtung über 700 Menschen untergebracht, als sie getroffen wurde», so Lazzarini.

https://x.com/UNLazzarini/status/1907486323553734859

Die israelische Armee sprach von einem Angriff auf Hamas-Terroristen, die sich in einem Kommandozentrum aufgehalten hätten, das ein «zentraler Treffpunkt der Terrororganisation» gewesen sei. Von dort aus seien Terroranschläge auf israelische Ziele geplant worden. Das Militär habe vor dem Angriff Maßnahmen getroffen, um Zivilisten zu schonen. 

https://x.com/IDF/status/1907387985038823624

Israels Armee umstellt Viertel in Rafah

Israels Armee hat eigenen Angaben zufolge ein Viertel in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens umstellt. Israelische Bodentruppen sind seit etwa zwei Wochen im Stadtteil Tal al-Sultan im Einsatz. Die israelische Armee hatte kürzlich die Bewohner der Stadt und benachbarter Orte aufgefordert, von dort zu fliehen.

Mehr als 100.000 Menschen im Süden des Gazastreifens flüchteten nach Angaben der Vereinten Nationen in den vergangenen beiden Tagen. «Groß angelegte israelische Bombardierungen und Bodenoperationen» führten demnach auch zu weitreichenden Zerstörungen im Gebiet um die Grenzstadt Rafah. 

Israelische Angriffe in Syrien

Die israelische Luftwaffe flog am Abend erneut Angriffe auf mehrere Ziele in Syrien. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien gab es mindestens vier Tote und elf Verletzte. Das israelische Militär teilte mit, dass der syrische Militärflughafen in Hama im Westen des Landes und die sogenannte T4-Basis, ein weiterer Militärflugplatz weiter südlich, getroffen wurden. Auch in der Hauptstadt Damaskus griff Israel militärische Infrastruktur an.

Netanjahu reist nach Ungarn

Netanjahu reiste nach Ungarn, um seinen ungarischen Amtskollegen Viktor Orban zu treffen. Es ist seine erste Reise nach Europa, seit der Internationale Strafgerichtshof im November einen Haftbefehl gegen ihn erlassen hat. Einzelheiten des Besuchs wurden zunächst nicht bekanntgegeben.

Orban hatte die Einladung nach Erlass des Haftbefehls demonstrativ ausgesprochen. Eine Festnahme Netanjahus ist daher ausgeschlossen. Obwohl Ungarn das Statut des IStGH ratifiziert hat, ist Orbans Regierung nicht an dessen Bestimmungen gebunden. Kritiker werfen dem rechtspopulistischen Ministerpräsidenten vor, dass er grundlegende Prinzipien von Demokratie und Rechtsstaat in Ungarn bereits lange Zeit ausgehöhlt hat und diesen Kurs unbeirrt fortsetzt. Deshalb hat die EU Ungarn einen Teil der europäischen Fördermittel entzogen oder eingefroren.

dpa