Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Kiew hadert mit Treffen und Moskaus Bedingung für Waffenruhe

Russlands UN-Botschafter erklärt, unter welchen Bedingungen Moskau zu einer Waffenruhe in der Ukraine bereit wäre. In Kiew löst seine Rede indes Entsetzen aus – und altbekannte Forderungen.

Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja erklärt bei einer Sitzung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen Moskaus Bereitschaft zu einer möglichen Waffenruhe. (Archivbild)
Foto: Seth Wenig/AP

Russland hat im UN-Sicherheitsrat vor den für Montag in der Türkei angesetzten Verhandlungen mit Vertretern der Ukraine seine Bereitschaft zu einer möglichen Waffenruhe erklärt. Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja nannte zugleich Bedingungen für ein Ende der Kampfhandlungen. «Für die Dauer der Waffenruhe ist es zumindest erforderlich, dass die westlichen Länder die Waffenlieferungen an das Kiewer Regime einstellen und die Ukraine ihre Mobilmachung beendet», sagte Nebensja in seiner auch in Moskau vom Außenministerium verbreiteten Rede.

Moskau hat für den 2. Juni in Istanbul eine zweite Verhandlungsrunde anberaumt, um mit Vertretern aus Kiew über eine potenzielle Beendigung des Krieges in der Ukraine zu diskutieren. Die direkten Gespräche wurden in diesem Monat auf Initiative Russlands erstmals seit 2022 wieder aufgenommen.

Laut Nebensja könnte eine Waffenruhe weiterhin dazu beitragen, an einer dauerhaften Lösung der zugrunde liegenden Ursachen des Konflikts zu arbeiten. Russland hatte bisher immer betont, den Konflikt grundsätzlich lösen zu wollen, bevor über eine Waffenruhe nachgedacht wird. Die Ukraine fordert jedoch bereits seit März auf der Basis eines US-Vorschlags, dass zunächst eine 30-tägige Waffenruhe vereinbart werden sollte, um dann an der Lösung des Konflikts zu arbeiten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte, dass die Feuerpause ohne Vorbedingungen vereinbart werden müsse.

Nebensja nannte nun klar diese zwei Vorbedingungen. Die bisherigen Äußerungen der Ukraine deuteten seiner Meinung nach darauf hin, dass sie sich nicht darauf einlasse. Russland wiederum wolle keine Situation, in der die Ukraine die Waffenruhe zum Durchatmen und Kräftesammeln in dem Krieg nutze. Russland sei bereit, bei den Verhandlungen an diesem Montag in Istanbul über die Bedingungen für einen Frieden zu reden. Die Gespräche seien der «Lackmustest» für beide Seiten, um zu zeigen, ob sie es ernst meinten mit einem Streben nach einem Ende der Kämpfe.

Ukrainischer Außenminister wirft Russland Arroganz vor

Der russische UN-Vertreter erklärte in seiner Rede auch, dass Moskaus Streitkräfte in der Lage seien, die Kampfhandlungen so lange wie nötig fortzusetzen. Es sei bereits jetzt offensichtlich, dass die russische Armee praktisch an der gesamten Frontlinie vorankomme.

Der ukrainische Außenminister Serhij Sybiha warf Russland auf der Plattform X angesichts des Hinweises auf Moskaus militärische Stärke Arroganz vor. «Das ist Russlands Schlag ins Gesicht all jener, die sich für Frieden einsetzen», sagte er über Nebensjas Rede. Nötig sei mehr Druck auf Russland. «Sie verstehen weder eine normale Haltung noch die diplomatische Sprache; es ist an der Zeit, mit ihnen in der Sprache der Sanktionen und der verstärkten Unterstützung für die Ukraine zu sprechen», sagte Sybiha.

https://x.com/andrii_sybiha/status/1928463961642704997

Selenskyj spricht mit Erdogan über Ukraine-Verhandlungen

Präsident Selenskyj hat noch nicht entschieden, ob Kiew an der neuen Verhandlungsrunde teilnehmen wird. In einem Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wurden die Bedingungen für die Ukraine diskutiert, an den Verhandlungen teilzunehmen, sagte Selenskyj am Abend auf der Plattform X. Er gab keine Einzelheiten bekannt, betonte jedoch, dass es bei einer ukrainischen Teilnahme konkrete Ergebnisse geben müsse.

