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Knapp 3.000 Euro für einen Heimplatz – Eigenanteile steigen

Wenn jemand ins Pflegeheim muss, geht in der Familie oft das große Rechnen los. Denn für die Betroffenen ist der Schritt alles andere als billig – und die Entwicklung kennt nur eine Richtung.

Pflegebedürftige und ihre Angehörigen müssen mehr fürs Pflegeheim zahlen. (Symbolbild)
Foto: Tom Weller/dpa

Pflegebedürftige und ihre Angehörigen müssen erneut tiefer in die Tasche greifen, um einen Heimplatz in Deutschland zu finanzieren. Laut einer Auswertung des Ersatzkassenverbands, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt, sind die Eigenanteile für Pflegebedürftige weiter angestiegen.

Die Zuzahlung für Pflegebedürftige im ersten Jahr des Heimaufenthalts stieg im Bundesschnitt innerhalb eines Jahres von 2.687 auf 2.984 Euro Anfang 2025. Regionale Unterschiede belaufen sich auf mehrere Hundert Euro – der höchste Wert wurde in Bremen mit 3.456 Euro verzeichnet, der niedrigste in Sachsen-Anhalt mit 2.443 Euro.

«Ständiger Aufwärtstrend»

Der Verband der Ersatzkassen (vdek), zu dem etwa die Techniker Krankenkasse, die Barmer und die DAK-Gesundheit gehören, spricht von einem «ständigen Aufwärtstrend». Weder von der Pflegekasse gezahlte Zuschläge noch eine Erhöhung der Pflegeleistungen zu Jahresbeginn hätten diesen abbremsen können. 

Zum 1. Januar haben sich die Pflegeleistungen um 4,5 Prozent erhöht. So sind zum Beispiel die Pflegesachleistungen, also die finanzielle Unterstützung für professionelle häusliche Pflege, Betreuung und Haushaltsdienste in der eigenen Wohnung, beim höchsten Pflegegrad 5 von 2.200 auf 2.299 Euro gestiegen. Der Betrag für stationäre Pflege stieg bei Pflegegrad 5 von 2.005 auf 2.096 Euro.

Auch die Pflegeversicherung hat zum Jahreswechsel den Beitragssatz um 0,2 Prozentpunkte erhöht. Der Beitragssatz variiert von 2,6 Prozent für Menschen mit fünf oder mehr Kindern bis zu 4,2 Prozent für Personen ohne Kinder. Für Versicherte mit einem Kind beträgt der Beitragssatz 3,6 Prozent.

Kassen wollen von den Ländern Milliarden

Gut zwei Wochen vor der Bundestagswahl forderte die vdek-Vorsitzende Ulrike Elsner die konkurrierenden Parteien zum Worthalten auf. Wer dann regiere, müsse die Pflege verlässlich und bezahlbar halten. Die Belastungen der Menschen seien «zu hoch», die Eigenbeteiligung gehöre klar begrenzt. 

Elsner forderte die Länder auf, die Bau- und Instandhaltungskosten der Heime vollständig zu finanzieren. Sie kritisierte scharf die Praxis, die Kosten auf die Pflegebedürftigen abzuwälzen. Im Jahr 2022 zahlten die Länder nur 876 Millionen Euro für diesen Bereich, während die Pflegebedürftigen rund 4,4 Milliarden Euro aufbringen mussten. Eine Übernahme dieser Kosten durch die Länder würde die Pflegebedürftigen laut vdek-Berechnung im Durchschnitt um 498 Euro pro Monat entlasten. Es sei jedoch notwendig, die Leistungsbeträge jährlich anzupassen und an volkswirtschaftlichen Kennzahlen auszurichten.

Was die Pflegekasse zahlt

Die Pflegeversicherung übernimmt – im Gegensatz zur Krankenversicherung – lediglich einen Teil der anfallenden Kosten. Der Großteil der Kosten, die von den Bewohnerinnen und Bewohnern zu tragen sind, entfällt auf den Eigenanteil für die pflegerischen Leistungen. Dieser belief sich zum 1. Januar im Durchschnitt auf etwa 1.496 Euro im ersten Jahr.

Die Zuschüsse, die nach Aufenthaltsdauer gestaffelt sind, werden davon abgezogen. Die Entlastungszuschläge, die 2022 neben den eigentlichen Zahlungen der Pflegekasse eingeführt wurden, wurden von der Ampel 2024 erhöht: Der Eigenanteil für die reine Pflege wird seitdem im ersten Jahr im Heim um 15 statt bisher 5 Prozent gesenkt, im zweiten Jahr um 30 statt 25 Prozent, im dritten Jahr um 50 statt 45 Prozent und ab dem vierten Jahr um 75 statt 70 Prozent. Zusätzlich fallen für die Betroffenen Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen in den Heimen an.

800.000 Menschen werden in Heimen gepflegt

Experten und Expertinnen fordern seit Jahren weitere Reformen im Pflegesystem aufgrund der steigenden Anzahl von Pflegebedürftigen. Im Dezember 2023 waren in Deutschland fast 5,7 Millionen Menschen pflegebedürftig – nach knapp 5,0 Millionen im Dezember 2021.

Laut Statistischem Bundesamt war der starke Anstieg unter anderem auf nachlaufende Auswirkungen einer Reform von 2017 zurückzuführen. Seitdem werden Menschen eher als pflegebedürftig eingestuft als zuvor, insbesondere Demenzkranke. Fast neun von zehn Pflegebedürftigen werden zu Hause betreut. Die Anzahl der vollstationär versorgten Pflegebedürftigen in Heimen stieg von Dezember 2021 bis 2023 leicht um 6.000 auf knapp 800.000.

Lauterbach kündigte Reform an

Eine größere Pflegereform schaffte die Ampel-Koalition vor ihrem vorzeitigen Ende nicht mehr. Bei der Verabschiedung der seit Jahresbeginn geltenden Anpassungen im Bundestag malte Gesundheitsminister Karl Lauterbach ein durchwachsenes Bild. Effizienzreserven habe die Pflegeversicherung nicht. «Es ist richtig, dass es in der Pflegeversicherung Reformbedarf gibt», so Lauterbach vergangenes Jahr. 

Damals kündigte der SPD-Politiker noch eine weitergehende Pflegereform an: «In einem Jahr werden wir die Basis der Finanzierung der Pflegeversicherung verbreitern.» Daraus wurde nichts.

dpa