Scholz, Merz, Habeck, Lindner: Die Sicherheitskonferenz ist auch ein Schaulaufen der Wahlkämpfer. Der Samstag ist ihr großer Tag.
Kräftemessen der Wahlkämpfer bei Sicherheitskonferenz
Heute ist es soweit: Bei der Münchner Sicherheitskonferenz treten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Oppositionsführer Friedrich Merz nacheinander auf der Hauptbühne des Hotels Bayerischer Hof auf. Alle drei sind die Kanzlerkandidaten ihrer Parteien für die Bundestagswahl am 23. Februar.
Alice Weidel, die Kanzlerkandidatin der AfD, wurde zwar auf der Sicherheitskonferenz nicht eingeladen, kam aber dennoch nach München. Dort traf sie am Freitag den US-Vizepräsidenten J.D. Vance. Auch der FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner hat seine Teilnahme in München angekündigt, wird jedoch nicht auf der Hauptbühne auftreten.
Die ebenfalls im Bundestag vertretenen Parteien AfD und BSW hatte Konferenzleiter Christoph Heusgen wie auch im Vorjahr und hatte den Ausschluss damit begründet, dass beide Parteien nicht dem Grundprinzip «Peace through dialogue, Frieden durch Dialog» der Konferenz entsprächen.
Vance trifft Weidel statt Scholz
J.D. Vance, der Stellvertreter von US-Präsident Donald Trump, hatte das in seiner Rede am Freitag scharf kritisiert. «Es gibt keinen Platz für Brandmauern», sagte er und warf europäischen Verbündeten die Gefährdung der Demokratie vor. «Die Demokratie beruht auf dem heiligen Grundsatz, dass die Stimme des Volkes zählt.» Entweder man halte dieses Prinzip aufrecht oder nicht.
Nach seiner Rede traf sich Vance demonstrativ mit AfD-Chefin Alice Weidel. Das bestätigte Weidels Sprecher Daniel Tapp der Deutschen Presse-Agentur am Abend. Seinen Angaben zufolge trafen sich die beiden im Hotel des US-Vizes kurze Zeit nach der Rede. Die Atmosphäre sei sehr entspannt und freundschaftlich gewesen. Inhaltlich sei es bei dem rund 30-minütigen Gespräch um den Krieg in der Ukraine gegangen und auch um das Thema «Brandmauer», das Vance in seiner Rede angesprochen hatte. Vance habe deutlich gemacht, dass er Sympathien für die AfD hege.
Vor seiner Rede in München traf Vance auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) und Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU). Ein Treffen mit Scholz fand nicht statt. Regierungssprecher Steffen Hebestreit erklärte, dass die beiden keinen passenden Termin gefunden hätten.
Scholz: «Das irritiert»
Es ist davon auszugehen, dass Scholz, Merz und Habeck bei ihren Auftritten auf die Einlassungen des US-Vizepräsidenten eingehen werden. Scholz sagte am Freitag in einer ersten Reaktion im Interview der Woche im Deutschlandfunk: «Was hier gesagt wurde, das irritiert und das darf auch nicht einfach wegkommentiert und kleingeredet werden.»
Scholz verteidigte zudem auch die deutsche «Brandmauer». «Wir brauchen eine Brandmauer», betonte er. In Deutschland müsse ganz klar sein, dass es mit extrem rechten Parteien wie der AfD keine Zusammenarbeit gebe. Auch sei es gut so, dass man Regeln habe, die zum Beispiel Symbole verbieten, die aus dem Faschismus stammen.
Merz redet über Unterstützung der Ukraine
Bei der Sicherheitskonferenz redet der Kanzler unter dem sehr allgemein gehaltenen Titel «Deutschland in der Welt». Merz nimmt an einer Diskussion zur Rolle Europas bei der Unterstützung der Ukraine teil und dürfte hier erneut Scholz und dessen Regierung ein zu zögerliches Verhalten vorwerfen. Gesprächspartner sind EU-Ratspräsident António Costa, der tschechische Präsident Petr Pavel sowie die Regierungschefs von Dänemark und Schweden, Mette Frederiksen und Ulf Kristersson. Angesichts der isolationistischen Trump-Politik will Merz mehr in eine eigenständige europäische Sicherheitsarchitektur investieren. Eine besser abgestimmte Rüstungsindustrie soll Europa unabhängiger vom großen transatlantischen Partner machen.
Es gibt einen signifikanten Unterschied zwischen Merz und Scholz in Bezug auf das Thema Taurus. Der Kanzler lehnt entschieden eine Lieferung des leistungsstarken deutschen Marschflugkörpers an die Ukraine ab. Er befürchtet, dass eine Lieferung Deutschland in einen Krieg verwickeln könnte. Der Unionsfraktionschef hingegen würde Taurus liefern – abgestimmt in der Europäischen Union.
Merz schlug am Freitag in einem Gespräch mit Vance vor, dass Gespräche zwischen den USA und Russland über einen Friedensprozess mit einem Waffenstillstand in der von Moskau überfallenen Ukraine beginnen sollten. Dies könne eine vertrauensbildende Maßnahme sein, schrieb der CDU-Chef auf der Online-Plattform X.
Habeck auch vor Ort
Bisher wurde der Wahlkampf von der aktuellen Wirtschaftskrise und dem Thema Migration geprägt. Die Außenpolitik spielte bisher eine untergeordnete Rolle. Auch der Kanzlerkandidat der Grünen, Wirtschaftsminister Robert Habeck, wird im Laufe des Tages an einer Diskussionsrunde teilnehmen – er spricht dort über die Auswirkungen von Handelskriegen auf den Frieden in Zeiten des Protektionismus unter anderem mit EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič, der kanadischen Außenministerin Mélanie Joly und dem republikanischen US-Politiker Jon M. Huntsman.
Stimmung schon vor der Konferenz auf Tiefpunkt
Trump hatte die Beziehungen zwischen den USA und Europa vor der Konferenz bereits stark belastet. Zuerst hat er die EU mit der Ankündigung von Strafzöllen auf Stahl und Aluminium verärgert. Danach hat er viele seiner Verbündeten durch ein kontroverses Telefonat mit Russlands Präsident Wladimir Putin und ein unkoordiniertes Verhandlungsangebot verärgert.
Deshalb wird es in der heutigen Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gehen, der zwischen Scholz und Merz spricht. Vance hatte das Thema in seiner Rede ausgelassen.