Der Atomstreit mit dem Iran geht in eine neue Runde. Teheran verurteilt eine kritische Resolution der Internationalen Atomenergiebehörde – und kündigt im Gegenzug einen Ausbau der Urananreicherung an.
Kritik an Atom-Resolution: Iran will neue Zentrifugen bauen

In der Auseinandersetzung um das iranische Atomprogramm hat die internationale Aufsichtsbehörde IAEA den Druck erhöht und damit den Zorn der Führung in Teheran auf sich gezogen. Das iranische Außenministerium verurteilte eine kritische Resolution der Atomenergiebehörde, in der dem Iran mangelnde Kooperation vorgeworfen wird – und kündigte im Gegenzug die Einführung neuer Zentrifugen für eine schnellere Urananreicherung an. Da für den Bau von Atomsprengköpfen hoch angereichertes Uran benötigt wird, gibt es Befürchtungen, dass die Islamische Republik entgegen aller Beteuerungen nach Atomwaffen streben könnte.
«Diese politisch motivierte und destruktive Resolution sabotiert den Beginn der konstruktiven Zusammenarbeit Irans mit der IAEA», teilte das Teheraner Außenministerium in einer gemeinsamen Presseerklärung mit der iranischen Atomorganisation mit. Die Resolution sei lediglich ein Vorwand der westlichen Initiatoren, «ihre politisch illegitimen Ziele» gegen den Iran voranzutreiben. Als erste Gegenmaßnahme werde die iranische Atomorganisation «eine große Sammlung» neuer und moderner Zentrifugen einführen, um den Prozess der Urananreicherung zu beschleunigen.
Iran soll Fragen beantworten – und wenn nicht?
Der Gouverneursrat der IAEA hatte Behördenchef Rafael Grossi in seiner Resolution beauftragt, bis zum Frühling einen Bericht über ungeklärte Fragen zum iranischen Atomprogramm zu liefern. IAEA-Inspektoren fordern von Teheran seit Jahren schlüssige Erklärungen für Spuren, die auf geheime Atomanlagen und frühere Aktivitäten hinwiesen. Falls Teheran weiterhin keine Antworten liefere, könne Grossis Bericht als Grundlage dienen, um den UN-Sicherheitsrat einzuschalten, sagten westliche Diplomaten.
Obwohl der Gouverneursrat keine Zwangsmaßnahmen ergreifen kann, besteht die Möglichkeit für den Sicherheitsrat, neue Sanktionen zu verhängen. Leider ist das mächtigste Gremium der UN seit einiger Zeit politisch blockiert, da die Veto-Staaten USA, Russland und China gemeinsame Resolutionen verhindern. China und der Iran unterstützen Russland in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine, wobei der Iran die russische Armee mit Waffenlieferungen unterstützt.
Die IAEA-Resolution wurde von Deutschland, Großbritannien, Frankreich und den Vereinigten Staaten eingebracht. Insgesamt stimmten 19 Staaten im Gouverneursrat für den Text, 12 enthielten sich der Stimme. Russland, China und Burkina Faso lehnten ihn ab.
Vom Wiener Atomabkommen ist kaum etwas übrig
Grossi sagte, dass im Iran in der Vergangenheit nukleare Aktivitäten stattgefunden haben könnten. Es gebe jedoch Zweifel, ob das zuletzt wieder der Fall war. «Uns liegen keine Informationen vor, die das Vorhandensein von Kernmaterial bestätigen würden», sagte er.
Laut seiner offiziellen Doktrin strebt der Iran nicht nach Atomwaffen. Dennoch produziert das Land Uran, das fast waffenfähig ist – was insbesondere in Israel mit Misstrauen beobachtet wird, da beide Länder feindselig gesinnt sind und nur knapp 1.000 Kilometer voneinander entfernt liegen. Grossi führte in der vergangenen Woche Gespräche mit Präsident Massud Peseschkian und anderen Spitzenpolitikern in Teheran. Der Iran hat laut Grossi zugesagt, seinen Vorrat an hochangereichertem Uran nicht zu erhöhen.
Das Wiener Atomabkommen, das im Jahr 2015 geschlossen wurde, hatte zum Ziel, den Iran daran zu hindern, eine Atombombe zu bauen. Nach dem Rückzug der USA aus dem sorgfältig ausgehandelten Deal begann der Iran im Mai 2019 schrittweise, alle technischen Vorgaben des Abkommens zu ignorieren. Das Land begann mit einer erhöhten Urananreicherung, der Produktion von Uranmetall, der Verwendung schnellerer Zentrifugen und der Lagerung einer weit größeren Menge an Uran, als es der Atomdeal erlaubt.
Grossi warnt Israel vor Angriffen auf Atomanlagen
Nach dem iranischen Raketenangriff auf Israel am 1. Oktober reagierte das israelische Militär wenige Wochen später mit einem Gegenschlag. Am Montag berichtete der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Parlament, dass dabei eine Komponente des iranischen Atomprogramms beschädigt worden sei. Details nannte er nicht. Laut der US-Nachrichtenseite «Axios» wurde eine Anlage in Parchin zerstört. Die Anlage sei vor mehr als 20 Jahren Teil des geheimen iranischen Atomwaffenprogramms gewesen und zuletzt wieder aktiviert worden, hieß es in dem Bericht unter Berufung auf israelische und US-Beamte.
Grossi mahnte die Einhaltung von internationalem Recht an. Atomanlagen sollten nicht ins Visier genommen werden, sagte er am Rande einer IAEA-Tagung in Wien. Er hoffe, «dass die Vernunft siegt». Grossi kündigte zudem Gespräche mit der israelischen Regierung an.