Es gibt Geld für eine Anpassung an den Klimawandel und für den Regenwald. Doch beim Umgang mit den Haupttreibern des Klimawandels findet die Weltgemeinschaft nur den kleinsten gemeinsamen Nenner.
Klimagipfel der Blockaden: Was in Belém beschlossen wurde

Starke Blockierer waren in Topform und die USA, einer der größten Klimasünder, waren nicht einmal dabei: Trotz turbulenter zweiwöchiger Verhandlungen konnte auf der Weltklimakonferenz in Brasilien keine wegweisenden Fortschritte im Kampf gegen die Erderwärmung erzielt werden.
Umweltorganisationen und Aktivisten kritisierten die Beschlüsse als unzureichend und inakzeptabel. Auch Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) zeigte sich «ein bisschen enttäuscht» und warf den Ölstaaten eine Blockadetaktik vor.
Es gab Momente, in denen es unter dem Druck großer Proteste und breiter Länder-Allianzen – darunter Deutschland und der EU – möglich schien, einen Plan für den Ausstieg aus der klimaschädlichen Verbrennung von Kohle, Öl und Gas zu entwickeln. Doch selbst die Vereinbarung, einen solchen Plan in den kommenden Jahren zu erarbeiten – über solche kleinen Schritte wird auf UN-Konferenzen gerungen – scheiterte.
Was beschlossen wurde – und was nicht
Es wurde vereinbart, anstelle des tagelang heiß diskutierten Ausstiegsplans lediglich eine freiwillige Initiative zu starten, um die Bemühungen der Staaten im Klimaschutz zu beschleunigen. Bereits bei der Klimakonferenz vor zwei Jahren in Dubai hatten die etwa 200 Staaten beschlossen, sich von diesen fossilen Brennstoffen abzuwenden – jedoch wurde in Belém nicht wie erhofft konkretisiert, wann und wie dies geschehen soll.
Die USA sind unter Präsident Donald Trump aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen und blieben Belém fern. In der Vergangenheit waren sie ein wichtiger Geldgeber im Kampf gegen den Klimawandel.
Trotzdem sollen reiche Staaten ihre Klimahilfen an ärmere Länder zur Anpassung an die Folgen der Erderhitzung deutlich erhöhen: Von einer Verdreifachung bis 2035 ist die Rede. Doch wird kein Basisjahr dafür und kein konkreter Betrag genannt. Die Summe dürfte deutlich unter den jährlich 120 Milliarden US-Dollar liegen, die Entwicklungsländern vehement gefordert hatten. Sabine Minninger von Brot für die Welt kritisierte, auch die Bundesregierung habe in dem Punkt zu den «Bremsern» gehört.
Ein neuer Fonds zum Schutz des Regenwalds wurde von Brasilien ins Leben gerufen, für den Deutschland über zehn Jahre hinweg eine Milliarde Euro bereitstellt. Länder, die ihre Wälder bewahren, sollen nach diesem neuen Modell belohnt werden. Im Gegenzug sollen sie für jeden zerstörten Hektar Wald eine Strafe zahlen.
Einen konkreten «Waldaktionsplan», um die Zerstörung von Wald einzudämmen, beschloss die Konferenz hingegen nicht. Es wird lediglich an einen früheren Beschluss erinnert, die Entwaldung bis 2030 zu stoppen.
Eine «Konferenz der Wahrheit» – nur anders als gedacht
UN-Generalsekretär António Guterres sagte, viele seien wohl enttäuscht, insbesondere junge Menschen, indigene Völker und alle, die unter den Folgen des Klimawandels leiden. «An alle, die demonstriert, verhandelt, beraten, berichtet und mobilisiert haben: Gebt nicht auf! Die Geschichte ist auf eurer Seite!», ermutigte Guterres.
Brasilien hatte eine «Konferenz der Wahrheit» versprochen und auf einen großen Erfolg gehofft. Stattdessen ist nun eher die Wahrheit über die mäßige Entschlossenheit der Weltgemeinschaft bei der Krisenbekämpfung ans Licht gekommen. Die Konferenz sei nicht von wegweisenden Beschlüssen geprägt, bemängelte der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Ottmar Edenhofer. «Die Staaten versprechen zu wenig und selbst diese Zusagen werden nicht eingelöst.»
