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Steuereinnahmen sinken drastisch bis 2029

Die neue Bundesregierung muss den Haushalt anpassen, denn es fehlen 33,3 Milliarden Euro an erwarteten Steuereinnahmen.

Vizekanzler Lars Klingbeil im Bundestag
Foto: Michael Kappeler/dpa

Die neue schwarz-rote Bundesregierung muss bei der Umsetzung ihres Koalitionsvertrags bis 2029 mit deutlich weniger Steuereinnahmen rechnen als noch im Herbst angenommen. Die Steuerschätzer sagen nach Angaben des Finanzministeriums voraus, dass in dieser Zeit 33,3 Milliarden weniger in die Kassen des Bundes fließen, als man noch im Oktober dachte. Das dürfte die Arbeit des neuen Finanzministers Lars Klingbeil nicht gerade einfacher machen.

«Die Ergebnisse zeigen: Wir müssen durch höheres Wirtschaftswachstum die Einnahmen stärken», erklärte der SPD-Politiker. «Nur so gewinnen wir neue finanzielle Spielräume. Wir stoßen deshalb jetzt die größte Modernisierung unseres Landes seit Jahrzehnten an.» Insgesamt sei das Ergebnis der Steuerschätzer aber weitgehend so, wie es während der Koalitionsverhandlungen schon erwartet wurde. 

Die Steuerschätzer sind auch für den Gesamtstaat, also Bund, Länder und Kommunen zusammen, pessimistisch. Bis 2029 erwarten sie rund 81,2 Milliarden weniger Einnahmen als noch im Oktober vorhergesagt.

Warum die Prognose so mau ausfällt

Eine entscheidende Grundlage für die Schätzung der Steuereinnahmen ist die Konjunkturprognose der Bundesregierung. Und diese hat Ende April offenbart: Die Wirtschaft tritt auf der Stelle. Bereits zum dritten Mal in Folge gibt es kein Wachstum, das Bruttoinlandsprodukt stagniert. Auch im nächsten Jahr erwartet die Regierung kaum Verbesserung und lediglich ein Wachstum von 1,0 Prozent.

Was das für den Haushalt 2025 bedeutet

Mit diesen Daten im Gepäck muss der neue Finanzminister Lars Klingbeil jetzt den Haushalt für das laufende Jahr aufstellen – deutlich verspätet wegen des Ampel-Bruchs und der vorgezogenen Bundestagswahl. Am 25. Juni will er die Pläne durchs Kabinett bringen – und es ist zu erwarten, das vom Entwurf seines Vorvorgängers Christian Lindner (FDP) kaum etwas übrig bleiben wird. Zu viel hat sich politisch seitdem getan, zu viele Weichen hat Schwarz-Rot neu gestellt.

Für 2025 fällt die Steuerschätzung noch vergleichsweise harmlos aus, die Schätzer erwarten nur 0,6 Milliarden weniger Einnahmen als im Herbst. Doch Klingbeil stimmte seine Kabinettskollegen am Mittwoch im Bundestag bereits darauf ein, dass trotz historischer Kreditmöglichkeiten kein unbegrenzter Spielraum herrsche. «Ja, wir werden auch Haushaltskonsolidierung vorantreiben müssen», sagte der Vizekanzler. 

Es wird davon abhängen, wie sehr Klingbeils Kollegen mitziehen, ob der neue Haushalt tatsächlich wie geplant Anfang September beschlossen werden kann. Die Opposition drängt jedoch: „Noch länger mit vorläufiger Haushaltsführung, also ohne echten Etat, arbeiten zu müssen, sei schlecht für die Arbeit der Ministerien, schlecht für die Wirtschaft und schlecht für das gesamte Land“, kritisierten die Grünen.

Was das für weitere schwarz-rote Haushalte bedeutet

Die Union und die SPD waren sich bereits bei der Formulierung ihres Koalitionsvertrags im Klaren darüber, dass ihre zahlreichen Vorhaben nicht ohne weiteres finanziert werden können – zumindest nicht ohne einen deutlichen wirtschaftlichen Aufschwung. Alle Vereinbarungen des Koalitionsvertrags sind daher unter einem Finanzierungsvorbehalt gestellt. Das bedeutet: Sie werden nur umgesetzt, wenn ausreichend Geld vorhanden ist.

Die Bedeutung dieses Satzes dürfte die Zahlen der Steuerschätzer noch einmal unterstreichen. Im nächsten Jahr erwarten die Experten für den Bund nun 10,2 Milliarden Euro weniger Einnahmen als im Herbst. Obwohl der Gesamtstaat erstmals mehr als eine Billion Euro einnehmen könnte, muss sich Klingbeil nun mit Kanzler Friedrich Merz und den anderen Ministerinnen und Ministern zusammensetzen und priorisieren. Was wird zuerst finanziert, wofür müssen Spielräume erst noch erarbeitet werden?

Es wird erwartet, dass die Verteidigungsausgaben deutlich steigen – dies wird durch die Lockerung der Schuldenbremse ermöglicht. Dadurch kann der Bund praktisch unbegrenzt Kredite für die Bundeswehr und andere Verteidigungszwecke aufnehmen.

Auch für Infrastruktur-Investitionen, wie Straßen, Schienen, Kitas, Energienetze, Internet und Wohnraum, gibt es milliardenschwere Schulden. Das Sondervermögen darf jedoch nur für zusätzliche Ausgaben verwendet werden, d.h. nur wenn auch im Kernhaushalt erhebliche Investitionen vorgesehen sind.

Wie die Steuerschätzer arbeiten

Der Arbeitskreis Steuerschätzung trifft sich zweimal im Jahr, im Frühjahr und Herbst. An dem Gremium nehmen Experten der Bundesregierung, der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, des Statistischen Bundesamts, der Bundesbank, des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland sowie Vertreter der Länderfinanzministerien und der Kommunen teil.

dpa