Die Hauptverhandlungsgruppe tritt zusammen, um Lösungen für strittige Punkte zu finden. Steuererhöhungen und Rentenniveau sind weiterhin umstritten.
Weiterer Verlauf der Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD
Die Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD gehen nach dem Abschluss der Beratungen in den Arbeitsgruppen in die nächste Phase. Vom Freitag an werden sie auf Führungsebene fortgesetzt. Dann kommt die Hauptverhandlungsgruppe in Berlin zusammen, wie die drei Parteien mitteilten. «Vor uns liegt ein hartes Stück Arbeit, aber wir gehen diese Aufgabe weiter lösungsorientiert und konstruktiv an», erklärten die Generalsekretäre Carsten Linnemann (CDU), Matthias Miersch (SPD) und Martin Huber (CSU).
Die Basis für die weiteren Diskussionen bilden die Ergebnisse von 16 Arbeitsgruppen, die seit dem 13. März Maßnahmen für die entsprechenden Themenbereiche erarbeitet haben. Zu der Hauptverhandlungsgruppe gehören 19 führende Vertreter von Union und SPD, darunter auch die Parteivorsitzenden Friedrich Merz (CDU), Markus Söder (CSU) sowie Lars Klingbeil und Saskia Esken für die SPD.
Sie stehen vor einer großen Menge an Arbeit. Denn viele Dokumente der Arbeitsgruppen weisen Lücken auf. Ein Überblick:
Steuern
Es wird berichtet, dass sich die Arbeitsgruppe für Haushalt und Finanzen bei kaum einem wichtigen Punkt einigen konnte. Werden Steuererhöhungen für Vielverdiener eingeführt? Ab wann tritt die im Sondierungspapier vereinbarte Unternehmensteuerreform in Kraft? Wie wird die Erbschaftsteuer und das Ehegattensplitting weitergeführt?
Die Spitzenverhandler müssen nun in all diesen Angelegenheiten Kompromisse finden. Das betrifft auch eine potenzielle Übernahme kommunaler Altschulden durch den Bund. SPD und CDU würden dies wahrscheinlich unterstützen, da sie in vielen dieser Kommunen Bürgermeister stellen, die CSU hingegen nicht.
Verteidigung
Es gibt weiterhin strittige Fragen. Obwohl Bedrohungen und Aufgaben ausführlich beschrieben werden, besteht keine Einigkeit in Bezug auf die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates und die Wehrpflicht. Die SPD besteht nach wie vor auf Freiwilligkeit und befürwortet eine gesamtgesellschaftliche Debatte über die Einführung eines neuen Dienstes. Im Gegensatz dazu ist die Union der Meinung, dass eine schnelle Stärkung der Streitkräfte erforderlich ist und die Aussetzung der Wehrpflicht beendet werden sollte.
Die CDU und CSU planen, strenger mit der langwierigen Beschaffung umzugehen und bestimmte Großprojekte aus dem Beschaffungsamt herauszulösen und in eine Agentur zu überführen. Außerdem streben sie an, die Möglichkeiten für die Mandatierung von Auslandseinsätzen zu erweitern.
Entwicklungshilfe
Ein umstrittenes Thema ist die Zukunft des Entwicklungsministeriums. Die Union möchte es dem Auswärtigen Amt eingliedern, während die SPD es sogar noch stärken will.
Wohnen und Mieten
Es gibt nur wenige kontroverse Punkte: Die Unterhändler sind sich einig, dass die Mietpreisbremse für zwei Jahre verlängert werden soll. Eine Expertengruppe soll bis Ende 2026 auch ein Bußgeld für Vermieter vorbereiten, die sich nicht an diese Vorschrift halten. Zudem sollen Indexmieten in Gebieten mit knappem Wohnungsmarkt stärker reguliert werden, bei denen sich die Kaltmiete an die Inflation anpasst. Das Gleiche gilt für Kurzzeitvermietung und die Vermietung möblierter Wohnungen.
Umstritten ist jedoch, ob Mieterhöhungen in bestehenden Mietverträgen stärker begrenzt werden sollen. Die SPD schlägt vor, in angespannten Wohnungsmärkten nur eine maximale Mietsteigerung von sechs Prozent in drei Jahren bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete zuzulassen. Die Union ist gegen eine Verschärfung der sogenannten Kappungsgrenze.
Bürgergeld und Rente
Sozialminister Hubertus Heil formulierte es am Wochenende im ZDF so: «Jetzt gilt es hart zu verhandeln, da liegen noch einige Brocken vor uns.» Die Brocken beim großen Komplex Arbeit und Soziales sind nach wie vor das Bürgergeld und die Rente – beides ist in den Details ungeklärt. Beim Bürgergeld ist dem Vernehmen nach umstritten, wie und gegen wen genau Sanktionen greifen, wenn wiederholt eine Arbeitsaufnahme verweigert wird. Im Sondierungspapier heißt es, dass es im Einzelfall zum «vollständigen Leistungsentzug» kommen kann.
Nach den Beratungen der Arbeitsgruppe bleibt die Frage offen, auf welcher Höhe das Rentenniveau stabilisiert werden soll. Die SPD hält dabei am aktuellen Rentenniveau von 48 Prozent fest, während die Union Klärungsbedarf auf politischer Ebene sieht.
Heizung
Beim umstrittenen Heizungsgesetz der Ampel zeichnet sich ein grundlegender Kurswechsel ab. Im Papier der Arbeitsgruppe Verkehr und Infrastruktur, Bauen und Wohnen heißt es: «Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen.» Union und SPD wollen ein neues Recht schaffen, das weg von einer kurzfristigen Energieeffizienzbetrachtung beim Einzelgebäude hin zu einer langfristigen Betrachtung der Emissionseffizienz führt. Dabei gehe es um die gesamte Energiebilanz vom Bau über den Betrieb eines Gebäudes. Ob das Gesetz tatsächlich abgeschafft wird oder ob es eher um eine Reform geht, ist in Verhandlungskreisen allerdings umstritten.
Bahnverkehr
Das Deutschlandticket im Nahverkehr soll langfristig gesichert werden. Ab 2027 aber soll laut Papier der Arbeitsgruppe der Anteil der Nutzerfinanzierung «schrittweise und sozialverträglich» erhöht werden – das bedeutet, es könnte ab 2027 eine erhebliche Preiserhöhung des Tickets geben, das derzeit 58 Euro im Monat kostet.
Bei der Bahn könnte die Luft eng werden für Konzernchef Richard Lutz – im Papier ist die Rede von einer «Neuaufstellung von Aufsichtsrat und Vorstand». Die Bahn steht seit langem wegen unpünktlicher Züge in der Kritik. Beim bundeseigenen Konzern soll es zudem zu Reformen kommen – aber innerhalb des «integrierten Konzerns». Es soll also keine Zerschlagung mit einer Trennung von Netz und Betrieb geben, wie es die Union gefordert hatte.
Auto- und Flugverkehr
Eine Strukturreform ist auch bei der bundeseigenen Autobahn GmbH geplant, die unter anderem für die Sanierung der vielen maroden Brücken zuständig ist. Außerdem soll geprüft werden, wie sich die Autobahn GmbH dauerhaft stabil finanzieren kann – das könnte den Weg bereiten für einen neuen Anlauf für eine Pkw-Maut. Offen ist, ob ein generelles Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen eingeführt wird – die SPD ist dafür, die Union dagegen.
In der Arbeitsgruppe herrschte Einigkeit darüber, die Ticketsteuer im Luftverkehr zu senken.