Seit Jahren ringen Länder aus aller Welt um einen Vertrag, der chaotische Zustände wie bei der Corona-Pandemie verhindern soll. Nun gibt es einen Durchbruch – aber weitere Absprachen sind nötig.
Internationaler Pandemievertrag ist unterschriftsreif
Fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie haben sich viele Länder auf einen Pandemie-Vertrag geeinigt, der das gleiche Chaos wie während der früheren Krise verhindern soll. Nach über drei Jahren und zuletzt nächtelangen Diskussionen in Genf stimmten die Unterhändler einem Vertragstext zu. Dieser soll im Mai beim Jahrestreffen der 194 Mitglieder der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in der Schweiz verabschiedet werden.
Ohne die USA
Seit dem Regierungswechsel in Washington haben die Vereinigten Staaten nicht mehr an den Verhandlungen teilgenommen. Der neue Präsident Donald Trump hat den Austritt aus der WHO angeordnet, der im Januar 2026 in Kraft tritt. Der nun ausgehandelte Vertrag gilt jedoch nur für Länder, deren Parlamente ihn ratifiziert haben. Die WHO kann auch nach Inkrafttreten keine Lockdowns, Reisebeschränkungen oder Impfungen anordnen. Es werden 60 Ratifizierungen benötigt, was nach Expertenmeinung einige Jahre dauern könnte.
«Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Welt nach der Ratifizierung viel besser auf eine weitere Pandemie vorbereitet sein wird und diese besser und gerechter überstehen wird», sagte Gian-Luca Burci, Professor im Zentrum für globale Gesundheit der Genfer Universität Graduate Institute, der Deutschen Presse-Agentur. Was der Vertrag neu regelt:
Prävention
Die Länder verpflichten sich, ihre Gesundheitssysteme und die Überwachung des Tierreichs zu stärken, um Krankheitsausbrüche schnell zu erkennen und frühzeitig zu stoppen. Die Europäer legen großen Wert darauf, auch Antibiotika-Resistenzen zu bekämpfen.
Lieferketten
Im Falle einer Pandemie sollte das benötigte und gelieferte Material für alle Länder gleichermaßen verfügbar sein. Priorität sollte dem Gesundheitspersonal eingeräumt werden. In der Corona-Pandemie haben einige Länder Masken oder Impfstoffe gehortet und teilweise den Export verhindert. Während in wohlhabenden Ländern bereits die dritte Impfung verabreicht wurde, warteten Menschen in ärmeren Ländern noch auf ihre erste Dosis.
Forschung und Entwicklung
Es ist wichtig, dass wichtige Informationen wie die DNA-Sequenz von Krankheitserregern frei geteilt werden, um die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen zu ermöglichen. Im Gegenzug sollen Pharmaunternehmen der WHO zehn Prozent ihrer Produktion als Spende für ärmeren Ländern abgeben (Pabs-System). Zusätzliche Produktionskapazitäten sollten zumindest zu einem erschwinglichen Preis angeboten werden. Die genauen Modalitäten müssen noch verhandelt werden und sollen in einem Anhang zum Vertrag festgehalten werden.
Technologietransfer
Unternehmen sollten ihr Fachwissen für die Herstellung von Medikamenten und Impfstoffen teilen, um auch Produktionen in anderen Ländern zu ermöglichen. Den europäischen Unterhändlern war es wichtig, dass die Beteiligung der Unternehmen freiwillig bleibt.
Der Text hat viele schwammige Formulierungen. Verpflichtungen gelten etwa «je nach nationalen Gesetzen», bei Auflagen gibt es Einschränkungen wie «in gegenseitigem Einvernehmen». «Der Vertrag ist ein Anfang und kein Ende», sagt Burci dazu. Mit einem solchen Abkommen entwickele sich eine Dynamik, wie etwa beim 2005 in Kraft getreten WHO-Vertrag zur Tabakkontrolle. Zudem gebe es Druck, weil Länder bei Vertragsstaatenkonferenzen alle paar Jahre aufzeigen müssen, wie sie vorankommen.
Signal für Solidarität
Die medizinische Leiterin der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, Maria Guevara, lobte das Vertragswerk trotz Kompromissen und teils schwammiger Sprache. Sie betrachtet es als «starkes Signal der globalen Solidarität».