Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist seit Monaten katastrophal. Bringt eine neue Vereinbarung mit Israel Besserung? Die EU präsentiert nun vorsorglich das Inventar ihrer Daumenschrauben.
Lage in Gaza: EU baut Drohkulisse gegen Israel auf
Die EU bereitet sich darauf vor, Israel unter Druck zu setzen, falls die neuen Hilfsvereinbarungen für den Gazastreifen scheitern. Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel bestätigen, dass die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas den Mitgliedstaaten einen Katalog mit Maßnahmen übermittelt hat, die theoretisch gegen die israelische Regierung angewendet werden könnten. Dies beinhaltet das Aussetzen von Handelsvorteilen, ein Waffenembargo und die Blockade von Israels Zugang zum EU-Forschungsförderungsprogramm Horizon.
Des Weiteren könnten die Einreisebestimmungen für israelische Staatsbürger verschärft und Sanktionen gegen Politiker verhängt werden, die eine Verantwortung für die katastrophale humanitäre Situation im Gazastreifen tragen. Auch das Luftverkehrsabkommen zwischen der EU und Israel wird als mögliches Druckmittel genannt. Dieses Abkommen hat den Markt für Direktflüge zwischen Israel und der EU geöffnet.
Verstoß gegen den Grundsatz der Achtung der Menschenrechte
Kallas erhielt im Juni den Auftrag zur Erstellung des Katalogs mit möglichen Maßnahmen bei einem EU-Außenministertreffen. Zuvor hatten EU-Prüfer festgestellt, dass Israel mit seinem Vorgehen im Gazastreifen gegen den Grundsatz der Achtung der Menschenrechte verstößt. Dieser Grundsatz ist als Voraussetzung für eine enge Zusammenarbeit in einem seit 2000 geltenden Assoziierungsabkommen zwischen beiden Seiten festgelegt worden.
Israel wird hauptsächlich beschuldigt, in den letzten Monaten kaum noch Hilfsgüterlieferungen in den Gazastreifen zugelassen zu haben. Israel begründete dies damit, dass die islamistische Hamas von den Lieferungen profitiere.
Es soll nun am kommenden Dienstag bei einem Außenministertreffen in Brüssel auf politischer Spitzenebene über die Handlungsoptionen gesprochen werden. Angesichts der jüngsten Entwicklungen gilt es jedoch als sehr unwahrscheinlich, dass Entscheidungen getroffen werden.
Verbessert Deal mit Israel die Situation?
Israel hat am Donnerstag bestätigt, dass es einer Vereinbarung zur Verbesserung der Versorgung der bedürftigen Zivilbevölkerung im abgeriegelten Gazastreifen zugestimmt hat. Laut EU-Angaben beinhaltet dies unter anderem eine signifikante Erhöhung der täglichen Lebensmittel- und Hilfsgüterlieferungen per Lastwagen.
Die EU hat angekündigt, dass in den nächsten Tagen mehr Grenzübergänge zum Küstengebiet geöffnet werden und die jordanischen und ägyptischen Hilfsrouten wieder genutzt werden können. Es wird darauf geachtet, dass keine Hilfe an die Hamas umgeleitet wird.
Derzeit ist unklar, ob und welche Maßnahmen im Falle eines Scheiterns der Hilfsvereinbarung ergriffen werden könnten. Es ist wichtig zu beachten, dass einige Maßnahmen die einstimmige Zustimmung aller Mitgliedstaaten erfordern und Länder wie Deutschland Sanktionen gegen Israel äußerst kritisch betrachten. Handelsmaßnahmen könnten jedoch wahrscheinlich auch durch Mehrheitsentscheidung eingeleitet werden.