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Krisendiplomat Jäger soll BND noch schlagkräftiger machen

Wachwechsel beim Bundesnachrichtendienst: Der bisherige Botschafter in der Ukraine, Martin Jäger, löst nach neun Jahren Bruno Kahl an der Spitze des Auslandsgeheimdienstes ab.

Der erfahrene Krisendiplomat Martin Jäger wird heute offiziell neuer Präsident des deutschen Auslandsgeheimdienstes BND.
Foto: Kay Nietfeld/dpa

Der erfahrene Krisendiplomat Martin Jäger soll den Bundesnachrichtendienst angesichts von Kriegen, Krisen und wachsender hybrider Bedrohung noch schlagkräftiger machen. «Unser Anspruch muss sein, dass wir auch nachrichtendienstlich das allerhöchste Niveau erreichen», sagte der Beauftragte der Bundesregierung für die Nachrichtendienste und Kanzleramtschef Thorsten Frei der Deutschen Presse-Agentur zum Führungswechsel an der Spitze des deutschen Auslandsnachrichtendienstes.

Jäger war zuletzt deutscher Botschafter in der Ukraine. Er löst zwei Tage nach seinem 61. Geburtstag bei einem festlichen Empfang in der BND-Zentrale mitten in Berlin offiziell Bruno Kahl als BND-Präsident ab. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) wird zu dem Festakt erwartet. Der 63 Jahre alte Kahl wechselt nach neun Jahren im Amt auf eigenen Wunsch als deutscher Vertreter an den Heiligen Stuhl in Rom.

Kanzleramt: BND muss operative Fähigkeiten steigern

Frei schrieb Jäger ins Auftragsbuch, den Dienst operativer zu machen. «Die Leistungsfähigkeit bemisst sich zuerst an der Fähigkeit zur Gewinnung relevanter geheimer Informationen.» Hierzu müsse der BND rechtlich und technisch in der Lage sein. Der Dienst müsse mit seinen Partnern im Inland, allen voran der Bundeswehr, aber auch den europäischen und internationalen Partnern noch intensiver als bisher zusammenarbeiten. «Dazu bedarf es einer weiteren Steigerung der operativen Fähigkeiten des BND», verlangte Frei.

Geheimdienstkontrolleur: Aufklärungsarbeit des BND stärken

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Gremiums zur Kontrolle der Nachrichtendienste, Marc Henrichmann, forderte eine Reform der Befugnisse des Geheimdienstes. «Der BND braucht unter Jäger, der sowohl politik- als auch krisenerprobt ist, bedrohungsangepasste Befugnisse, Personal und eine hochwertige technische Ausstattung, um unser Land wirksam vor Feinden schützen zu können», sagte der CDU-Politiker der dpa. Vor dem Hintergrund täglich wachsender Bedrohung und Eskalation durch Russland und China seien leistungsstarke Nachrichtendienste eine Lebensversicherung. 

Jäger habe als erfahrener Krisendiplomat, der in Afghanistan, Irak und zuletzt in Kiew tätig gewesen sei, die Aufgabe, den BND widerstandsfähiger zu machen und dessen nachrichtendienstliche Aufklärungsarbeit zu stärken. «Gerade in Zeiten stetig wachsender Bedrohung, mit mittlerweile regelmäßigen Spionage- und Sabotageaktionen, müssen wir top aufgestellt sein», sagte Henrichmann.

Grüne fordern Sicherheitsoffensive gegen hybride Bedrohungen

Die Bundestags-Grünen fordern zum Wachwechsel beim BND eine bessere Vernetzung der Sicherheitsbehörden von Landes-, Bundes- und Europaebene. «Eine echte Sicherheitsoffensive der Bundesregierung gegen hybride Bedrohungen steht aus und bleibt überfällig», sagte der stellvertretende Fraktionschef Konstantin von Notz der Deutschen Presse-Agentur. Nötig sei zudem ein aktuelles und einheitliches Gesamtlagebild. 

Es sei erfreulich, dass der Bundesnachrichtendienst mit Jäger einen erfahrenen und kompetenten neuen Präsidenten bekomme, lobte von Notz, der auch Vize-Vorsitzende des Geheimdienst-Kontrollgremiums des Bundestages ist. Die Nachrichtendienste stünden vor gewaltigen Herausforderungen. Hybride Angriffe aus Russland und anderen autoritären Staaten, Spionage, Sabotage und Desinformationen bedrohten Sicherheit und Freiheit. Eine adäquate Antwort der Bundesregierung müsse zwingend eine umfassende und zeitnahe Reform des Nachrichtendienstrechts beinhalten. «Mit ihr muss eine Stärkung der Dienste und der Kontrolle gleichermaßen kommen», verlangte er.

Kritiker: Operative Möglichkeiten des BND zu stark beschnitten

Im Gegensatz zu Partnerdiensten in den USA haben Kritiker bemängelt, dass die operativen Möglichkeiten des BND in letzter Zeit zu stark eingeschränkt wurden. Gleichzeitig wurde die Kontrolle durch den Bundestag verstärkt. Auf der anderen Seite gibt es Stimmen aus der Politik, die bemängeln, dass der BND in einigen Bereichen zu stark auf Informationen von befreundeten Diensten angewiesen ist.

Martin Jäger: Krisendiplomat mit Wirtschaftserfahrung

Der Jäger, gebürtig aus Ulm in Baden-Württemberg, absolvierte sein Studium der Völkerkunde und Politik in München, bevor er in den Auswärtigen Dienst eintrat. Zunächst begann er seine Karriere im Auswärtigen Amt in Bonn, wurde dann Referent im Kanzleramt und 2002 Referent an der Botschaft in Prag. Nach einer kurzen Zeit als stellvertretender Referatsleiter im Kanzleramt in Berlin war er von 2005 bis 2008 Sprecher des Auswärtigen Amts. Danach wechselte er bis 2013 als Leiter des Bereichs Außenbeziehungen zur Daimler AG.

Von 2013 bis 2014 war Jäger als Botschafter in Kabul tätig, danach leitete er bis 2016 den Leitungsstab unter dem damaligen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Nach seiner Zeit als Staatssekretär im baden-württembergischen Innenministerium (2016 bis 2018) und im Entwicklungsministerium (2018 bis 2021) war Jäger von 2021 bis 2023 als Botschafter in Bagdad tätig. Seit 2023 ist er Botschafter in Kiew.

dpa