Auf der anderen Seite: Während des Klimagipfels in Südafrika bekannten sich die G20-Staaten – wenn auch in kleinerer Gruppe – zur verstärkten Bekämpfung des Klimawandels. Sie tragen den Großteil der weltweiten Emissionen.
Wer Fortschritte blockierte
Umweltminister Schneider sagte, die Ölstaaten hätten mit einer «Blockade» ehrgeizigere Beschlüsse verhindert. Im zentralen Abschlussdokument ist nicht die Rede von fossilen Energieträgern, auch Öl, Kohle und Gas werden nicht explizit genannt – außer im Begriff «Treibhausgase».
Der deutsche Greenpeace-Chef Martin Kaiser sprach von einem Versagen. «Ölkonzerne und Exportländer wie Saudi-Arabien und Russland haben verhindert, dass die Konferenz einen beschleunigten Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle verabschiedet.» Auch die USA hätten vorher Druck auf kleine Länder ausgeübt und so aus der Ferne zum Scheitern beigetragen.
Wo sich die Länder in Verhandlungen regelmäßig verhaken
Während viele Industriestaaten Fortschritte beim Kampf gegen die Erderwärmung fordern, verlangen ärmere Länder mehr Geld für die Anpassung daran. Beide Seiten fordern Zugeständnisse als Voraussetzung für Fortschritte.
Ärmere Staaten und Schwellenländer verweisen auf die Verantwortung der Industrieländer als Hauptverursacher der aktuellen Erderwärmung. Sie fürchten, dass zu viel Tempo beim Klimaschutz ihre Chancen auf wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigt. Ölförderländer wollen hingegen ihr Geschäftsmodell sichern. «Trotz der sich dramatisch zuspitzenden Klimakrise ist eine kleine Gruppe großer Staaten bereit, alles zu tun, um das fossile Geschäftsmodell zu verlängern», bilanzierte Christoph Bals, der politische Vorstand von Germanwatch.
Auch 20 Stunden nach dem geplanten Ende führten die übernächtigten Kontrahenten im Abschlussplenum immer noch leidenschaftliche Wortgefechte und versuchten, mit Anträgen ihre Inhalte in den Beschlusstexten unterzubringen. Ein Vertreter Russlands beschuldigte die lateinamerikanischen Staaten, sich wie Kinder nach Süßigkeiten zu benehmen – eine ungewöhnlich undiplomatische Anschuldigung, die diese empört zurückwiesen.
Was die Klimakonferenz in Brasilien besonders machte
In Belém, der Millionenstadt am Rande des Regenwalds, gab es für die Gäste aus aller Welt einige unerwartete Überraschungen: Die großen Zelte konnten mehrmals den fast täglichen tropischen Regenfällen nicht standhalten, und es regnete in die Flure der Konferenz. Im Endspurt brach sogar ein Feuer aus und zwang den Gipfel stundenlang zum Stillstand. Indigene Aktivisten belagerten mehrmals das Konferenzgelände im Kampf um mehr Mitsprache und Landrechte.
Anders als bei vorherigen Konferenzen in autoritären Staaten wie Aserbaidschan oder Ägypten regte sich draußen viel Protest. Höhepunkt waren ein mehrtägiger «Gipfel des Volkes» auf dem Uni-Gelände und ein riesiger, bunter Marsch von Zehntausenden für mehr Klimaschutz.
Ob es im nächsten Jahr ähnlich sichtbare Proteste der Zivilgesellschaft geben wird, bleibt abzuwarten. Dann soll die Klimakonferenz im türkischen Badeort Antalya stattfinden, mit einer besonderen Rolle für Australien. Die Türkei solle «Gastgeber und Präsidentschaft» der nächsten Klimakonferenz werden, Australien hingegen «Präsidentschaft für die Verhandlungen», hatte Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth erklärt.
Was der Klimawandel für Mensch und Natur bedeutet
Die meisten klimaschädlichen Treibhausgase entstehen beim Verbrennen von Öl, Gas und Kohle, was dazu führt, dass sich der Planet immer weiter erwärmt. Die letzten zehn Jahre waren die zehn wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen.
Die Wissenschaft geht mittlerweile davon aus, dass die im Pariser Klimaabkommen angestrebte maximale Erderwärmung von 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit mindestens vorübergehend überschritten wird, und zwar bereits spätestens zu Beginn der 2030er Jahre. Die drastischen Folgen wären vermehrte und intensivere Stürme, Waldbrände, Dürren und Überschwemmungen.








