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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Selenskyj spricht bei einem Besuch im Westen des Landes ihm wichtige Themen an: zu wenig Unterstützung, Probleme der Wirtschaft, auch den Wiederaufbau. Überblick über die Ereignisse.

Ein Arbeiter beseitigt die Trümmer des DTEK-Kraftwerks, das von einer russischen Rakete getroffen wurde.
Foto: Evgeniy Maloletka/AP/dpa

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat einmal mehr die aus seiner Sicht mangelnde militärische Unterstützung des Westens im Abwehrkampf seines Landes gegen die russischen Invasionstruppen beklagt. «Leider verlangsamt sich ein Teil der Unterstützung, und wir müssen alles tun, was wir können, um unsere eigenen Fähigkeiten zu verbessern», sagte er am Freitag bei einem Treffen lokaler und regionaler Gebietskörperschaften in Tscherniwzi in der Westukraine.  Dennoch müsse alles getan werden, damit die Aufmerksamkeit der Welt auf die Ukraine gerichtet bleibe.

Aktuellstes Problemfeld der Ukraine sei gegenwärtig der Energiesektor, der im Visier ständiger schwerer russischer Angriffe steht und bereits unter großen Ausfällen in der Stromversorgung leidet. Zwar bemühe sich die Regierung in Kiew um einen weiteren Ausbau der Flugabwehr, doch sollten die einzelnen Gemeinden die Probleme im Auge behalten. «Wir müssen uns auf allen Ebenen auf die nächste Heizperiode vorbereiten – in den Gemeinden, bei den Behörden und in unseren Energieunternehmen», betonte Selenskyj.

Bei einem anschließenden Treffen mit ukrainischen Wirtschaftsvertretern sagte Selenskyj, dass die Rüstungsindustrie weiterhin oberste Priorität habe. «Es herrscht Krieg und wir müssen schneller sein als der Feind», sagte Selenskyj. «Aber die Wirtschaft, die Arbeitsplätze schafft, ist genauso wichtig.» Allerdings habe der Krieg, genauer gesagt die ständigen russischen Angriffe, zu einer Verlagerung der Unternehmen in die Regionen geführt. 

Selenskyj über Marshall-Plan für die Ukraine 

Selenskyj rechnet nach dem Krieg mit einer Art Marshall-Plan der USA und der EU für den Wiederaufbau der Ukraine. «Ja, solche Pläne gibt es», sagte er am Freitag im Gespräch mit Studenten der Universitäten in Tscherniwzi. Es werde zwar kein Marshall-Plan im eigentlichen Sinne sein, aber «etwas im Prinzip Ähnliches», sagte Selenskyj. «Wie auch immer, es geht um Wiederaufbau, neue Energien, neue Technologien und neue Wirtschaft», wurde der ukrainische Präsident von der Agentur Unian zitiert. Der Marshall-Plan war ein milliardenschweres wirtschaftliches Förderprogramm der USA für den Wiederaufbau Europas nach dem Zweiten Weltkrieg.

USA und Großbritannien blockieren Handel mit russischen Metallen

Die USA und Großbritannien haben ihr Einfuhrverbot für Metalle aus russischer Produktion erweitert. Laut dem US- und dem britischen Finanzministerium wird nach dem 13. April produziertes Aluminium, Kupfer und Nickel aus Russland nicht mehr an den beiden größten Metallbörsen der Welt in London und Chicago gehandelt. Dies bedeutet, dass die russischen Metallproduzenten von den Gewinnen der London Metal Exchange und der Chicago Mercantile Exchange ausgeschlossen werden und eine wichtige Einnahmequelle des Kremls zur Finanzierung seines Kriegs in der Ukraine geschmälert wird.

Die gemeinsame Aktion der beiden Länder basiert auf dem Verbot von Metallimporten und zielt auf russische Exporte von Aluminium, Kupfer und Nickel im Wert von 40 Milliarden Dollar ab, wie das britische Finanzministerium mitteilte. Metalle sind nach Energie das größte Exportgut Russlands. Metallbörsen spielen eine wichtige Rolle bei der Erleichterung des Handels mit Industriemetallen weltweit.

Russische Angriffe in der Ostukraine

Am Freitag gab die ukrainische Militärführung Berichte über neue schwere Kämpfe im Osten des Landes heraus. Der Generalstab teilte mit, dass allein in der Region um Bachmut 24 russische Angriffe abgewehrt wurden. In der Nähe von Awdijiwka gab es laut den Berichten 16 Angriffe von russischen Militärs. Insgesamt wurden an allen Frontabschnitten etwa 80 Gefechte und über 70 russische Luftangriffe verzeichnet. Die Angriffe konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Ukrainische Angriffe 

Laut örtlichen Behörden starben bei einem ukrainischen Angriff auf die von Russland besetzte Ortschaft Tokmak in der Südukraine am Freitag mindestens sechs Menschen, darunter ein Kind. Nach Angaben der russischen Staatsagentur Tass wurden bei dem Angriff auf ein Wohngebiet in Tokmak weitere 20 Menschen schwer verletzt. Diese Informationen konnten ebenfalls nicht unabhängig überprüft werden.

Ukrainische Truppen erhalten Ruhephasen vom Frontalltag

Trotz des massiven Drucks der russischen Streitkräfte auf die Frontlinien in der Ukraine haben die ukrainischen Militärs Wege gefunden, ihren Soldaten Möglichkeiten zur Entspannung zu bieten. «Die geplante Rotation der Einheiten, die seit Beginn der umfassenden Invasion in den Kampfgebieten im Einsatz sind, geht weiter», teilte der Generalstab in Kiew am Freitagabend auf Facebook mit. Es seien Möglichkeiten gefunden worden, abwechselnd Brigaden von den Fronten abzuziehen und ihnen Ruhepause zu gönnen.

Neu an die Fronten befohlene Einheiten seien mit Reservisten aufgefüllt und verstärkt worden. «Dieser Prozess wird fortgesetzt», hieß es. Viele ukrainische Soldaten hatten fast zwei Jahre ohne Pause an den Fronten gekämpft. Erst Anfang dieses Jahres war in Kiew beschlossen worden, viele der Frontkämpfer vorübergehend in die Reserve zu versetzen und die Streitkräfte mit der Einberufung neuer Rekruten zu verstärken.

dpa