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Kliniken, Hausärzte, Rettungsdienst – alles geplatzt?

Die Ampel-Koalition ist am Ende. Dabei hat sie in der Gesundheitspolitik meist harmoniert. Sind begonnene Vorhaben nun beerdigt, oder geht doch noch was?

Alles passé? Gesundheitsminister Karl Lauterbach hatte eigentlich einen «Herbst der Reformen» geplant (Illustration).
Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz rechnet nach dem Bruch der Ampel-Koalition mit einer Hängepartie bei wichtigen Gesundheitsreformen. «Es ist blauäugig zu glauben, dass jetzt in wenigen Sitzungstagen für Patientinnen, Patienten und Pflegebedürftige der parlamentarische Turbo gezündet wird», sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die anstehende vorgezogene Neuwahl. «Deshalb muss die Bundestagswahl jetzt schnell kommen, um eine handlungsfähige Regierung zu bilden.»

Aber auch dann brauche es noch viele Monate Zeit, sagte Brysch und sprach von «düsteren Aussichten für Patientinnen, Patienten und Pflegebedürftige». Denn mit dem Ende der Legislaturperiode begännen alle Gesetzesvorhaben von vorn. Der Patientenschützer warnte: «In den Krankenhäusern, Arztpraxen, Pflegediensten und daheim läuft jetzt finanziell alles aus dem Ruder.»

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte eigentlich einen «Herbst der Reformen» geplant. Mehrere Vorhaben wurden auch schon gestartet – alles passé?

Krankenhausreform

Die Neuaufstellung der Kliniken, die von der Ampel-Koalition noch im Bundestag beschlossen wurde, steht auf der Kippe. Am 22. November wird im Bundesrat entschieden: Wird die Reform verabschiedet? Oder wird sie in den Vermittlungsausschuss mit dem Parlament geschickt, mit ungewissem Ausgang? Lauterbach arbeitet daran, das Großprojekt erfolgreich abzuschließen. Die Reform zielt darauf ab, die Vergütung grundlegend zu verändern und die Kliniken von finanziellen Belastungen zu befreien. Zudem sollen bundeseinheitliche Qualitätsstandards gesichert und eine stärkere Spezialisierung erreicht werden.

Entlastungen für Hausärzte

Um das Praxisnetz auch auf dem Land zu erhalten, werden Verbesserungen für Hausärztinnen und Hausärzte in Betracht gezogen – darunter auch der Wegfall von Obergrenzen bei der Vergütung, wie von vielen gefordert. Der Gesetzentwurf liegt im Bundestag, für diesen Mittwoch ist eine Expertenanhörung geplant. Aber war es das? Ursprünglich plante Lauterbach, Gesundheitskioske in Brennpunktvierteln einzuführen und die Homöopathie als Kassenleistung zu beenden.

Notfallversorgung

Im Bundestag wird auch über eine Notfallreform diskutiert, die schon lange Thema ist. Patienten mit dringenden Anliegen sollen gezielter an passende Behandlungsangebote verwiesen werden, anstatt sofort ins Krankenhaus zu gehen. Der Entwurf sieht vor, dass es Anlaufstellen in Kliniken gibt, die je nach Dringlichkeit entweder in die Notaufnahme oder zu einer nahegelegenen Notdienstpraxis weiterleiten. Zudem sollen Ersteinschätzungen per Telefon ausgebaut werden. Kurz vor dem Bruch einigte sich die Ampel auch auf neue Standards für den Rettungsdienst – wahrscheinlich zu spät.

Organspenden

Im Ringen um mehr Organspenden sieht ein vom Kabinett auf den Weg gebrachter Gesetzentwurf erweiterte Möglichkeiten für die Übertragung von Nieren vor. Damit sollten Nierenspenden auch zwischen zwei unterschiedlichen Paaren «über Kreuz» erlaubt werden. Das Vorhaben steht aber wohl zu weit am Anfang. Unabhängig von Koalitionsmehrheiten wäre prinzipiell noch ein neuer Anlauf für eine grundlegende Änderung der Spenderegeln möglich. Denn darauf zielt eine fraktionsübergreifende Initiative dafür, dass alle als Spender gelten sollen – es sei denn, man widerspricht. 

Digitalisierung

Lauterbach kann ein rechtzeitig beschlossenes Schlüsselprojekt für die lange stockende Digitalisierung des Gesundheitswesens umsetzen: Anfang 2025 erhalten die 75 Millionen gesetzlich Versicherten von ihrer Krankenkasse eine elektronische Patientenakte (ePA) – es sei denn, man lehnt es für sich ab. Sie soll ein digitaler Speicher für Angaben zu Medikamenten, Befunde und Laborwerte sein und die Patienten ein Leben lang begleiten. Die ePA soll ab dem 15. Januar in zwei Modellregionen starten und voraussichtlich vier Wochen später bundesweit verfügbar sein.

dpa