Nach dem Regierungsbeschluss können Gegner des Abkommens mit der Hamas noch Einspruch beim Obersten Gericht in Israel einlegen. Die Zeit läuft: Bereits am Sonntag soll die Waffenruhe in Gaza beginnen.
Israels Regierung und Sicherheitskabinett billigen Gaza-Deal

Eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung weiterer Geiseln aus der Gewalt der islamistischen Hamas rücken näher. Nach Israels Sicherheitskabinett stimmte auch die israelische Regierung nach stundenlanger Sitzung für die Vereinbarung mit der Hamas, wie das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in der Nacht zum Samstag mitteilte. Die Vereinbarung über die Freilassung der Geiseln wird demnach am Sonntag in Kraft treten. Trotz des Widerstands einiger rechtsextremer Politiker gegen den Deal war erwartet worden, dass sich eine Mehrheit für das Abkommen ausspricht.
Die Regierungssitzung begann später als geplant und fand während des jüdischen Ruhetags Schabbat statt, der am späten Freitagnachmittag begonnen hatte. Laut israelischen Medienberichten verließen mehrere ultraorthodoxe Minister die Sitzung vorzeitig aufgrund des Schabbat-Beginns. Dennoch haben sie ihre Sekretäre angewiesen, sie als Unterstützer des Abkommens zu zählen.
Gemäß dem Regierungsbeschluss haben die Gegner des Abkommens noch die Möglichkeit, innerhalb kurzer Zeit beim Obersten Gericht dagegen Einspruch einzulegen. Es wird jedoch erwartet, dass die Richter keinen Grund für eine Einmischung des Gerichts in die Vereinbarung vorbringen werden.
Waffenruhe, Freilassungen und humanitäre Hilfe
Die Feuerpausen-Vereinbarung wird am Sonntag um 12.15 Uhr (11.15 Uhr MEZ) im Gazastreifen in Kraft treten und zunächst für 42 Tage gültig sein. Während dieser Zeit sollen 33 der verbleibenden 98 Geiseln, die in der Gewalt der Hamas sind, freigelassen werden. Als Gegenleistung werden laut israelischen Angaben Hunderte palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen.
Der wichtige Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und Gaza soll wieder öffnen und die humanitäre Hilfe für die Palästinenser deutlich erhöht werden. Es ist geplant, dass Israels Militär aus dicht besiedelten Gebieten des Gazastreifens abzieht. Die Einwohner, die in den Süden des Küstenstreifens geflohen sind, sollen sich frei in Gaza bewegen können und unter internationaler Aufsicht in ihre Wohngebiete im Norden zurückkehren dürfen.
Die Konfliktparteien möchten die Details der zweiten und dritten Phase des Abkommens während der ersten Phase klären. Es gibt Uneinigkeit darüber, wer in Zukunft den Gazastreifen regieren soll.
Falls das Abkommen scheitert, könnten erneut Kämpfe in dem größtenteils zerstörten Palästinensergebiet ausbrechen.
Medien: Minister Ben-Gvir protestiert vor Sitzung gegen Deal
Israels Staatspräsident Izchak Herzog hatte das Sicherheitskabinett und die Regierung seines Landes dazu aufgerufen, die Vereinbarung mit der Hamas zu billigen. Er lobte die Genehmigung durch das Sicherheitskabinett und erklärte kurz nach dem Beschluss: «Von ganzem Herzen umarme ich die Familien der Geiseln, insbesondere diejenigen, die wissen, dass ihre Lieben in der ersten Phase nicht zurückkehren werden.»
Itamar Ben-Gvir, der rechtsextreme Sicherheitsminister Israels, hatte kurz vor dem Treffen israelischen Medien zufolge andere Mitglieder der Koalition aufgefordert, gegen das Abkommen zu stimmen. Er hatte zuvor auch mit dem Verlassen der Koalition gedroht, falls der Deal genehmigt werden sollte.
Welche Geiseln kommen als erste frei?
Israels Justizministerium veröffentlichte nach der Sitzung des Sicherheitskabinetts eine Liste mit den Namen von mehr als 90 palästinensischen Häftlingen, darunter viele Frauen, die im Rahmen des Abkommens zu Beginn freikommen sollen. Nach Informationen der Nachrichtenseite «ynet» ist eine Person dabei, die wegen Mordes verurteilt wurde.
Am kommenden Sonntag plant die Hamas, die ersten drei Geiseln freizulassen. Laut Berichten wird die Terrororganisation am Samstag bekannt geben, um welche Personen es sich handelt. Es handelt sich voraussichtlich um drei Zivilistinnen.
Ursprünglich hieß es in den Berichten, dass die Netanjahu-Regierung erst am Samstagabend zusammenkommen würde, also nach dem Ende des Schabbat. Angehörige der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln kritisierten dies, da sie eine Verzögerung des Beginns der Waffenruhe und somit auch der Freilassung der Entführten befürchteten.