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Verfassungsbeschwerde gegen Soli: Große Herausforderung für die Bundesregierung

Eine Verfassungsbeschwerde gegen den Soli landet vor dem Bundesverfassungsgericht. Eine mögliche Streichung würde die Bundesregierung vor große Probleme stellen.

Das Bundesverfassungsgericht muss über den Solizuschlag entscheiden.
Foto: Sven Hoppe/dpa

Vor beinahe vier Jahren wurde der Solidaritätszuschlag von den meisten deutschen Arbeitnehmern aus ihren Gehaltsabrechnungen gestrichen. Allerdings werden Gutverdiener und Unternehmen weiterhin zur Kasse gebeten. Eine Verfassungsbeschwerde gegen den umstrittenen Soli, der zur Finanzierung der deutschen Einheit eingeführt wurde und seit Jahrzehnten besteht, wird nun vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verhandelt. Sollte das Gericht die Abgabe abschaffen, würde dies wahrscheinlich die nächste Bundesregierung vor eine weitere große Herausforderung stellen. Worüber entschieden wird:

Was ist der Solidaritätszuschlag?

Der Soli wird als Zuschlag auf die Einkommens- und Körperschaftsteuer sowie Kapitalerträge erhoben. Nachdem es bereits 1991/1992 einen zeitlich befristeten Vorläufer gegeben hatte, wurde der Zuschlag 1995 laut Bundesfinanzministerium «vor dem Hintergrund der anhaltenden Finanzierungslasten des Bundes im Zusammenhang mit der Herstellung der deutschen Einheit» unbefristet eingeführt. Das Geld ist aber – wie alle Steuereinnahmen – nicht zweckgebunden und fließt in den Bundeshaushalt.

Wer muss den Zuschlag zahlen?

Bis Ende 2020 mussten fast alle Bürgerinnen, Bürger und Betriebe in Ost und West den Solidaritätszuschlag zahlen. Seit 2021 müssen ihn nur noch Besserverdienende, Unternehmen und Kapitalanleger zahlen: für 90 Prozent der Steuerpflichtigen wurde er im Rahmen des «Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlag 1995» abgeschafft, für weitere 6,5 Prozent zumindest zum Teil. Dem Institut der deutschen Wirtschaft zufolge zahlten zuletzt noch rund sechs Millionen Menschen den Soli sowie etwa 600.000 Kapitalgesellschaften.

Wer klagt dagegen?

Am Dienstag wird in Karlsruhe über die Verfassungsbeschwerde von zwei ehemaligen und vier aktuellen FDP-Bundestagsabgeordneten verhandelt – darunter der Fraktionsvorsitzende Christian Dürr sowie die ehemaligen Finanzstaatssekretäre Florian Toncar und Katja Hessel. Nach der Entlassung von FDP-Chef Christian Lindner als Bundesfinanzminister sind Toncar und Hessel letzte Woche ebenfalls von ihren Ämtern zurückgetreten. Die FDP-Politiker haben Klage eingereicht, bevor die Liberalen in die Regierung eingetreten sind.

Warum klagen sie?

Die Beschwerdeführer argumentieren, dass der Solidaritätszuschlag mit dem Ende des Solidarpakts II Ende 2019 verfassungswidrig geworden sei. Sie bemängeln auch die ungleiche Behandlung von Einkommensbeziehern durch das Gesetz zur Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Ein Urteil wird in der Regel erst einige Monate später gefällt.

Was ist der Solidarpakt?

Der Solidarpakt war eine finanzielle Unterstützung des Bundes und der Länder für die ostdeutschen Bundesländer. Der Solidarpakt I wurde im Jahr 1995 eingeführt und vom Solidarpakt II im Jahr 2005 abgelöst. Der Pakt bestand aus zwei Teilen. Der erste Teil sollte die Infrastruktur in Ostdeutschland verbessern und die finanzielle Situation der Kommunen stärken. Im zweiten Teil wurde Geld für die Förderung der Wirtschaft bereitgestellt. Der Solidarpakt II endete im Jahr 2019.

Was sagten andere Gerichte dazu?

Es ist nicht das erste Mal, dass sich ein höchstes deutsches Gericht mit der Abgabe befasst hat. Der Bundesfinanzhof (BFH) in München hatte im Januar 2023 eine Klage gegen den Solidaritätszuschlag abgelehnt und ihn als verfassungskonform erklärt. Die Kläger – ein Ehepaar aus Aschaffenburg – hatten zusammen mit dem Bund der Steuerzahler die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gefordert. Laut BFH-Urteil habe der Bund aber überzeugend dargelegt, dass die Wiedervereinigung weiterhin erhöhten Finanzbedarf verursache, auch wenn die Solidarpakte zur Finanzierung der Einheitslasten ausgelaufen seien.

Welche Folgen könnte das Urteil haben?

Die Entscheidung der Richter in Karlsruhe könnte erhebliche Auswirkungen auf den Bundeshaushalt haben. Die Bundesregierung plant für das nächste Jahr Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag in Höhe von 12,75 Milliarden Euro fest ein. Wenn das Verfassungsgericht den Zuschlag aufheben sollte, würde das Defizit im Etat für 2025 deutlich steigen. Es könnte jedoch noch schlimmer kommen: Der Senat könnte entscheiden, dass der Staat die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag der vergangenen Jahre zurückzahlen muss. Das würde seit 2020 rund 65 Milliarden Euro ausmachen. Die nächsten Bundesregierung müsste sich dann wahrscheinlich mit den Konsequenzen auseinandersetzen.

Und was würde ein Soli-Wegfall für Unternehmen bedeuten?

Laut Experten des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) könnten Unternehmen in Deutschland durch die Abschaffung des Solidaritätszuschlags um etwa 65 Milliarden Euro entlastet werden. Wirtschaftsverbände fordern seit Jahren die Abschaffung dieser Abgabe.

dpa