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Kinderärzte fordern Abschaffung der Kinderkrankschreibung

Praxen seien als «Verfolgungsbehörden der Arbeitgeberverbände denkbar ungeeignet», schimpft der Präsident des Kinderärzteverbandes. Er verlangt, Ärzte bei Attesten und Bescheinigungen zu entlasten.

Wollen Eltern das Kinderkrankengeld in Anspruch nehmen, brauchen sie eine ärztliche Bescheinigung.
Foto: Christian Charisius/dpa

Die Kinderärzte drängen darauf, die Krankschreibung von Kindern bei leichten Erkrankungen abzuschaffen und somit die Arztpraxen zu entlasten.

Die Abschaffung der Bescheinigungen, die zum Bezug von Kinderkrankengeld nötig seien, stehe an erster Stelle, wenn es um den Abbau von Bürokratie gehe, sagte der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Michael Hubmann, der «Ärzte Zeitung». Es komme einem «unnötigen Einsatz von pädiatrischen Ressourcen» gleich, wenn Kinderärzte eine harmlose Krankheit bescheinigen müssten. Eltern könnten harmlose Erkrankungen selbst managen.

«Vor allem aber können wir schlichtweg nicht beurteilen, ob zur Betreuung eines Kindes ein Elternteil zu Hause bleiben muss oder ob das innerfamiliär anders geregelt werden könnte. Absurderweise wird aber genau das von uns gesetzlich verlangt», so der Pädiater. Arztpraxen seien als «Verfolgungsbehörden der Arbeitgeberverbände denkbar ungeeignet».

Kinderkrankengeld nur gegen ärztliche Bescheinigung

Kranke Kinder bis zwölf Jahre können Eltern von der Arbeit freistellen lassen. Die Kasse übernimmt dann einen Großteil des Verdienstausfalls und zahlt Kinderkrankengeld – in der Regel 90 Prozent des ausgefallenen Nettolohns. Eltern benötigen jedoch eine ärztliche Bescheinigung. Seit dem 18. Dezember können sie diese Krankschreibung zur Betreuung auch telefonisch und ohne Praxisbesuch beantragen. Es können Bescheinigungen für maximal fünf Tage Kinderkrankengeld beantragt werden.

Als unnötige Arbeit wertete Hubmann auch Atteste, die notwendig seien, damit Kinder bei kleineren gesundheitlichen Leiden wieder zurück in die Kita oder die Schule könnten. Er führte dazu folgendes Beispiel an: «Ein Kind hat einen Mückenstich. Die Kita sagt: Das Kind hat einen Hautausschlag. Also hole ich den Papa aus seiner Redaktionskonferenz. Der holt seinen Sohn ab und kommt zu mir in die Praxis.» Ein solches Szenario sei «kein Witz, das ist Alltag und ein gesellschaftlicher Schaden».

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat erklärt, dass er die unnötige bürokratische Belastung in Arztpraxen reduzieren möchte. Seit dem 7. Dezember gilt bereits, dass Patienten mit leichten Erkrankungen nicht mehr persönlich in die Praxis kommen müssen, um eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erhalten. Voraussetzung ist, dass sie in der Praxis bekannt sind und keine schweren Symptome haben. Dann können sie eine Krankschreibung für bis zu fünf Tage erhalten. Eine ähnliche Sonderregelung, die mehrfach verlängert wurde, ist im Frühjahr nach Auslaufen der Corona-Krise beendet worden.

dpa