Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Neue Waffenlieferungen für Ukraine: Russische Armee startet Großoffensive

Ukraine erhält Unterstützung aus dem Ausland, darunter 400 Millionen US-Dollar an Militärhilfe aus den USA.

Russland hat eine Offensive gegen Charkiw gestartet. Für die ukrainischen Einsatzkräfte wie diesen Feuerwehrmann gibt es viel zu tun.
Foto: Yevhen Titov/AP

Die russische Armee hat anscheinend im Mai mit der erwarteten Großoffensive begonnen, um die ostukrainische Millionenstadt Charkiw zu erobern. Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte in seiner Videoansprache, dass die Offensive nicht überraschend kam. Starke russische Kräfte griffen über die Landesgrenze hinweg an.

«Wir kennen die Stärke der Truppen des Besatzers und sehen ihren Plan», sagte er. «Unsere Soldaten, unsere Artillerie und unsere Drohnen reagieren auf die Besatzer.» In einem ersten Ansturm konnten die russischen Einheiten vier kleinere Dörfer unmittelbar hinter der Grenze erobern.

Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als zwei Jahren gegen den russischen Angriffskrieg. Um den jüngsten Großangriff erfolgreich abzuschlagen, benötige das Land nun Unterstützung aus dem Ausland. «Was wirklich hilft, sind die Waffen, die tatsächlich in die Ukraine gebracht werden, und nicht nur angekündigte Pakete», sagte Selenskyj.

Selenskyj dankt Biden für Hilfspaket

Der ukrainische Staatschef dankte US-Präsident Joe Biden für das neueste Hilfspaket der US-Regierung. Das Außenministerium in Washington teilte mit, das Paket habe einen Umfang von rund 400 Millionen US-Dollar (rund 371 Millionen Euro). Es beinhalte unter anderem Munition für das Luftabwehrsystem Patriot, weitere Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars mit Munition sowie Stinger-Flugabwehrraketen und Artilleriemunition mit den Kalibern 155 und 105 Millimeter. «Das ist es, was wir brauchen», sagte Selenskyj. Nunmehr müsse an der Logistik gearbeitet werden, um alle Waffen so schnell wie möglich an die Front zu bringen.

Der US-Kongress billigte Ende April milliardenschwere Hilfen für die Ukraine, nach einer monatelangen innenpolitischen Hängepartie, und ebnete somit den Weg für neue Waffenlieferungen. Das Gesetz sieht Hilfen in Höhe von etwa 61 Milliarden US-Dollar (57 Milliarden Euro) für Kiew vor.

Die US-Regierung hatte lange und energisch die Freigabe des Geldes vom Parlament gefordert. Die vorherigen US-Mittel für die Ukraine-Hilfe liefen Ende des vergangenen Jahres aus. Neue Unterstützung aus Washington blieb daher über Monate hinweg weitgehend aus, was dazu führte, dass die ukrainischen Truppen aufgrund von Munitionsmangel an einigen Frontabschnitten in die Defensive gedrängt wurden.

Nach der Freigabe neuer Mittel vor etwa zweieinhalb Wochen hat die US-Regierung bereits mehrere milliardenschwere Pakete mit neuer Militärausrüstung für die Ukraine auf den Weg gebracht. Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen das Land haben die Vereinigten Staaten nach Pentagon-Angaben militärische Hilfe in Höhe von rund 50,6 Milliarden US-Dollar (rund 47 Milliarden Euro) für Kiew bereitgestellt.

US-Regierung beobachtet russischen Angriff mit Sorge

Die US-Regierung beobachtet den neuen russischen Großangriff nahe der ukrainischen Millionenstadt Charkiw mit Sorge. «Wir haben damit gerechnet, dass Russland eine Offensive gegen Charkiw starten würde, und diese scheint nun begonnen zu haben», sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby. In den Monaten nach Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine vor über zwei Jahren habe Russlands Militär bereits verzweifelt versucht, die Stadt einzunehmen, was nicht gelungen sei.

«In der Tat war es vor allem das Scheitern der Einnahme Charkiws, das Herrn Putin dazu veranlasste, seine Truppen über die Grenze zurückzuziehen», sagte Kirby mit Blick auf den russischen Präsidenten. Das aktuelle Vorgehen des russischen Militärs dort sei daher «sehr interessant und sicherlich besorgniserregend».

Medwedew droht London und Paris mit Gegenangriffen

Der frühere russische Präsident und heutige Vize-Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, drohte Großbritannien und Frankreich mit drastischen Gegenschlägen im Falle ukrainischer Angriffe mit britischen oder französischen Marschflugkörpern. Derartige Angriffe auf russisches Gebiet würden nicht «von Idioten in bestickten Gewändern geleitet, sondern von Briten und Franzosen», schrieb Medwedew auf Telegram.

Mit den «bestickten Gewändern» spielte er auf die traditionelle Tracht der Ukrainer an. Die Antwort auf solche Angriffe werde «unter Umständen» nicht gegen Kiew gerichtet sein, drohte er. «Und das nicht nur mit konventionellem Sprengstoff, sondern auch mit Spezialmunition.» Dies sollten auch die «nicht vollständig ausgebildeten Idioten Seiner Königlichen Hoheit» verstehen, sagte der für polemische Äußerungen bekannte Politiker an Großbritannien gerichtet.

Cameron: «Die Ukraine hat dieses Recht»

Der britische Außenminister David Cameron hatte der Ukraine vor einigen Tagen bei seinem Besuch in Kiew erneut Unterstützung zugesichert. Der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge betonte er während seiner Reise, es liege an Kiew zu entscheiden, wie die Ukrainer gelieferte Waffen einsetzen. Russland habe die Ukraine angegriffen und die Ukraine habe das Recht zurückzuschlagen. Auf die Frage, ob dies Ziele in Russland einschließe, sagte er demnach: «Das ist eine Entscheidung für die Ukraine und die Ukraine hat dieses Recht.»

Das russische Außenministerium hatte bereits ebenfalls gegen diese Aussagen Camerons protestiert und mit Gegenschlägen gedroht. Sowohl Frankreich als auch Großbritannien unterstützen die Ukraine mit der Lieferung von Marschflugkörpern. Medwedew galt in seiner Amtszeit als russischer Präsident (2008 bis 2012) als moderater und liberaler Politiker. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine vor mehr als zwei Jahren vertritt er extreme Positionen.

dpa