Der jüngste Gefangenenaustausch sei ein wichtiges Ergebnis der Verhandlungen in Istanbul gewesen, aber «leider das einzige». Eine Waffenruhe sei für eine Bewegung in Richtung Frieden notwendig, sagte Selenskyj. Das Töten müsse aufhören.

https://x.com/ZelenskyyUa/status/1928534050983260515

Moskau hat auch ein Memorandum für das Treffen am Montag in Aussicht gestellt, das von der Ukraine zur Vorabbegutachtung angefordert wurde. Russland hat dies abgelehnt und plant, über die Absichtserklärung erst in der Türkei zu sprechen.

Verletzte bei Angriffen in Ukraine und Russland gemeldet

Die Kämpfe gehen unerwartet weiter. In der Nacht zum Samstag wurden bei einem russischen Angriff auf das nahe der Grenze gelegene ukrainische Gebiet Sumy Raketen in einem Wohngebiet abgefeuert und Lagerhäuser zerstört, berichtete die regionale Militärverwaltung. Mindestens eine Person wurde dabei verletzt. Es wurden auch Explosionen aus den Gebieten Charkiw, Donezk, Mykolajiw und Winnyzja gemeldet.

Nach Angaben der Regionalverwaltung wurden im russischen Gebiet Kursk bei ukrainischen Drohnenangriffen mindestens zehn Personen verletzt, wie die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass berichtete. Mehrere Wohnhäuser wurden beschädigt. Die Angaben beider Seiten konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Selenskyj trifft US-Senator Graham für mehr Druck auf Moskau

In Kiew traf Selenskyj die US-Senatoren Lindsey Graham und Richard Blumenthal und bekräftigte seine Hoffnung auf schärfere Sanktionen gegen Russlands Kriegsmaschinerie. Er dankte für die neue US-Sanktionsinitiative, die von 82 Senatoren unterstützt wird, teilte Selenskyj auf der Plattform X mit. Es sei notwendig, mehr Druck auf Russland auszuüben, um das Land zum Frieden zu zwingen. Selenskyj warf Moskau vor, sich über diplomatische Initiativen lustig zu machen und die Verhandlungen als Tarnung für eine neue Offensive zu nutzen.

Russland führe Schläge gegen ukrainische Städte und Dörfer aus und lehne alle Vorschläge für eine Waffenruhe ab, sagte Selenskyj. «Deshalb ist zusätzlicher Druck nötig», betonte er. Der Präsident dankte dem Republikaner Graham und dem Demokraten Blumenthal, dass ihre beiden politischen Lager die Ukraine unterstützen. «Es ist das echte Engagement der Vereinigten Staaten in jeder Phase der Verhandlungen, das einen verlässlichen Frieden garantieren kann», sagte Selenskyj.

Graham: Ukraine kann US-Waffen kaufen

Graham und Blumenthal trafen sich bei ihrem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt auch mit Regierungschef Denys Schmyhal, um über einen Ausbau der Handelsbeziehungen zu sprechen. «Ich erwarte, dass sich diese Geschäftsbeziehung auf den militärischen Sektor konzentrieren wird, dass der militärisch-industrielle Komplex der USA der Ukraine Waffen verkaufen wird, die wir entwickelt haben. Andere Länder könnten sie von uns kaufen und an die Ukraine liefern», sagte Graham der Agentur Interfax-Ukraine zufolge auf einer Pressekonferenz.

Graham und Blumenthal haben neue Sanktionen gegen Russland im US-Senat vorbereitet, die auf eine große, überparteiliche Mehrheit zählen können. Graham möchte jedoch nicht den Vermittlungsbemühungen seines Parteifreunds US-Präsident Donald Trump zuvorkommen. Es ist auch noch unklar, ob das Sanktionspaket im Repräsentantenhaus eine Mehrheit finden könnte.

dpa