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Koalition ringt um Lösungen bei der Stromsteuer

Der Streit um die Stromsteuer hält die Koalition in Atem. Die Erwartungen an den Koalitionsausschuss sind hoch.

Findet der Koalitionsausschuss eine Lösung? (Archivbild)
Foto: Kay Nietfeld/dpa

Die schwarz-rote Koalition sucht unter Druck vor allem aus der Wirtschaft nach Lösungen für das Streitthema Stromsteuer. Die zentrale Frage ist, wie eine milliardenschwere Senkung der Stromsteuer für alle Betriebe und Verbraucher finanziert werden kann.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) äußerte sich vor dem Treffen der Koalitionsspitzen am Mittwoch zwar grundsätzlich offen für eine mögliche Ausweitung der Stromsteuersenkung – aber nur wenn die Gegenfinanzierung gesichert ist. «Alles, was unsere Haushaltsmittel möglich machen, ist denkbar, aber wir müssen eben auch den Haushalt ausgleichen», sagte Merz nach einem Treffen mit dem luxemburgischen Ministerpräsidenten Luc Frieden in Berlin. 

Kanzler: Bereits Entlastungen beschlossen

Merz sagte, es seien bereits auch für die privaten Haushalte und für eine ganz große Zahl von Unternehmen Entlastungen beschlossen worden. «Ob wir über diese Entlastungen hinausgehen können, das werden wir morgen besprechen», sagte der Kanzler mit Blick auf den Koalitionsausschuss. Das werde auch in den parlamentarischen Beratungen noch zu besprechen sein.

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) sagte, dass die Haushaltslage nach drei Jahren Rezession im Einklang mit der Geschwindigkeit der Entlastungsmaßnahmen gebracht werden müsse.

Laut Angaben des Bundesfinanzministeriums würde eine Reduzierung der Stromsteuer für alle Verbraucher im nächsten Jahr zusätzliche Kosten in Höhe von etwa 5,4 Milliarden Euro verursachen.

Was das Kabinett auf den Weg gebracht hat

Das Kabinett hatte im Zuge des Haushaltsentwurfs beschlossen, dass es zum 1. Januar 2026 Entlastungen bei den Netzentgelten, einem Bestandteil des Strompreises, geben soll. Außerdem soll die Gasspeicherumlage für Gaskunden abgeschafft werden. Die Absenkung der Stromsteuer für die Industrie, Land- und Forstwirtschaft soll «verstetigt» werden. 

Die Entscheidung, dass die Stromsteuer ab dem 1. Januar 2026 nicht für alle Unternehmen und private Haushalte gesenkt wird, hat breite Kritik hervorgerufen – auch innerhalb der Union. Kritik kam unter anderem von Unionsfraktionschef Jens Spahn und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (beide CDU). Dies führte zu Verärgerung in der SPD. SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf warnte die Union davor, gemeinsame Einigungen der Regierung aufzukündigen.

Merz und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) haben die Politik in Bezug auf die Stromsteuer verteidigt und auf die Haushaltszwänge hingewiesen. Angesichts der Wachstumsschwäche habe die Entlastung der Industrie Priorität.

Wirtschaft macht Druck

In einem gemeinsamen Aufruf an Reiche, welcher der dpa vorliegt, bestehen mehrere Wirtschaftsverbände auf einer Senkung der Steuer zum 1. Januar für alle Verbrauchergruppen – und damit auch alle Betriebe. Die Senkung der Stromkosten sei ein «wichtiger Baustein» für die Energiewende und den Umstieg auf klimaschonende Technologien wie E-Fahrzeuge und Wärmepumpen, heißt es. Die Koalition müsse ein klares Signal für den Wirtschaftsstandort und die Energiewende in Deutschland setzen. Ähnliche Briefe wie Reiche sollten auch an Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) und die jeweiligen Fraktionsvorsitzenden übermittelt werden. 

Stefan Körzell, Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: «Versprochen ist versprochen: Die Stromsteuersenkung für alle wurde im Koalitionsvertrag eindeutig als Sofortmaßnahme vereinbart. Jetzt ist die ganze Bundesregierung in der Pflicht, dass sie auch schnell kommt.»

Was im Koalitionsvertrag steht 

CDU, CSU und SPD hatten im Koalitionsvertrag vereinbart: «Wir wollen Unternehmen und Verbraucher in Deutschland dauerhaft um mindestens fünf Cent pro kWh mit einem Maßnahmenpaket entlasten. Dafür werden wir als Sofortmaßnahme die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß senken und Umlagen und Netzentgelte reduzieren.» Allerdings gilt auch hier wie für alle Vorhaben in der Abmachung, dass sie «unter Finanzierungsvorbehalt» stehen, sprich: Es muss Geld dafür vorhanden sein.

Neue Einigkeit oder neuer Streit?

Der SPD-Haushaltspolitiker Thorsten Rudolph riet der Union bei «Politico», «zuallererst auf ihre extrem teuren Wahlgeschenke» wie zum Beispiel die Mütterrente zu verzichten. 

Die Erweiterung der Mütterrente wird fünf Milliarden Euro kosten, könnte jedoch erst am 1. Januar 2028 erfolgen. Auch die geplante Erhöhung der Pendlerpauschale oder die Rücknahme der Streichungen von Agrardiesel-Vergünstigungen stehen in der Kritik.

Union: Ausgaben beim Bürgergeld senken

Beim Koalitionsausschuss soll es auch um eine Reform des Bürgergeldsystems gehen. Die Union pocht auf Einsparungen. «Beim Bürgergeld gibt es durchaus erhebliches Einsparpotenzial. Damit ließen sich jedenfalls mittelfristig auch Stromsteuersenkungen finanzieren», sagte Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg (CDU) der dpa. Der Haushalts- und Finanzpolitiker sagte: «Vor allem, wenn wir mehr Bürgergeldempfänger in Arbeit vermitteln würden, ließe sich viel sparen.» Ein zu hoher Anteil der Bürgergeld-Beziehenden könne arbeiten, tue es aber nicht.

dpa