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Korruptionsskandal: Durchsuchung bei Selenskyjs Bürochef

Die Ukraine wird von einem beispiellosen Korruptionsskandal erschüttert. Nun gerät erstmals offiziell auch die rechte Hand von Präsident Selenskyj, sein Kanzleichef Jermak, ins Visier der Ermittler.

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Das Büro von Selenskyjs Bürochef Andrij Jermak ist durchsucht worden. (Archivbild)
Foto: Martial Trezzini/KEYSTONE/dpa

Die Anti-Korruptionsbehörden der Ukraine informierten am Morgen über eine Durchsuchung beim Leiter des Präsidentenbüros, Andrij Jermak. Die Maßnahmen gegen den Kanzleichef von Präsident Wolodymyr Selenskyj sind Teil laufender Ermittlungen, wie das Nationale Antikorruptionsbüro (NABU) und die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP) in Kiew mitteilten. Details sollen später bekannt gegeben werden. Das Land, das seit mehr als dreieinhalb Jahren gegen den russischen Angriffskrieg kämpft, wird von einem Schmiergeldskandal erschüttert, der bis in die Staatsführung reicht.

Jermak wird nicht nur als rechte Hand Selenskyjs angesehen, sondern auch als einer der einflussreichsten Männer im Land und wird oft als Strippenzieher und graue Eminenz bezeichnet. Er spielt auch eine zentrale Rolle bei den laufenden Verhandlungen mit den US-Amerikanern, um das Ende des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine zu erreichen.

Jermak leitet das ukrainische Verhandlungsteam bei den Friedensgesprächen. Seine Ernennung als Delegationsleiter letzte Woche sorgte für Überraschung bei politischen Beobachtern in Kiew, da er wie Selenskyj im Zusammenhang mit dem Korruptionsskandal in Erklärungsnot geraten war.

Zuletzt auch Ex-Verteidigungsminister vorgeladen

In dem Korruptionsskandal ist zuletzt auch Ex-Verteidigungsminister Rustem Umjerow von Korruptionsfahndern vorgeladen worden. Der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates gelte als Zeuge, meldete das Onlineportal «Ukrajinska Prawda» unter Berufung auf den Pressedienst der Behörde. Auch der 43-Jährige ist einer von Kiews Hauptunterhändlern bei den Gesprächen mit Kriegsgegner Russland und den USA.

Vor etwas mehr als zwei Wochen wurden von ukrainischen Korruptionsermittlern Informationen über Schmiergeldzahlungen in Millionenhöhe im Energiesektor veröffentlicht. Als Folge davon wurden Energieministerin Switlana Hryntschuk und ihr ehemaliger Vorgänger Herman Haluschtschenko, der mittlerweile als Justizminister tätig ist, entlassen. Es kam zu mehreren Festnahmen.

Affäre zieht Kreise bis zum Präsidenten

Der Hauptverdächtige und Vertraute von Präsident Selenskyj, Tymur Minditsch, floh aus dem Land. In der Verdachtsmitteilung des Nationalen Antikorruptionsbüros (NABU) gegen Minditsch hieß es, dieser habe unter anderem seine «freundschaftlichen Beziehungen zum Präsidenten der Ukraine» ausgenutzt, um sich zu bereichern. Die Ermittler hatten in dem Zusammenhang auch Korruption im Verteidigungssektor und Kontakte zwischen Minditsch und Umjerow beim Kauf von Schutzwesten für die Armee erwähnt. 

Umjerow hat erneut energisch bestritten, in die Schmiergeldaffäre verwickelt zu sein. Er war Verteidigungsminister von September 2023 bis Juli 2025.

dpa