Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Karol Nawrocki: Historiker mit schwieriger Vergangenheit

Der parteilose Kandidat soll der nationalkonservativen PiS das höchste Staatsamt sichern. Doch seine alten Kontakte zur Kampfsport- und Hooliganszene bereiten ihm Probleme.

Der parteilose Historiker Karol Nawrocki geht als Kandidat für die nationalkonservative PiS in die Stichwahl um Polens Präsidentschaft. (Archivbild)
Foto: Piotr Polak/PAP/dpa

Karol Nawrocki ist ein Neuling in der polnischen Politik. Der 42-jährige promovierte Historiker ist unabhängig, hatte noch nie ein politisches Amt inne. Als Kandidat der größten Oppositionspartei, der rechtskonservativen PiS, hat er es in die Stichwahl um das polnische Präsidentenamt geschafft.

Die Tatsache, dass Nawrocki parteilos ist, soll die wachsende Zahl der Politikverdrossenen in Polen ansprechen. Dies war zumindest das Kalkül des mächtigen PiS-Chefs Jaroslaw Kaczynski, dem Nawrocki seine Nominierung verdankt. «Der Kandidat für das höchste Staatsamt sollte ein Mann sein. Jung, groß, imposant, mit Familie und Fremdsprachenkenntnissen», befand der 75-Jährige. Nawrocki entspricht diesen Anforderungen. 

Nawrocki leitet das Institut für Nationales Gedenken (IPN), das dem mittlerweile aufgelösten Stasi-Unterlagen-Behörde ähnelt. Nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ließ er landesweit sowjetische Denkmäler zerstören und inszenierte dies für die Medien. Dadurch landete er auf der Liste feindlicher Ausländer des russischen Innenministeriums. Kürzlich sagte Nawrocki, dass er deshalb eine Erlaubnis zum Waffenbesitz habe.

Amateurboxer und Türsteher

Der Mann aus Danzig spielt gerne die harte Rolle. Er ist in Sielce, einem Arbeiterviertel, aufgewachsen und hat als junger Mann einen Amateurboxtitel gewonnen. Während seines Studiums arbeitete er als Türsteher in einem Luxushotel in Sopot, einem Ostseebadeort. Es wird gesagt, dass er aus dieser Zeit gute Kontakte zum Rotlichtmilieu hat.

Nawrocki repräsentiert die Politik der PiS, die Polen von 2015 bis 2023 regierte. Der Vater von zwei Kindern, dessen Frau ihren ältesten Sohn als drittes Kind mit in die Ehe brachte, strebt danach, polnische traditionelle Werte zu bewahren. Er warnt vor der Übertragung von Befugnissen an die EU und fordert von Deutschland Entschädigungszahlungen für die Schäden des Zweiten Weltkriegs. Nawrocki hatte bereits eine Audienz bei US-Präsident Donald Trump, der ihn unterstützt.

Möglicher Zulauf aus dem rechten Spektrum

Nawrocki hat in letzter Zeit viele negative Schlagzeilen gemacht. Zum Beispiel hat er unter zweifelhaften Umständen die Wohnung eines Rentners übernommen. Laut polnischen Medienberichten versprach Nawrocki dem alten Mann, sich um ihn zu kümmern, tat dies aber nicht – der 80-Jährige wurde in einem städtischen Heim untergebracht.

Es wurde auch kürzlich bekannt, dass Nawrocki sich 2009 an einer Auseinandersetzung von 140 Danziger Fußball-Hooligans beteiligte, bei der mehrere Beteiligte später verurteilt wurden. Die politischen Gegner Nawrockis stellen die Frage, ob ein Mann mit einer solchen Vergangenheit für das höchste Staatsamt geeignet ist. In den Augen einiger Wähler aus dem rechten und rechtsextremen Spektrum könnten diese Eskapaden den Bewerber jedoch gerade sympathisch machen.

dpa