Angebot beinhaltet aktive Einbindung der Linken als konstruktive Opposition und monatliches Gesprächsformat mit den Fraktionen.
Thüringens Koalitionäre machen der Linken Angebot für Ministerpräsidentenwahl
Die Koalitionspartner in Thüringen, CDU, BSW und SPD, nähern sich der Linken an, um zu verhindern, dass die Wahl des Ministerpräsidenten aufgrund möglicher AfD-Stimmen zur Zitterpartie wird. Zwei Tage vor der geplanten Wahl des CDU-Chefs Mario Voigt am Donnerstag im Landtag haben die Fraktionen der sogenannten Brombeer-Koalition der Linken in Erfurt ein Angebot gemacht. Der Hintergrund ist, dass CDU, BSW und SPD im Landtag nur 44 von 88 Sitzen haben.
«Pflichtenheft» für den Umgang miteinander
Bei dem Angebot gehe es um eine aktive Einbindung der Linken als konstruktive Opposition im Landtag – eine Art Regelwerk zwischen den drei Koalitionären und der Oppositionsfraktion, sagte Voigt in Erfurt. Er benutzte das Wort «Pflichtenheft», das der scheidende Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linken) geprägt hat für den künftigen parlamentarischen Umgang der vier Fraktionen.
Seit Wochen streiten die Linke und die Koalitionspartner über eine schriftliche Vereinbarung, die laut den Linken den Verzicht auf Mehrheiten mit der AfD beinhalten soll.
Hilfe bei Ministerpräsidentenwahl
Voigt sagte, dass die Koalition der Linken ein offizielles, monatliches Gesprächsformat mit den parlamentarischen Geschäftsführern der vier Fraktionen anbiete. Außerdem sei die Linke eingeladen, bei wichtigen Reformvorhaben ihre Ideen einzubringen, so Voigt nach einem Treffen mit Vertretern der vier Parteien in Erfurt.
Im Gegenzug werde erwartet, dass am Donnerstag der erste Wahlgang bei der Ministerpräsidentenwahl «vernünftig funktioniert» und zügig ein Haushalt aufgestellt und verabschiedet werden könne. Voigt bezeichnete dieses Angebot als «3-plus-1-Format» – Kernelemente seien die Ministerpräsidentenwahl, der Haushalt und Weichenstellung bei Reformen.
Thüringens SPD-Chef Georg Maier betonte, dass es sich bei dem Angebot nicht um einen Tolerierungsvertrag handelt. «Es ist nicht so, dass hier ein Vertragswerk unterschrieben wird.» Die CDU hatte bislang stets eine schriftliche Vereinbarung mit der Linken abgelehnt. Den Christdemokraten verbietet ein Unvereinbarkeitsbeschluss eine festgeschriebene Zusammenarbeit mit der Linken.
Linke zeigt sich offen
Der Thüringer Linke-Chef Christian Schaft sagte nach dem Treffen, die Brombeer-Parteien hätten sich auf die Linke zubewegt. «Wir bleiben jetzt im Gespräch, aber ich würde sagen, es ist möglich, dass eine Lösung gefunden werden kann.» Der Vorschlag solle an diesem Mittwoch in der Fraktionssitzung der Linken beraten werden, kündigte Schaft an.
Nach der Einladung zur Landtagssitzung tritt bei der Ministerpräsidentenwahl am 12. Dezember nur Voigt für die Brombeer-Koalition an, da er keinen Gegenkandidaten hat. Gemäß der Verfassung ist eine absolute Mehrheit von 45 Stimmen in den ersten beiden Wahlgängen für die Wahl des Regierungschefs erforderlich. Die drei Partner, die ihren Koalitionsvertrag an diesem Mittwoch unterzeichnen wollen, haben daher eine Stimme zu wenig.
Höcke-Kandidatur offen
Ob die AfD als stärkste Fraktion mit 32 Sitzen ihren Chef Björn Höcke im zweiten Wahlgang aufstellt, wird sich erst kurz vor der Wahl am Donnerstag entscheiden. Höcke hat dies nicht ausgeschlossen. Für den ersten Durchgang sind keine Bewerbungen mehr möglich, da eine 48-Stunden-Frist gilt. Seit Tagen wird in Thüringen darüber diskutiert, wie sich Voigt verhalten sollte, wenn er im ersten Wahlgang mit erkennbaren Stimmen der AfD gewählt werden sollte, die in Thüringen vom Landes-Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft wird.
Bisher hat Die Linke erklärt, dass es keine einzelnen Stimmen von ihr geben wird, sondern nur von den zwölf Abgeordneten gemeinsam. Im dritten Wahlgang reicht Voigt die relative Mehrheit, über die seine Koalition verfügt. Gewählt ist dann, wer die meisten Stimmen bekommt.
Landtagspräsident nennt Regeln für dritten Wahlgang
Seit Jahren wird in Thüringen über die Auslegung der Verfassung diskutiert, wenn es bei der Ministerpräsidentenwahl zu einem dritten Wahlgang mit nur einem Kandidaten kommt. Landtagspräsident Thadäus König hat sich nun auf eine Variante festgelegt. Er folge der Mehrheitsmeinung in der Rechtsliteratur und werde die Gegenstimmen bei einer konkurrenzlosen Kandidatur im dritten Wahlgang nicht berücksichtigen, sagte König in Erfurt. «Das bedeutet, der Wahlvorschlag ist angenommen, wenn eine oder mehrere Ja-Stimmen vorliegen.»