Nach Druck aus Washington zeigt der ukrainische Präsident Bereitschaft zum Gespräch mit Moskau. Selenskyj will sich persönlich mit Kremlchef Putin treffen. Jetzt ist Russland am Zug.
Selenskyj: Erwarte Putin am Donnerstag in der Türkei
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will sich mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin zu Friedensgesprächen in der kommenden Woche zusammensetzen. «Ich werde am Donnerstag auf Putin in der Türkei warten, persönlich», schrieb Selenskyj auf der Plattform X. Der Kremlchef hatte in der Nacht zuvor die Aufnahme von Verhandlungen in der Türkei angeboten, um über ein mögliches Ende für den über drei Jahre dauernden Krieg in der Ukraine zu beraten. Selenskyj äußerte die Hoffnung, «dass die Russen keine Ausreden suchen».
Kurz vor Selenskyjs Mitteilung auf X hatte US-Präsident Donald Trump den ukrainischen Staatschef aufgefordert, der von Putin vorgeschlagenen Wiederaufnahme direkter Friedensgespräche in der Türkei zuzustimmen. Nur dann wüssten Kiew, die europäischen Partner und die USA, woran sie seien und könnten entsprechend handeln, schrieb Trump auf seinem Online-Sprachrohr Truth Social. Der Republikaner äußerte gleichzeitig Zweifel daran, dass Putin ein Friedensabkommen schließen wolle. Dieser sei zu sehr damit beschäftigt, «den Sieg im Zweiten Weltkrieg zu feiern». Er spielte damit auf die Parade zum Tag des Sieges über Nazi-Deutschland am Freitag an.
Selenskyj unterstrich in seinem Post, dass die Ukraine ab Montag eine «volle und dauerhafte Feuerpause» erwarte, um eine notwendige Grundlage für die Diplomatie zu schaffen. «Es hat keinen Sinn, das Töten fortzusetzen.»
Gemeinsame Initiative der europäischen Partner
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), der britische Premierminister Keir Starmer, der französische Präsident Emmanuel Macron und Polens Ministerpräsident Donald Tusk hatten ultimativ eine Waffenruhe von Russland ab diesem Montag gefordert, wie Selenskyj. Andernfalls drohten weitere Sanktionen gegen Russland – über diese könnte nun in London beraten werden. Die USA hatten bereits im März eine 30-tägige Waffenruhe vorgeschlagen. Zuletzt hatte Trump erneut auf diese Waffenruhe gepocht und mit Sanktionen gedroht.
Putin hat zunächst nur mit einem Gegenangebot geantwortet: Ab Donnerstag könnten direkte Verhandlungen ohne Vorbedingungen zwischen Russland und der Ukraine beginnen. Vorher wollte er jedoch keine Waffenruhe ausrufen. Selenskyj betrachtete das Angebot von Putin zu direkten Verhandlungen zwischen beiden Seiten als positives Zeichen. Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als drei Jahren mit Hilfe westlicher Waffenlieferungen gegen die russische Invasion.
Die USA unter Trump im Schlingerkurs
Noch vor einigen Stunden äußerte sich Trump zuversichtlich, dass ein Ende der Kämpfe näherrücken könnte. «Ein möglicherweise großer Tag für Russland und die Ukraine», schrieb er auf Truth Social. Nun hat sich sein Ton etwas verändert. Er ließ erneut Unmut über Putins Verhalten erkennen. Bereits in der Vergangenheit äußerte er Skepsis darüber, ob der Kremlchef wirklich ein Friedensabkommen wolle. Dennoch machte er nun sehr klar, dass Kiew den Verhandlungen in der Türkei zustimmen solle. «Führt das Gespräch – jetzt!!!», schrieb der Republikaner in Großbuchstaben.
Die USA hatten zuvor mehrfach damit gedroht, sich aus den Verhandlungen über ein Ende des russischen Angriffskriegs zurückzuziehen. Trump hatte ursprünglich versprochen, den Krieg nach seinem Amtsantritt im Januar schnell zu beenden. In den vergangenen Wochen äußerte er mehrmals seinen Frust darüber, dass die Verhandlungen bisher keine konkreten Ergebnisse gebracht haben. Abwechselnd kritisierte er Selenskyj und Putin für ihr Handeln.
Türkei will Gespräche ausrichten
Die Türkei hat mittlerweile zugesagt, die Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine zu organisieren. Bereits 2022 hatten Russland und die Ukraine in Istanbul erfolglose Verhandlungen über das Ende der Kampfhandlungen geführt.