Umfrage zeigt unterschiedliche Meinungen zur Asylpolitik und Integration von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine und Syrien.
Deutsche gespalten über direkte Aufnahme von Schutzbedürftigen
Die Hälfte der Deutschen würde es bevorzugen, Schutzbedürftige direkt aus dem Ausland aufzunehmen, anstatt das aktuelle Verfahren beizubehalten, bei dem jeder Asylantrag individuell geprüft wird. Laut einer repräsentativen YouGov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur würden 15 Prozent der Wahlberechtigten einen solchen radikalen Kurswechsel voll und ganz unterstützen. 35 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, dies eher zu unterstützen.
Vorschlag von Bamf-Präsident Sommer
Nach Angaben von YouGov halten 29 Prozent der Befragten nichts oder wenig von einem solchen Paradigmenwechsel in der Asylpolitik. 21 Prozent der Befragten trauten sich keine Antwort auf die Frage zu. Diese lautete wörtlich: «Der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat vorgeschlagen, statt individuelle Asylprüfungen vorzunehmen, künftig ausschließlich besonders schutzbedürftige, vorab im Ausland ausgewählte Flüchtlinge aufzunehmen. Nach allem, was Sie darüber wissen, wie bewerten Sie diesen Vorschlag?»
Bamf-Präsident Hans-Eckhard Sommer hatte sich in einer Rede bei der Konrad-Adenauer-Stiftung Ende März für die Aufnahme von Menschen in Deutschland «in beachtlicher Höhe» nach humanitären Kriterien ausgesprochen – als Alternative zu individuellen Asylverfahren. Er hatte allerdings betont, dass dies seine «persönliche Einschätzung» sei und er nicht als Bamf-Präsident spreche. Politiker der Grünen, der Linken sowie die Organisation Pro Asyl forderten daraufhin den Rücktritt des Behördenleiters.
Nur wenige Flüchtlinge werden aus dem Ausland aufgenommen
Deutschland hat dem UN-Flüchtlingswerk und der EU-Kommission für die Jahre 2024 und 2025 insgesamt 13.100 Plätze zugesichert. Bislang sind etwa 5.200 Personen angekommen. Die Anzahl der Aufnahmen aus dem Ausland ist damit deutlich niedriger als die Anzahl der Asylsuchenden. Im letzten Jahr haben 229.751 Menschen erstmals in Deutschland einen Asylantrag gestellt.
Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD heißt es: «Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen. Wir wollen alle rechtsstaatlichen Maßnahmen ergreifen, um die irreguläre Migration zu reduzieren.» Wie sich das in der Praxis auswirkt, wird sich demnächst zeigen.
Die geplante Reduzierung staatlicher Leistungen für Neuankömmlinge aus der Ukraine, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, stößt auf breite Zustimmung. Laut Umfrageergebnissen sind mehr als drei von vier Deutschen (77 Prozent) dafür, dass neue Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine bald keine Sozialleistungen mehr erhalten sollen, sondern stattdessen die geringeren Leistungen für Asylbewerber.
Elf Prozent der Befragten der repräsentativen Umfrage im Namen der Deutschen Presse-Agentur sind der Meinung, dass die Entscheidung der neuen schwarz-roten Koalition falsch ist. Zwölf Prozent der Befragten konnten in dieser Angelegenheit kein Urteil abgeben.
Details müssen noch ausbuchstabiert werden
Im Koalitionsvertrag heißt es wörtlich: «Flüchtlinge mit Aufenthaltsrecht nach der Massenzustrom-Richtlinie, die nach dem 01.04.2025 eingereist sind, sollen wieder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, sofern sie bedürftig sind.» Die Bedürftigkeit müsse zudem durch konsequente und bundesweit einheitliche Vermögensprüfungen nachgewiesen werden.
Es ist noch unklar, wie die genaue Ausgestaltung der neuen Regelung sein wird. Asylbewerber erhalten weiterhin für höchstens 36 Monate die niedrigeren Leistungen gemäß dem Asylbewerberleistungsgesetz, solange keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Wenn der Aufenthaltsstatus geklärt ist, beispielsweise durch die Anerkennung als Flüchtling, haben bedürftige Personen Anspruch auf Bürgergeld.
Ukraine-Flüchtlinge müssen kein Asyl beantragen
Für ukrainische Kriegsflüchtlinge gilt allerdings seit 2022 EU-weit die «Massenzustrom-Richtlinie». Das bedeutet, dass sie einen Aufenthaltsstatus erhalten, ohne einen Asylantrag stellen zu müssen.
Die Flüchtlinge aus der Ukraine haben in Deutschland seit dem 1. Juni 2022, wenn sie nicht selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können, Anspruch auf Bürgergeld. Demnächst soll sich das ändern. Sie sollen wieder die niedrigeren Asylbewerberleistungen erhalten. Diejenigen, die schon länger in Deutschland sind, betrifft diese geplante Änderung nicht.
Die EU-Richtlinie für die Ukraine-Flüchtlinge wurde bis März 2026 verlängert. Derzeit leben über 1,25 Millionen ukrainische Geflüchtete in Deutschland. Mehr als 60 Prozent der Menschen aus der Ukraine, die seit Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar 2022 hier Schutz gesucht haben, sind Frauen und Mädchen.
Wie gut gelingt die Integration?
Von den 2.275 Erwachsenen mit deutscher Staatsangehörigkeit, die zwischen letztem Freitag und Montag an der YouGov-Umfrage teilnahmen, gaben fast 30 Prozent an, bisher keine ukrainischen Flüchtlinge getroffen zu haben. 35 Prozent der Deutschen glauben, dass sich die Ukrainer gut integriert haben. Ein Viertel (25 Prozent) denkt nicht so. Die übrigen Befragten konnten kein Urteil abgeben.
In Bezug auf Kriegsflüchtlinge aus Syrien liegt der Anteil der Deutschen, die noch keinen direkten Kontakt zu ihnen hatten, mit 31 Prozent ähnlich hoch wie bei den ukrainischen Flüchtlingen. Laut Umfrage sind nur 22 Prozent der Deutschen der Meinung, dass sich die syrischen Flüchtlinge gut integriert haben. 38 Prozent der Erwachsenen teilen diese Ansicht nicht.