In einem bemerkenswerten Urteil wertet das Landgericht München I den Betrieb eines Telegram-Kanals als Betätigung in einer kriminellen Vereinigung: weil Zweck die Begehung von Straftaten gewesen sei.
Kriminelle Vereinigung per Telegram: Reichsbürger verurteilt
Über den Telegram-Kanal wurde ein sogenannter Reichsbürger dazu aufgefordert, seine Leser zu Telefon- und Mail-Bombardements gegen Behördenmitarbeiter zu veranlassen. Das Landgericht München I hat ihn nun zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die zuständige Strafkammer hat ihn für schuldig befunden, Mitglied einer kriminellen Vereinigung als Rädelsführer zu sein und einer Vielzahl anderer Straftaten schuldig zu sein, teilte das Gericht mit. Die Kammer folgte weitgehend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft.
Der Angeklagte sei Anhänger einer kruden Mischung von Verschwörungstheorien, die sich unter anderem an der sogenannten Reichsbürgerszene orientierten, hieß es in der Mitteilung des Gerichts. Ab dem Jahr 2021 habe er einen Telegram-Kanal betrieben, dem sich zahlreiche Abonnenten angeschlossen hätten. Dort habe er regelmäßig von aus seiner verqueren Sicht unzulässigen behördlichen Handlungen berichtet – und seine Leser aufgefordert, die entsprechenden Behörden zu «bombardieren» und mit Telefonaten und Mails «kaltzustellen».
Mitarbeiter wurden tatsächlich bedroht, beleidigt und Opfer von versuchten Nötigungen. Der Angeklagte hat auch selbst in Anrufen Mitarbeiter von Behörden oder Arztpraxen mit unflätigen Ausdrücken beleidigt.
Manche Behörden mussten zeitweise schließen
Es wurde in der Mitteilung des Gerichts angegeben, dass die Anrufe der Follower des Kanals zu erheblichen Einschränkungen geführt haben. Einige Behörden waren über mehrere Tage geschlossen. Einige Betroffene haben erhebliche psychische Beeinträchtigungen erlitten.
Es ist bemerkenswert, dass das Gericht den Betrieb des Telegram-Kanals als Aktivität in einer kriminellen Vereinigung gemäß dem Strafgesetzbuch bewertet hat. Die Einrichtung des Kanals basierte auf einer weltverschwörerischen Weltanschauung und bot den Mitgliedern die Möglichkeit, sich aktiv zu beteiligen. Der Zweck dieser Vereinigung war es, Straftaten gegen Behördenmitarbeiter zu begehen. Der Angeklagte agierte als Rädelsführer und nutzte den Kanal auch, um öffentlich zur Begehung von Straftaten aufzufordern. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.