Washington droht mit Konsequenzen, falls die Situation im Gazastreifen nicht innerhalb von 30 Tagen verbessert wird.
US erhöht Druck auf Israel wegen Gaza-Krise
Angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen erhöht die US-Regierung den Druck auf ihren Verbündeten Israel: Sollte sich die Situation für die Menschen in dem abgeriegelten Küstenstreifen nicht innerhalb von 30 Tagen spürbar verbessern, drohe ein Verstoß gegen US-Gesetze zur militärischen Unterstützung, hieß es aus Washington. Das könnte auch die amerikanische Militärhilfe für Israel gefährden. Die jüngsten Bilder von einem Angriff der israelischen Streitkräfte auf ein Krankenhausgelände im Gazastreifen seien «entsetzlich», sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, John Kirby.
Das US-Außenministerium bestätigte Medienberichte über einen Brief, in dem US-Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin ihre «tiefe Besorgnis» über die humanitäre Lage in Gaza äußerten und «dringende und nachhaltige Maßnahmen» seitens der israelischen Regierung forderten. Welche konkreten Konsequenzen die US-Regierung ziehen könnte, sollte Israel der Aufforderung nicht nachkommen, war zunächst unklar. Es gehe nicht «um irgendwelche Drohungen», sagte der Sprecher des Außenministeriums, Matthew Miller, sondern um «Ergebnisse» für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen.
Etwa ein Jahr nach Beginn des Gaza-Kriegs ist die humanitäre Situation in der Region katastrophal. Laut palästinensischen Berichten sind bisher über 42.000 Menschen gestorben, die Mehrheit der Bevölkerung ist auf der Flucht. Die Infrastruktur ist weitgehend zerstört, es mangelt an Nahrungsmitteln und Medikamenten. Der Gaza-Krieg wurde durch den beispiellosen Angriff der islamistischen Hamas und ihrer Verbündeten am 7. Oktober des Vorjahres im Süden Israels ausgelöst. Mitglieder der Terrorgruppen und andere Bewaffnete haben mehr als 1.200 Menschen getötet und etwa 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Washingtons Doppelstrategie vor der Wahl: Unterstützung und Mahnung
In Anbetracht der weltweiten Empörung über die desolaten Zustände im Gazastreifen versucht die US-Regierung nun einen schwierigen Balanceakt: Einerseits betont Washington immer wieder sein sicherheitspolitisches Engagement und Israels Recht auf Selbstverteidigung. Israel erhält umfassende militärische und nachrichtendienstliche Unterstützung. Andererseits steht die US-Regierung unter innenpolitischem Druck. Kriegsgegner kritisieren das militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen scharf und fordern einen Stopp von US-Waffenlieferungen an das Land. Die Debatte über den Kurs der USA gegenüber Israel gewinnt auch vor der Präsidentschaftswahl am 5. November an Bedeutung. Die Frist, die Blinken und Austin in ihrem Schreiben gesetzt haben, endet nach dem Wahltag.
US-Regierung kritisiert israelische Angriffe in Beirut
Auch die jüngsten Angriffe des israelischen Militärs auf die libanesische Hauptstadt Beirut kritisierte die US-Regierung ungewöhnlich deutlich. «Wir haben Israel unmissverständlich mitgeteilt, dass wir ihre fast täglichen Angriffe in dicht besiedelten Gebieten in Beirut ablehnen», sagte Sicherheitsratssprecher Kirby. Israel habe zwar das Recht, «gezielte Einsätze» gegen die Infrastruktur der proiranischen Hisbollah-Miliz durchzuführen, müsse dabei aber auch sicherstellen, dass das Leben von Zivilisten, UN-Blauhelmsoldaten und libanesischen Streitkräften nicht gefährdet werde – wie es bereits geschehen sei.
US-Raketenabwehrsystem in Israel bald einsatzbereit
Trotz der harschen Kritik an der israelischen Kriegsführung im Gazastreifen und im Libanon unterstützen die Vereinigten Staaten ihren Verbündeten Israel weiterhin militärisch. So begannen die USA mit der Stationierung einer Batterie des Raketenabwehrsystems THAAD in Israel. Das «Terminal High-Altitude Area Defense» gehört zu den modernsten Raketenabwehrsystemen der Welt. Mit der Stationierung reagiert Washington auf die jüngsten Raketenangriffe aus dem Iran.
Israelischer Oppositionschef befürwortet Angriff auf Irans Ölfelder
In der Debatte über einen möglichen Vergeltungsschlag gegen den Iran spricht sich der israelische Oppositionsführer Jair Lapid dafür aus, bei dem geplanten Angriff die Ölfelder des Landes ins Visier zu nehmen. «Wir sollten mit den Ölfeldern beginnen», sagte er der «Jerusalem Post». Das würde der Wirtschaft der Islamischen Republik schaden, begründete er seine Forderung. Zuletzt war bekanntgeworden, dass sich Israel bei einem Schlag gegen den Iran auf militärische Einrichtungen konzentrieren und die Atom- und Ölanlagen verschonen will. Vor zwei Wochen hatten Irans Revolutionsgarden rund 200 ballistische Raketen auf den jüdischen Staat gefeuert. Israel kündigte daraufhin Vergeltung an. Laut Analysten könnte ein Angriff auf die Ölanlagen die Energiepreise in die Höhe treiben.