Kein Tag ohne News von Donald Trump. Der US-Präsident überflutet sein Land mit immer neuen Dekreten, das Ausland mit Zöllen und harschen Drohungen. Nun ist er 100 Tage im Amt und zeigt keine Ermüdung
Keine Atempause – 100 Tage Präsident Trump
US-Präsident Donald Trump hat in einem erstaunlichen Tempo die Vereinigten Staaten und die Beziehungen Washingtons zum Rest der Welt verändert. Seine Mitarbeiter sprechen oft von Trump-Geschwindigkeit. Trump, der heute den 100. Tag seiner Amtszeit erreicht, hat mit über hundert Dekreten in fast allen Bereichen Tatsachen geschaffen. Es ist für viele Außenstehende schwer nachzuvollziehen, wie wenig Widerstand es in den USA gibt. Eine Auswahl der wichtigsten Entwicklungen:
Wirtschaft
Trump glaubt, dass die gesamte Welt sich wirtschaftlich gegen sein Land verschworen hat: Fast alle Länder haben die USA jahrelang ausgenutzt und die EU wurde nur geschaffen, um die Vereinigten Staaten auszunehmen. Seine Lösung: Zölle.
Am sogenannten «Liberation Day» – dem «Tag der Befreiung» – kündigte er horrende Sonderzölle auf Waren aus zahlreichen Ländern an. Das Entsetzen im Ausland war riesig, an den Börsen ging es bergab, und Trump musste einen Rückzieher machen. Er verkündete eine teilweise 90-tägige Pause, um zu verhandeln.
Für fast alle Länder gelten weiterhin Zölle von 10 Prozent, während es für die Nachbarländer Mexiko und Kanada in vielen Bereichen 25 Prozent sind, und für China sogar 145 Prozent. Zusätzlich gibt es Autozölle sowie Zölle auf Stahl und Aluminium von 25 Prozent. In den USA wächst die Besorgnis vor starken Preiserhöhungen – und der Dollar fällt im Vergleich zum Euro.
Internationale Beziehungen
Die Europäer erhielten den ersten Eindruck von sich verschlechternden Beziehungen weniger als drei Wochen nach der Amtseinführung von Trump. Sein Vize JD Vance griff die europäischen Verbündeten auf der Münchner Sicherheitskonferenz ungewöhnlich scharf an und warnte sie vor einer Gefährdung der Demokratie.
Trump beleidigte später die Europäer als Schmarotzer. Er demütigte Kanada, indem er wiederholt davon sprach, das Land als 51. Bundesstaat einzugliedern. Außerdem besteht Trump darauf, dass die USA Grönland bekommen sollten.
Ukraine-Krieg
Die unvergessliche Behandlung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus, bei der Trump und sein Vize mangelnde Dankbarkeit unterstellten, bleibt in Erinnerung. Bei späteren Gelegenheiten beschuldigte Trump Selenskyj abwechselnd, den Krieg gegen den großen Nachbarn Russland begonnen zu haben oder ihn nicht verhindert zu haben.
«Wenn man einen Krieg beginnt, muss man wissen, dass man ihn gewinnen kann. Man fängt keinen Krieg gegen jemanden an, der 20 Mal so groß ist wie man selbst und hofft dann, dass dir jemand ein paar Raketen gibt.» Für den russischen Präsidenten Wladimir Putin zeigt Trump dagegen häufig mehr Verständnis, folgt nach Ansicht von Kritikern sogar dessen Narrativ. Nach einem Treffen mit Selenskyj im Petersdom am Rande der Papst-Beerdigung sagte Trump dann aber, Putin müsse aufhören zu schießen – und einen Friedensdeal eingehen.
China
Ein klarer Gegner für Trump ist China. Er überzog das asiatische Land mit immer höheren Zöllen. Elektronik wie Smartphones und Notebooks nahm er später davon wieder vorläufig aus, da die USA zu sehr von den Lieferungen abhängen. Trump behauptet zwar immer, Staatschef Xi Jinping sei ein Freund, doch unternahm er allem Anschein nach nichts, um die Lage zu entspannen. Mehrfach erklärte Trump zunächst, er warte auf einen Anruf aus Peking. Zu Verhandlungen gibt es jedoch unterschiedliche Angaben. Trump behauptet, es gebe tägliche Kontakte mit Peking. Aus China heißt es dazu ganz im Stil Trumps, das seien «Fake News».
Migration
Seit Trumps Amtsantritt verfolgt er eine harte Linie in Bezug auf Migration. An der Grenze zu Mexiko gelangt kaum noch jemand hindurch, und er versucht sogar, Ausländer mithilfe eines Kriegsgesetzes von 1789 aus den USA zu entfernen. Der US-Präsident erklärte ein venezolanisches Kartell zur Terrororganisation, um gegen sie effektiver vorgehen zu können. Selbst bei Zweifeln an Abschiebungen gibt Trump nicht nach und ignoriert dabei auch Gerichtsentscheidungen.
