Die FDP-Fraktion traf sich zu ihrer voraussichtlich letzten Sitzung. Trotz Abschiedsstimmung glauben sie an eine Rückkehr.
Schmerzhafter Abschied: FDP-Fraktion vor dem Aus
Es wirkte wie immer: Fernsehkameras waren aufgebaut, Journalisten warteten, das Rednerpult stand vor der gelben Wand mit der Aufschrift «Fraktion im Bundestag FDP». Doch die Ansage einer Mitarbeiterin «kein Statement, keine Bilder im Fraktionssaal» machte schnell klar: Hier ist nichts wie früher. Die FDP-Fraktion, bei der Wahl am Sonntag wie 2013 schon mal hochkant aus dem Bundestag geflogen, traf sich zu ihrer voraussichtlich letzten Sitzung.
«Es ist keine Beerdigungsstimmung. Ich war 2013 auch dabei, also es ist keine Beerdigung, sondern es wird weitergehen mit der FDP», sagte der frühere FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai beim Hineingehen. «Nach 35 Jahren Parlamentszugehörigkeit jetzt zu wissen, das ist zu Ende, ist schon ein sehr schmerzhafter Eindruck», gestand Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki.
FDP hofft auf Rückkehr in vier Jahren
Christian Dürr, der normalerweise vor den Fraktionssitzungen gerne ausführliche Stellungnahmen in die Mikrofone abgab, nutzte die Gelegenheit, dass die Journalisten gerade mit Kubicki sprachen, um still in den Fraktionssaal zu schlüpfen. Parteichef Christian Lindner nahm an der Sitzung überhaupt nicht teil.
Drinnen im Saal machten sich die Liberalen Mut mit einem Schild «Mission Tomorrow», das an einer Stuhllehne angebracht war und wohl sagen sollte: Wir arbeiten dran, bei der nächsten Bundestagswahl zurückzukommen. Oder wie Djir-Sarai sagte: «Es ist jetzt, wie es ist. Aber die FDP ist stark und die FDP wird weitermachen. Ich bin auch davon überzeugt, dass die FDP in Deutschland gebraucht wird.». Und deswegen «wird auch die FDP wieder zurückkommen».
Die Stimmung in der Sitzung schilderte ein Teilnehmer dann als «gefasst, nach vorne gerichtet». Ob die FDP nach einer außerparlamentarischen Wahlperiode wirklich die Rückkehr in den Bundestag schaffen wird, weiß heute niemand. Viele Bürger glauben nicht daran, wie eine Insa-Umfrage für das Portal «t-online» zeigt. Nur 26 Prozent der Befragten hielten eine Erholung der Liberalen für wahrscheinlich, 51 Prozent aber glaubten nicht an ein politisches Comeback.
Ausscheidende Abgeordnete erhalten Diäten weiter
Die politische Laufbahn der 90 FDP-Abgeordneten endet abrupt. Trotzdem werden sie zunächst vergleichsweise sanft aufgefangen – insbesondere, wenn sie bereits lange im Bundestag tätig waren. Gemäß Paragraf 18 des Abgeordnetengesetzes erhalten sie ein Übergangsgeld. Für jedes Jahr Mitgliedschaft im Parlament wird ihre Abgeordnetendiät um einen Monat verlängert – und das bis zu 18 Monate lang.
Der Fraktionschef Dürr kam 2017 in den Bundestag. Er bekommt nun sieben Monate lang seine Abgeordnetenentschädigung von 11.227,20 Euro weitergezahlt. Ein Newcomer wie der Abgeordnete Valentin Abel, der 2021 erstmals in den Bundestag einzog, erhält dieses Übergangsgeld immerhin noch drei Monate lang.
Mitarbeiter fallen nicht so weich
Die Mitarbeiter der Abgeordneten und der Fraktion haben es bei weitem nicht so gut – ihre Verträge laufen in den nächsten Wochen aus. Sie müssen jetzt neue Jobs suchen, was jedoch auch letztendlich die Abgeordneten betrifft.
So mancher wird sich wohl ganz aus der bezahlten Politik zurückziehen. So sagte der Innenpolitiker Konstantin Kuhle dem ARD-«Morgenmagazin», er werde jetzt in seinen erlernten Beruf als Rechtsanwalt zurückkehren. «Inwiefern dann ehrenamtlich nebenbei noch politisches Engagement eine Rolle spielt, das werden die nächsten Wochen und Monate zeigen.»
Mit dem Mandat fallen für die ausscheidenden Abgeordneten auch viele Annehmlichkeiten weg – von der BahnCard 100 über ein voll ausgestattetes Büro und Mitarbeiter bis zur jederzeit nutzbaren Fahrbereitschaft des Bundestags. Er werde jetzt erst mal wieder lernen müssen, seinen Kalender selbst zu führen, sagte Kubicki und erzählte: «Heute Nacht bin ich aufgewacht und habe gedacht: Mein Gott, Du musst ja jetzt selbst Auto fahren.»