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Krieg in Nahost tobt weiter – Hilfskonferenz für Libanon

Erneut erschüttern Luftangriffe Vororte von Libanons Hauptstadt. Bei einer Hilfskonferenz soll es in Paris um Unterstützung für die notleidende Bevölkerung gehen. Auch die Lage in Gaza ist dramatisch.

Israels Luftwaffe nimmt weiter Ziele im Libanon unter Beschuss.
Foto: Hussein Malla/AP/dpa

Wenige Stunden vor Beginn einer internationalen Hilfskonferenz für den Libanon in Paris wurden die südlichen Vororte der Hauptstadt Beirut erneut von schweren israelischen Luftangriffen getroffen. Laut dem libanesischen Gesundheitsministerium wurde mindestens eine Person getötet und fünf weitere, darunter ein Kind, verletzt. Die Hisbollah-Miliz hat ihrerseits Israel erneut beschossen. Die Armee teilte mit, dass etwa 135 Geschosse im Laufe des Tages auf den Norden Israels abgefeuert wurden. Auch in Tel Aviv gab es erneut Luftalarm, mit vier registrierten Geschossen, von denen einige abgefangen wurden und andere in offenem Gelände einschlugen. In der Küstenstadt Naharija wurde laut Rettungsdienst ein Verletzter durch Raketentrümmer gemeldet.

Libanon-Hilfskonferenz in Paris

Auf einer Hilfskonferenz für den Libanon in Paris heute geht es um Unterstützung für die notleidende Bevölkerung und den Aufbau eines funktionierenden Staatswesens. Deutschland wird dem vom Krieg und einer schweren Wirtschaftskrise erschütterten Land weitere 60 Millionen Euro an humanitärer Hilfe zur Verfügung stellen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte dies in einem Telefonat mit dem geschäftsführenden libanesischen Ministerpräsidenten Nadschib Mikati an, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit mitteilte. An der Konferenz in Paris wird Außenministerin Annalena Baerbock teilnehmen.

Nach ihrem Besuch in Beirut am Mittwoch warnte sie vor den weitreichenden Konsequenzen des Krieges zwischen Israel und der vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz für den Nahen Osten. Baerbock rief zu einer neuen diplomatischen Offensive auf. Es sei entscheidend, dass nun ein Einstieg in einen politischen Prozess gefunden werde, so hieß es nach dem Telefonat von Scholz und Mikati. Die Sicherheit der Menschen in Israel sowie die Souveränität des Libanon sollten die Ziele sein. Israel fordert, dass sich die Hisbollah gemäß der UN-Resolution 1701 etwa 30 Kilometer hinter den Litani-Fluss zurückzieht. Israel möchte, dass die Bewohner, die aus dem Norden des Landes geflohen sind, sicher zurückkehren können.

US-Außenminister setzt Nahost-Gespräche fort

Der Schlüssel zum Frieden liege in der vollen Umsetzung der UN-Resolution, sagte Baerbock in Beirut. Dabei komme auch Libanons Streitkräften eine wichtige Rolle zu. Bei der Libanon-Konferenz heute in Paris wolle sie «ausloten, wie wir auf diesem schwierigen Weg vorankommen können und zugleich dazu beitragen, das humanitäre Leid zu lindern». An der Konferenz sollen auf Ministerebene Partnerstaaten des Libanon, die UN, die Europäische Union sowie internationale, regionale und zivilgesellschaftliche Organisationen teilnehmen.

In der Zwischenzeit setzt US-Außenminister Antony Blinken seine Bemühungen um eine Deeskalation im Nahen Osten mit Gesprächen in Katar fort. Zuvor hatte er Berichte über eine mögliche dauerhafte Besetzung des nördlichen Gazastreifens durch Israel zurückgewiesen. Die israelische Regierung verfolge keine derartigen Pläne, sagte er in Tel Aviv. Israelische Menschenrechtsgruppen hatten vergangene Woche gewarnt, es gebe Anzeichen dafür, dass das Militär im Stillen beginne, den sogenannten «Plan der Generäle» oder Eiland-Plan umzusetzen, der die Zwangsumsiedlung der Zivilbevölkerung durch eine Verschärfung der Belagerung des nördlichen Gazastreifens und die Aushungerung der Bevölkerung vorsehe.

