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Rechtsextreme Terrorgruppe: Festnahmen und Durchsuchungen

Weitere Beschuldigte sollen dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. Jugendliche planten Anschläge auf Asylbewerberheime und linke Einrichtungen.

Die Bundesanwaltschaft ließ die Jugendlichen festnehmen und nach Karlsruhe bringen.
Foto: Uli Deck/dpa

Nach den Festnahmen und Durchsuchungen bei einer vermuteten rechtsextremen Terrorgruppe werden heute weitere Verdächtige dem Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof vorgeführt. Am Mittwoch hatte die Bundesanwaltschaft fünf Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren festnehmen lassen. Sie werden beschuldigt, Mitglieder – und in einem Fall Unterstützer – einer terroristischen Vereinigung zu sein.

Drei der jungen Beschuldigten befinden sich bereits in Untersuchungshaft. Am Mittwoch eröffnete der Ermittlungsrichter in Karlsruhe ihnen die Haftbefehle und setzte sie in Vollzug, wie eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft sagte. Die beiden anderen müssen noch vorgeführt werden. Aufgrund ihres Alters wurden die Verdächtigen teilweise von ihren Eltern zur Haftvorführung begleitet.

Verteidiger der «Deutschen Nation»?

Die rechtsextreme Gruppe, zu der die Festgenommenen gehören sollen, nennt sich selbst laut Bundesanwaltschaft die «Letzte Verteidigungswelle». Mit Brandanschlägen auf Asylbewerberheime und linke Einrichtungen wollte die Gruppe demnach das demokratische System der Bundesrepublik zum Zusammenbruch bringen. Sie verstehe sich als letzte Instanz zur Verteidigung der «Deutschen Nation», so die oberste deutsche Strafverfolgungsbehörde. 

Am Mittwoch wurden die fünf Verdächtigen in Mecklenburg-Vorpommern (Wismar und Landkreis Rostock), Brandenburg (Landkreis Oberspreewald-Lausitz) und Hessen (Lahn-Dill-Kreis) verhaftet. Die Polizei durchsuchte insgesamt 13 Objekte, darunter auch in Sachsen (Landkreis Leipzig) und Thüringen (Landkreis Altenburger Land und Ilm-Kreis).

Brandanschläge in Brandenburg und Thüringen

Die Bundesanwaltschaft schreibt drei brutale Anschläge und Anschlagspläne der Gruppe zu. Einige sollen von den kürzlich Festgenommenen geplant oder begangen worden sein, andere von drei weiteren Beschuldigten, die bereits in Untersuchungshaft sitzen. Es handelt sich um einen Brandanschlag auf ein Kulturhaus in Brandenburg, einen versuchten Anschlag auf ein Asylbewerberheim in Thüringen und Anschlagspläne für eine Asylunterkunft in Brandenburg.

Die gesetzliche Strafmündigkeit liegt bei 14 Jahren. Doch auch danach sind Jugendliche nicht per se strafbar. Das Jugendgerichtsgesetz verlangt zusätzlich eine «Verantwortungsreife». Die Täter müssen also reif genug sein, um das Unrecht ihrer Taten zu erkennen und danach handeln zu können. Davon geht die Bundesanwaltschaft im Falle der vier minderjährigen Festgenommenen aus. Der Fünfte gilt mit 18 Jahren strafrechtlich als Heranwachsender.

Experten sprechen von neuer Qualität der Radikalisierung 

Aus Sicht von Experten zeigt der Fall, dass die Radikalisierung junger Menschen eine neue Qualität erreicht hat. In den vergangenen Jahren sei zunehmend zu beobachten gewesen, dass sich junge, gewaltbereite Gruppen bildeten, die teils auch in Kontakt mit rechtsextremen Kleinparteien stünden, sagte der Leiter des Demokratiezentrums Hessen, Reiner Becker, der dpa. Man spreche auch von einer «Rückkehr der Baseballschläger-Jahre» – ein Verweis auf die Skinhead-Kultur der 1990er- und beginnenden 2000er-Jahre. 

Auch Gudrun Heinrich, Forscherin für Extremismus und politische Bildung an der Universität Rostock, berichtet, dass sich Radikalisierungsprozesse inzwischen deutlich schneller und früher zeigten. «Alle Lehrkräfte, mit denen wir gesprochen haben, berichten uns, dass da in den letzten Jahren ein wenig die Hüllen gefallen sind.» Rassistische Äußerungen, Hakenkreuze und Hitlergrüße würden zunehmen. Selbst aus Grundschulen meldeten Lehrkräfte solche Vorfälle, sagte Heinrich.

dpa