Trump erhielt über einen längeren Zeitraum hinweg Unterstützung von der Bevölkerung, wie Umfragen zeigten. Eine aktuelle Umfrage von Washington Post-ABC News-Ipsos zeigt jedoch, dass 53 Prozent seine harte Linie ablehnen, während nur noch 46 Prozent sie unterstützen.
Autokratische Züge
Trump führt sein Land mit sogenannten Executive Orders, also Dekreten, für die er die Zustimmung des Parlaments nicht benötigt. An manchen Tagen unterzeichnet er mehrere auf einmal. Mitte April waren es bereits über 130.
Trump geht hart gegen vermeintliche oder tatsächliche Gegner und Kritiker vor. Anwaltskanzleien, die ihn früher verklagt haben oder einen als Feind angesehenen Anwalt beschäftigen, zwingt der Präsident mit massiven Drohungen in die Knie. Abweichler seiner eigenen Partei im Kongress setzt er so lange unter Druck, bis sie auf seine Linie einschwenken.
Umwelt
«Drill, baby, drill» – das war einer von Trumps Wahlslogans. Nun setzt er diesen Vorsatz vollständig um. Fossile Brennstoffe wie Öl und Kohle fördert Trump, alte Kohlebergwerke lässt er wiederbeleben, Umweltgesetze werden ausgehebelt. Windkraft lehnt Trump ab. Dutzende Vorschriften der US-Umweltschutzbehörde zum Schutz der Umwelt wurden zurückgenommen. Schon in Trumps erster Amtszeit zogen die USA sich aus dem Pariser Klimaabkommen zurück.
Kürzungen
Elon Musk, ein Tech-Milliardär, und sein Doge-Team haben alle Ministerien und Bundesbehörden durchsucht und beträchtliche Kürzungen vorgenommen. Laut Schätzungen verschiedener Medien wurden über 200.000 Mitarbeiter entlassen, während Zehntausende weitere Abfindungen akzeptiert haben sollen.
Trump erklärt die Kürzungen damit, dass die Bürokratie zu groß sei, Bundesangestellte nennt er oft faul. In anderen Fällen waren die Kürzungen aus ideologischen Gründen. Die US-Entwicklungshilfebehörde USAID soll bis zum 1. Juli aufgelöst werden.
Männer und Frauen
Fast direkt nach seiner Amtseinführung hatte der Präsident im Kampf gegen «Gender-Ideologie» per Dekret verordnet, es gebe für seine Regierung nur zwei Geschlechter: Mann und Frau. Offizielle Dokumente wie Pässe und Visa sollen wieder das «korrekte biologische Geschlecht» ausweisen. Transmenschen sollen aus Sport und Militär rausgedrängt werden.
Bildung
Das Bildungsministerium wurde unter Trump praktisch aufgelöst und Tausende von Mitarbeitern wurden entlassen. Trump argumentierte, dass die Institution eine Milliardenverschwendung sei und die einzelnen Bundesstaaten sich besser um ihre Schulen kümmern könnten.
Einige Elite-Universitäten des Landes erregen seinen besonderen Zorn, denen Trump unter anderem eine linksliberale Haltung vorwirft. Mit Mittelkürzungen teilweise in Milliardenhöhe und immer neuen Dekreten legt er ihnen die Daumenschrauben an. Nur die Elite-Uni Harvard, die er als «Bedrohung für die Demokratie» bezeichnet, hat bisher widerstanden.
Medien
Die von Trump erklärten «Fake News Media» gehören zu seinen Lieblingsfeinden. NBC, CNN, die «New York Times» oder den öffentlichen Sender NPR beschimpft er regelmäßig, sie würden nur Falschmeldungen verbreiten und seine Erfolge nicht vermelden. Die Nachrichtenagentur AP wurde aus dem sogenannten Pressepool im Weißen Haus rausgeworfen, weil sie weiter «Golf von Mexiko» schreibt und nicht Trumps neuen Namen «Golf von Amerika» verwendet. Dem Sender NPR will er den Geldhahn abdrehen, den angesehenen Auslandssender Voice of America ließ er schließen. Dagegen haben jetzt ultrakonservative Sender wie Foxnews oder Newsmax das Ohr des Präsidenten.
Opposition
In Wirklichkeit gibt es kaum Opposition, aber ein alter linker Senator und eine junge linke Kongressabgeordnete stechen heraus: Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez reisen durch das Land und gewinnen Tausende von Anhängern.
Der demokratische Senator Cory Booker erregte Aufmerksamkeit mit einer Rekordrede von mehr als 25 Stunden gegen die Politik des Präsidenten. Auch die drei ehemaligen Präsidenten Joe Biden, Bill Clinton und Barack Obama äußerten Kritik – jedoch hat sich bisher kein Demokrat als starker Gegenspieler profiliert, und die Umfragen für die Partei sehen düster aus. Es gab bisher nur wenige größere Demonstrationen. Oft richten sich kleinere Proteste gegen Tesla, da Firmenchef Musk mit seinem Doge-Team im Auftrag von Trump die vielen Kürzungen in Ministerien und Behörden umsetzt.