Guterres spricht von israelischer Belagerung im Norden Gazas

https://x.com/antonioguterres/status/1849185247121846418

UN-Generalsekretär António Guterres beklagte am Abend auf der Plattform X, den Menschen, «die unter der andauernden israelischen Belagerung im nördlichen Gazastreifen leiden», gingen rapide die Mittel zum Überleben aus. «Die Zivilbevölkerung muss geschützt werden und muss humanitäre Hilfe erhalten können. Das gebietet das humanitäre Völkerrecht», schrieb Guterres. Im Falle von Menschenrechtsverletzungen im nördlichen Gaza legte ein ranghoher ehemaliger israelischer Sicherheitsberater den dort eingesetzten Soldaten Befehlsverweigerung nahe. Eran Etzion warnte in einem BBC-Interview, das israelische Militär begehe im nördlichen Gazastreifen möglicherweise Kriegsverbrechen.

Derweil kam es zwischen der israelischen Armee und dem arabischen TV-Sender Al-Dschasira erneut zu einem Schlagabtausch über die Berichterstattung über den Gaza-Krieg. Die Armee teilte mit, sie habe in dem Küstenstreifen Unterlagen gefunden, denen zufolge sechs Journalisten des Senders zugleich Mitglieder der Hamas oder des Islamischen Dschihad seien. Al-Dschasira wies die Anschuldigungen zurück. Es seien «fabrizierte Anschuldigungen» und ein Versuch, die in Gaza verbliebenen Journalisten zum Schweigen zu bringen. Israel wolle das Kriegsgeschehen vor der Weltöffentlichkeit verbergen, hieß es. 

Erneut Angriffe im Libanon 

Die humanitäre Lage im Libanon hat sich laut den Vereinten Nationen durch die jüngsten Angriffe Israels dramatisch verschlechtert. Israels Armee hat im Süden des Landes laut libanesischen Sicherheitskreisen mehrere Orte fast vollständig zerstört. In den Vororten von Beirut liegen Wohngebiete Augenzeugen zufolge in Trümmern. Kampfflugzeuge griffen in den Abendstunden erneut mindestens zehnmal in den Vororten an, wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur vor Ort berichtete. Laut der libanesischen Nachrichtenagentur NNA wurde eine Wohnhausanlage in der Umgebung von Lailaki zerstört. Auch das Gebiet Al-Dschanah in der Nähe des internationalen Flughafens wurde getroffen.

Laut dem mit der Hisbollah verbundenen Fernsehsender Al-Majadin wurde auch ein Büro des Senders südlich von Beirut angegriffen. Al-Majadin berichtete auf seiner Website und in sozialen Medien über ein zerstörtes Stockwerk in einem Wohngebäude. Diese Informationen konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden. Es gab keine Berichte über Opfer. Gleichzeitig dringt die israelische Armee nach Angaben der Hisbollah weiter in den südlichen Libanon ein. Israels Bodentruppen versuchten, sich in der Nähe von Aitarun in libanesisches Gebiet vorzuarbeiten, teilte die Miliz mit. Die Kämpfer zwangen die Soldaten mit Maschinengewehren und Raketen zum Rückzug über die Grenze.

Menschenrechtler verurteilen Angriffe auf Hisbollah-Bank

Israels Armee bombardierte im Libanon nach eigenen Angaben auch Zweigstellen der Vereinigung Al-Kard al-Hassan, eine Art Bank der Hisbollah. Bei den Angriffen handelt es sich der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) zufolge um Kriegsverbrechen. «Dass eine bewaffnete Gruppe eine finanzielle Institution, Vereinigung oder Bank nutzt, bedeutet noch keinen wirksamen Beitrag zu militärischen Handlungen», teilte die HRW mit. «Deshalb ist es kein rechtmäßiges militärisches Ziel im Rahmen des Kriegsrechts», hieß es.

Der gegenwärtige Krieg begann vor einem Jahr mit Raketenangriffen der Hisbollah auf Israel – nach eigener Darstellung zur Unterstützung der Hamas, gegen die Israel im Gazastreifen seit dem Hamas-Terrorangriff in Israel am 7. Oktober 2023 Krieg führt. Seitdem beschießen sich Israel und die Hisbollah im Grenzgebiet. Im September weitete Israel seine Angriffe im Libanon – aus der Luft und dann auch am Boden – massiv aus. Mehr als 2.500 Menschen wurden getötet, Tausende verletzt und Hunderttausende vertrieben, die meisten davon im Libanon.

dpa