Katar zog immer wieder Kritik auf sich, weil es die Hamas-Führung mit einem politischen Büro in Doha beheimatet. Der Golfstaat gilt eigentlich als sehr sicher – nun greift Israel dort direkt an.
Israels Armee greift Hamas-Spitze in Katar an
Doha/Tel Aviv (dpa) Israels Armee hat eigenen Angaben zufolge die Führungsspitze der islamistischen Hamas in Doha, der Hauptstadt des Golfstaats Katar, angegriffen. «Jahrelang leiteten diese Mitglieder der Hamas-Führung die Operationen der Terrororganisation, sind direkt für das brutale Massaker vom 7. Oktober verantwortlich und orchestrierten und steuerten den Krieg gegen den Staat Israel», teilte das israelische Militär mit.
Laut Al-Arabija wurde Chalil al-Haja bei dem Angriff Berichten zufolge getötet. Es gab zunächst keine Bestätigung für seinen Tod oder den anderer Hamas-Funktionäre.
Al-Haja ist der höchste Hamas-Führer im Ausland, der auch die Hamas-Delegation bei den indirekten Verhandlungen mit Israel um eine Waffenruhe leitet. Al-Haja hielt sich die meiste Zeit in Katar auf. Andere höhere Hamas-Funktionäre im Ausland leben ebenfalls hauptsächlich in Katar oder in der Türkei.
Hamas-Quellen haben gegenüber Al-Dschasira bestätigt, dass der Angriff gezielt auf das Verhandlungsteam der Organisation abzielte.
Katar spricht von Angriff auf Wohngegenden
Katar verurteilte den Angriff scharf. Dieser habe auf Wohngegenden gezielt, in denen Mitglieder des politischen Büros der Hamas wohnten, erklärte der Sprecher des katarischen Außenministeriums Madschid al-Ansari. Er sprach von einem «eklatanten Verstoß gegen alle internationalen Rechte und Normen» und einer «ernsthaften Gefahr für die Sicherheit» der Bevölkerung in Katar.
Nach Angaben der Fernsehsender Al-Arabija und Al-Dschasira war nach der Explosion in der Hauptstadt von Katar eine große Rauchwolke zu sehen. Auf der katarischen Nachrichtenseite Doha News wurde ein zerstörtes Gebäude gezeigt, vor dem ein schwarzer Geländewagen geparkt war. Ebenso berichtete Doha News, dass Israel das Hamas-Verhandlungsteam angegriffen habe.
Katar, Ägypten und die USA vermitteln im Gaza-Krieg zwischen Israel und der Hamas. Trotz monatelanger Verhandlungen kommt es zu keiner Einigung über eine Waffenruhe. Israels Regierung plant derweil, die Stadt Gaza militärisch zu erobern.
Forderungen an Katar, das Hamas-Büro zu schließen
Nach den Unruhen der arabischen Aufstände in der Region eröffnete die Hamas 2012 ein politisches Büro in Katar. Schon zuvor war aus dem Golfemirat viel Geld an die Hamas geflossen, die 2007 die Macht im Gazastreifen übernommen hatte. Nach dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 auf Israel wurden Forderungen an die Regierung Katars lauter, das Büro zu schließen.
Der israelische Generalstabschef Ejal Zamir hatte vor zehn Tagen Angriffe auf Hamas-Führer im Ausland angedroht. «Mit unseren Aktionen sind wir noch nicht fertig», sagte er nach einem Angriff auf den Hamas-Sprecher Abu Obaida. «Die meisten Hamas-Führer sind im Ausland, und wir werden auch zu ihnen vordringen.»
Auch der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hatte erst am Montag eine scharfe Warnung an die Hamas ausgesprochen. «Heute wird ein gewaltiger Hurrikan über den Himmel der Stadt Gaza hereinbrechen und die Dächer der Terror-Hochhäuser werden beben», schrieb Katz in einem Post auf der Plattform X. «Dies ist die letzte Warnung an die Mörder und Vergewaltiger der Hamas in Gaza und in den Luxushotels im Ausland: Lasst die Geiseln frei und legt die Waffen nieder – oder Gaza wird zerstört und ihr werdet vernichtet», schrieb Katz weiter.
Warnungen an die Hamas von Israel und USA
Zuvor hatte bereits US-Präsident Donald Trump eine «letzte Warnung» an die Hamas ausgesprochen, um kurz vor Israels weiteren Vorstoß in der Stadt Gaza eine diplomatische Lösung zu erzwingen. Israel habe seine Bedingungen akzeptiert, es sei an der Zeit, dass auch die Hamas sie akzeptiere, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social. Die Hamas zeigte sich daraufhin zu «sofortigen Verhandlungen» bereit. Man begrüße «jeden Schritt, der dazu beiträgt, die Aggression gegen unser Volk zu beenden».
Seit dem Beginn des Gaza-Kriegs vor fast zwei Jahren hat Israel bereits mehrere hochrangige Hamas-Anführer und Kommandeure im Gazastreifen getötet, darunter Jihia al-Sinwar und Mohammed Deif. Den damaligen politischen Führer der Hamas, Ismail Hanija, tötete Israel bei einem Anschlag in Teheran.