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Staatsdienst statt freie Wirtschaft: Manager wird Minister

Sein Name ist die große Überraschung: Der Chef von MediaMarktSaturn soll Digitalminister in der neuen Koalition aus Union und SPD werden. Er betritt damit Neuland.

Kennt sich aus mit Strategie und Digitalisierung: Karsten Wildberger
Foto: Oliver Roesler oro-Phot/CECONOMY AG /dpa

Eine große Überraschung: Karsten Wildberger, der Chef der Elektronikkette MediaMarktSaturn, wird als parteiloser Wirtschaftsmanager auf Wunsch von CDU-Chef Friedrich Merz das Amt des Digitalministers im Bundeskabinett übernehmen. Der 55-Jährige kennt Merz durch den Wirtschaftsrat der CDU, dessen Vizepräsident er ist. Die CDU-Politiker Philipp Amthor und Thomas Jarzombek sollen ihm als Parlamentarische Staatssekretäre zur Seite stehen.

Das Ressort für Digitalisierung und Staatsmodernisierung wird neu geschaffen, bislang war die Digitalisierung eher ein Anhängsel des Verkehrsministeriums. «Ich fühle mich geehrt über das Vertrauen, das Friedrich Merz in mich setzt, und die Möglichkeit, der neue Minister für Digitales zu werden», erklärt der gebürtige Gießener und promovierte Physiker. «Digitalisierung und Technologie waren prägende Themen meiner beruflichen Laufbahn, und das neue Ministerium wird eine entscheidende Rolle bei der Modernisierung unseres Landes spielen.»

Vita des Ministers-in-spe

Der ehemalige Unternehmensberater war als Manager bei der Deutschen Telekom und Vodafone tätig, 2012 wechselte er nach Melbourne zum australischen Telekommunikationsunternehmen Telstra. 2016 kehrte er nach Deutschland zurück und wurde Vorstandsmitglied für Operatives beim Energiekonzern Eon.

Seit 2021 führt er die Handelskette MediamarktSaturn und die Dachgesellschaft Ceconomy. Seine Bilanz ist positiv: Ceconomy hat acht aufeinanderfolgende Quartale mit Wachstum verzeichnet, aus einem traditionellen Filialisten ist ein Einzelhändler mit einer starken Online-Präsenz geworden. Vor der Corona-Pandemie lag der Online-Umsatzanteil bei 15 Prozent, nun sind es 24 Prozent.

Reaktionen mal verhalten, mal positiv

«Wildberger weiß, wie eine Firma dank Digitalisierung aus der Krise kommt», sagt ein Branchenkenner, der namentlich nicht genannt werden will. «Aber sein Wechsel in den Staatsdienst birgt Risiken – er muss Behörden entstauben, er ist politisch nicht stark vernetzt und hat keine Erfahrungen im Staatsapparat.» Aus Behördenkreisen ist zu hören, dass ein Mann von außerhalb zwar frischen Wind rein bringen könnte. «Aber hoffentlich weiß er, dass man ein Ministerium anders führt als ein Unternehmen in der freien Wirtschaft.»

Dieser Punkt ist aus Sicht der Digitalexpertin Anke Domscheit-Berg, die bis vor Kurzem für die Linke im Bundestag saß, Chance und Risiko zugleich. «Herr Wildberger kann nicht in Managermanier von oben durchregieren – dann würde er sich nur eine blutige Nase holen und am Staatsapparat scheitern.» Er müsse auch die anderen Bundesministerien, die Bundesbehörden, Bundesländer und den Bundestag überzeugen, um erfolgreich Veränderungen anzuschieben. 

Domscheit-Berg gibt zu, dass dies nicht immer im Konsens geschehen wird – aus ihrer Sicht wäre es entscheidend, den ersten Bundesdigitalminister mit starken Befugnissen für verbindliche Vorgaben auszustatten. Entscheidend werde auch die Unterstützung durch den Kanzler sein.

Domscheit-Berg bezeichnet die Vorhaben, Verwaltungsprozesse durchgehend zu digitalisieren und die IT des Bundes zu vereinheitlichen, als «Mammutaufgabe». «Wir brauchen einheitliche Standards und Open-Source-Anwendungen der Behörden – und zwar in der Realität und nicht mehr als reine Lippenbekenntnisse.» 

Der Digitalverband Bitkom sieht die Berufung positiv, betont jedoch die Bedeutung der genauen, bisher noch ungeklärten Zuständigkeiten des Bundesdigitalministeriums. «Mehr denn je müssen wir jetzt wettbewerbsfähig, innovativ und digital handlungsfähig werden: um die Wirtschaft in Schwung zu bringen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, die Sicherheit auch im Cyberraum zu verbessern und den Staat auf die Höhe der Zeit zu bringen», sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst.

Digitalisierung bislang nicht gebündelt

Die Verantwortlichkeiten für die Digitalisierung in der Bundesregierung sind bisher auf verschiedene Ressorts und Bundesbehörden verteilt, aber es ist geplant, zentrale Kompetenzen zu bündeln. Wie genau dies geschehen soll, ist jedoch noch unklar.

Einige Beispiele: Bisher hat sich das Bundesinnenministerium um die Digitalisierung der Verwaltung gekümmert. Der Netzausbau fällt in den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Digitales und Verkehr. Datenschutz wird von den Bundes- und Landesdatenschutzbehörden behandelt, und Künstliche Intelligenz ist teilweise dem Forschungsministerium und teilweise dem Wirtschaftsministerium zugeordnet.

dpa