SPD-Chef Klingbeil legt Haushaltsentwurf vor, will mit hohen Schulden investieren und Wirtschaft ankurbeln.
Finanzminister Klingbeil plant Kehrtwende in Finanzpolitik
Heute präsentiert Finanzminister Lars Klingbeil seinen Ministerkollegen seinen ersten Haushaltsentwurf. Die Pläne bedeuten eine Abkehr von der FDP-geprägten Finanzpolitik der Ampel-Koalition: Schwarz-Rot plant, trotz hoher Schulden in Verteidigung zu investieren, die Infrastruktur zu modernisieren und die deutsche Wirtschaft auf Wachstumskurs zu bringen. Nach der Kabinettsentscheidung wird der Etat im Bundestag und Bundesrat diskutiert.
SPD-Chef Klingbeil stellt nicht nur den Haushaltsentwurf für 2025 vor, sondern auch Eckwerte für das Jahr 2026, die grobe Finanzplanung bis 2029 und ein Gesetz, mit dem ein schuldenfinanziertes Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz geschaffen werden soll.
Haushalt 2025
Die Ampel-Regierung hat den Etat für dieses Jahr nicht rechtzeitig fertiggestellt, daher müssen die Ministerien seit Jahresbeginn Prioritäten setzen. Daher wird der Haushaltsbeschluss gedrängt: Klingbeils Pläne sollen noch vor der Sommerpause erstmals im Bundestag diskutiert und dann Mitte September endgültig beschlossen werden.
Der Finanzminister plant, dass Ausgaben in Höhe von 503 Milliarden Euro getätigt werden. 81,8 Milliarden Euro sollen im Kernhaushalt durch Kredite finanziert werden, was mehr als doppelt so viel ist wie im letzten Jahr. Dazu kommen über 60 Milliarden Euro aus schuldenfinanzierten Sondertöpfen.
Der Bundeshaushalt sieht für die Bundeswehr, den Bevölkerungsschutz, die Nachrichtendienste und die Hilfe für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten wie die Ukraine 75 Milliarden Euro vor – davon sind 32 Milliarden schuldenfinanziert. Laut Finanzministerium erfüllt der Bundeshaushalt insgesamt klar die Zwei-Prozent-Quote der Nato für Verteidigungsausgaben. Klingbeils Haus kommt auf 2,4 Prozent.
Haushalt 2026
Der Vizekanzler präsentiert zunächst nur eine grobe Planung, der genaue Haushaltsentwurf soll am 30. Juli vom Kabinett beschlossen werden.
Klingbeil plant bisher Ausgaben in Höhe von 519,5 Milliarden Euro. Im Hauptetat sind Kredite von 89,3 Milliarden Euro vorgesehen, hinzu kommen 83,4 Milliarden aus schuldenfinanzierten Sondervermögen für Bundeswehr und Infrastruktur.
Die Kosten für die Bundeswehr, den Bevölkerungsschutz, die Nachrichtendienste und die Unterstützung völkerrechtswidrig angegriffener Staaten wie die Ukraine sollen auf 97 Milliarden Euro steigen. Nach Angaben des Finanzministeriums würde Deutschland im nächsten Jahr damit auf rund 2,8 Prozent der Nato-Quote kommen.
Bis 2029 strebt Klingbeil Verteidigungsausgaben von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts an. Kritik daran kommt von Linken und BSW. Die Bundesregierung begebe sich in eine «Rüstungsspirale», warnte der Linken-Haushälter Dietmar Bartsch. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht kritisierte: «100 Milliarden Euro mehr für Waffen und Panzer, eine Verdreifachung der Rüstungsausgaben innerhalb von vier Jahren, das ist einfach nur krank.» Ihre Partei werde eine solche gigantische Steuergeldverbrennung nicht mitmachen.
Sondervermögen Infrastruktur
Um die geplanten Milliardeninvestitionen in Brücken, Straßen, Energienetze und andere Infrastruktur zu ermöglichen, ist geplant, einen speziellen Fonds zu schaffen, der unabhängig von der Schuldenbremse ist und mit Krediten in Höhe von über 500 Milliarden Euro ausgestattet wird. Auch dies soll das Kabinett heute beschließen. Der Fonds ist für eine Laufzeit von 12 Jahren vorgesehen und wird Ende 2036 auslaufen.
Laut dem Entwurf soll das Geld für zusätzliche Investitionen in Zivil- und Bevölkerungsschutz, Verkehrs-, Krankenhaus- und Energieinfrastruktur, Bildung, Forschung und Digitalisierung verwendet werden. Von den 500 Milliarden Euro sind 100 Milliarden Euro für den Klimaschutz und weitere 100 Milliarden Euro für Infrastrukturinvestitionen der Länder vorgesehen.
Im Gegensatz zu den Ländern soll der Bund nur zusätzliche Projekte finanzieren dürfen, die über den normalen Bundeshaushalt hinausgehen. Dies war eine Vereinbarung der Grünen. Daher dürfen die Milliardenkredite nur genutzt werden, wenn im regulären Haushalt eine Investitionsquote von zehn Prozent erreicht wird. Klingbeil plant, im ersten Jahr 27,2 Milliarden aus dem Topf zu investieren, im zweiten Jahr 47,9 Milliarden.
Die Grünen kritisieren allerdings bereits, das Geld werde gar nicht für Fortschritt, Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit oder die Modernisierung des Landes eingesetzt. «Es geht bei der Koalition viel zu wenig um Zukunft, sondern vor allem darum, politische Konflikte der Koalition zu kaschieren», sagte Haushälter Sebastian Schäfer der Deutschen Presse-Agentur. «Die Koalition verteilt teure Wahlgeschenke an Einzelgruppen, stopft Haushaltslöcher, die sie selbst schafft, und zementiert den Status quo.»
Dass Deutschland für seine Infrastruktur so hohe Schulden aufnimmt, sieht das Finanzministerium nicht als Problem. Zwar ließen sich Zinsverpflichtungen noch nicht beziffern. Das Sondervermögen könne aber für deutliches Wirtschaftswachstum sorgen, wird argumentiert. Dieses Wachstum könne «die belastenden Effekte höherer Schuldenstände mittelfristig überkompensieren».