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Knapp 16.000 Jobverweigerern wurde Bürgergeld gekürzt

Die jüngsten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zeigen: Nur die wenigsten Bürgergeldbezieher wurden im Jahr 2023 sanktioniert, weil sie die Jobaufnahme verweigerten.

Das Bundeskabinett hat im Januar grünes Licht für Verschärfungen beim Bürgergeld gegeben.
Foto: Jens Kalaene/dpa

Laut einer aktuellen Statistik der Bundesagentur für Arbeit musste nur ein kleiner Teil der Bürgergeldempfänger im letzten Jahr Leistungskürzungen hinnehmen, weil sie Arbeitsangebote abgelehnt haben. Diese Information wurde zunächst vom Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) veröffentlicht.

Wie die Bundesagentur (BA) auf ihrer Webseite mitteilt, gab es zwischen Februar und Dezember 2023 insgesamt 15.774 Fälle, in denen Leistungen wegen der Weigerung zur «Aufnahme oder Fortführung einer Arbeit, Ausbildung, Maßnahme oder eines geförderten Arbeitsverhältnisses» gekürzt wurden. Für Januar 2023 liegt demnach keine Differenzierung nach Gründen vor. 

Im letzten Jahr verzeichneten die Jobcenter insgesamt mehr als 226.000 Fälle von Leistungskürzungen – ein Anstieg um 77.520 Fälle im Vergleich zum Vorjahr. Der Großteil der Kürzungen (84,5 Prozent) erfolgte, weil Leistungsbezieher ohne wichtigen Grund nicht zu Terminen erschienen waren.

Rund 5,5 Millionen Menschen in Deutschland erhalten Bürgergeld, davon gelten 3,9 Millionen als erwerbsfähig. Die BA weist darauf hin, dass folglich etwa 2,6 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Jahr 2023 von mindestens einer Kürzung betroffen waren. «Damit kommen 97 von 100 Menschen mit Leistungsminderungen nicht in Berührung», heißt es. 

BA: Zahl der Leistungskürzungen auf niedrigem Niveau

Laut der BA ist die Anzahl der Leistungskürzungen in letzter Zeit wieder etwas angestiegen. Im Vergleich zu den Zeiten vor der Corona-Pandemie ist sie jedoch immer noch auf einem niedrigen Niveau. Im Jahr 2019 hatte das Jobcenter fast 807.000 Kürzungen verhängt. Die deutliche Differenz zum Vorjahr ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass mit der Einführung des Bürgergelds zum 1. Januar 2023 die Sanktionsmöglichkeiten spürbar eingeschränkt wurden – ein Aspekt, der immer wieder für starke Kritik am neuen System sorgt.

Erst kürzlich hatte die Bundesregierung in Reaktion darauf ihre Sanktionsregeln für Bürgergeldempfänger noch einmal verschärft: Seit März dieses Jahres können Jobcenter Arbeitslosen das Bürgergeld für maximal zwei Monate komplett streichen, wenn diese die Arbeitsaufnahme nachhaltig verweigern. Arbeitsmarktexperten sehen diese Verschärfung skeptisch. So wies beispielsweise Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg kürzlich im dpa-Gespräch darauf hin, dass es nicht einfach sei, «schwarze Schafe» unter den Leistungsbeziehern stets eindeutig auszumachen. Mit steigendem Alter werde dies immer schwieriger.

Bürgergeld: Kritik von Union und FDP

Vor allem die Union, aber auch die Regierungspartei FDP kritisieren immer wieder, dass das aktuelle System zu wenig Anreize für Leistungsempfänger setze, eine Arbeit aufzunehmen. Im März hatte die CDU ein eigenes Konzept für eine «Neue Grundsicherung» vorgestellt, mit dem sie im Falle eines Siegs bei den Bundestagswahlen im kommenden Jahr das Bürgergeld in seiner jetzigen Form ablösen will.

Das System, das der CDU unter Parteichef Friedrich Merz vorschwebt, sieht unter anderem schnellere Sanktionen für «Totalverweigerer» vor. Auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) machte erst kürzlich deutlich, dass er eine Überarbeitung des Bürgergelds für angezeigt halte. Es brauche ein «Update», erklärte Lindner.

Zu Beginn des letzten Jahres ersetzte das Bürgergeld das umstrittene Hartz-IV-System. Das Ziel war es, Leistungsbezieher durch das neue Modell besser in Arbeit zu integrieren. Im Gegensatz zur Bestrafung setzte die Bundesregierung vor allem auf Kooperation. Die Sanktionsmöglichkeiten beim Bürgergeld sind daher im Vergleich zu früher moderat: Bei verpassten Terminen sind zehn Prozent Leistungskürzung möglich, bei nicht abgesprochenen Bewerbungen oder Kursen sogar bis zu 30 Prozent.

dpa