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Start der elektronischen Patientenakte in Deutschland

Karl Lauterbach betont Sicherheit und Vorteile der ePA vor Hackerangriffen. Pilotphase startet im Januar 2025.

Gesundheitsminister Lauterbach schwärmt von der elektronischen Patientenakte.
Foto: Rolf Vennenbernd/dpa-Pool/dpa

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat kurz vor dem Start der elektronischen Patientenakte (ePA) die Vorteile und insbesondere die Sicherheit betont. «Die Daten der Bürger sind sicher vor Hackern», sagte Lauterbach bei einer Präsentation der ePA in einer Arztpraxis in Köln mit Blick auf kürzliche geäußerte Warnungen von IT-Experten.

Ab dem 15. Januar 2025 wird die ePA in Nordrhein-Westfalen, Franken (Bayern) und Hamburg in einer vierwöchigen Pilotphase im Praxisbetrieb getestet. Erst nach Abschluss der Pilotphase werden die Praxen und Krankenhäuser außerhalb der Modellregionen angebunden und können die ePA dann mit Dokumenten füllen.

Laut Lauterbach soll diese nationale Verbindung zwischen Februar und April noch unter der Aufsicht der aktuellen Bundesregierung erfolgen. Es wird erwartet, dass mehr als 70 Millionen E-Akten beteiligt sind.

IT-Experten warnen vor Sicherheitslücken

Der Chaos Computer Club, eine Gruppe von digitalen Sicherheitsforschern, hat Ende Dezember darauf hingewiesen, dass die digitale Infrastruktur der ePA erhebliche Sicherheitslücken aufweist und daher gehackt werden könnte. Die IT-Spezialisten warnten davor, dass die Daten von über 70 Millionen Versicherten gefährdet sein könnten.

Die nationale Agentur für digitale Medizin «Gematik» teilte mit, diese Hinweise sehr ernst zu nehmen. Die skizzierten Angriffsszenarien seien zwar technisch möglich, in der Praxis aber unwahrscheinlich. Die technische Sicherheit werde fortlaufend geprüft. Lauterbach sagte dazu: «Die elektronische Patientenakte wird nicht ans Netz gehen, wenn es auch nur ein Restrisiko für einen großen Hackerangriff geben sollte.» Das sei aber nicht zu befürchten. 

Es gebe noch technische «Kleinigkeiten», die zu lösen sind, räumte er ein. Für die Pilotregion seien sie bereits gelöst und sollen nun auch bundesweit behoben werden. Dazu stehe man auch mit dem Chaos Computer Club sowie dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik in Kontakt. «Wir werden von diesem Bundesamt grünes Licht bekommen, wenn wir die Punkte umgesetzt haben, auf die wir uns jetzt geeinigt haben», sagte Lauterbach.

E-Akte soll «Zehntausenden» das Leben retten

«Die ePA bringt enorme Vorteile für den Patienten», sagte Lauterbach. Die Medikation sei deutlich sicherer. «Schon bei der Einführung werden wir Zehntausenden Menschen das Leben retten können.» Die Behandlung sei langfristig schlicht besser und komfortabler, weil die Ärzte alle Daten vorliegen hätten und die Behandlung so optimieren könnten.

Alle gesetzlich Versicherten sollen von ihrer Kasse eine E-Akte erhalten, es sei denn, sie lehnen dies ab. Es soll auch die Möglichkeit geben, eine einmal erstellte Akte nachträglich löschen zu lassen. Die E-Akte dient als digitaler Speicher für Befunde, Laborwerte und Angaben zu Medikamenten und begleitet die Patienten ein Leben lang.

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur starten die Patientenakten mit einer breiten grundsätzlichen Zustimmung. Fast vier von fünf Menschen (79 Prozent) halten sie für sehr sinnvoll oder eher sinnvoll.

E-Akte kann auch mit KI verbunden werden

Die ePA wird praktisch über eine Smartphone-App der jeweiligen Krankenkasse verwaltet. Versicherte können selbst Dokumente in der Akte ablegen, wie zum Beispiel Befunde oder alte Laborergebnisse einscannen und hochladen. Auch selbst geführte Tagebücher mit Blutdruckmessungen können erstellt werden. Beim Arztbesuch füllt dieser die Akte über seinen Praxis-Computer mit Befunden zu aktuellen Behandlungen.

Zusätzlich laden die Krankenkassen Informationen hoch, die zeigen, welche Leistungen abgerechnet wurden. Dadurch wird transparent, wann welcher Arzt aufgesucht wurde, welche Diagnose gestellt wurde und wann welches Medikament verschrieben wurde. Dies könnte auch bei Umzügen nützlich sein, da ein neuer Arzt Einblick in die Krankengeschichte des Patienten erhalten würde, inklusive Vorerkrankungen.

Patienten können Lauterbach zufolge die E-Akte später einmal auch in Verbindung mit künstlicher Intelligenz nutzen und sich beispielsweise Krankheitsbilder erläutern lassen oder über Diagnosen und Behandlungen informieren. «Das ist eine Art der Medizin, die man sicher bisher noch gar nicht vorstellen kann», betonte Lauterbach.

Dokumente können verborgen oder gelöscht werden

In der App haben Versicherte die Möglichkeit, selbst zu bestimmen, welches Dokument für wen sichtbar ist. Ein Dokument in der E-Akte wird entweder für alle freigegeben, die Zugriff über das Einstecken der Versichertenkarte haben, oder es wird nur für bestimmte Ärzte freigegeben oder als gesperrt markiert, sodass nur der Patient selbst es einsehen kann.

«Sie können jederzeit Inhalte einsehen, einfügen, löschen oder verbergen, Zugriffsrechte erteilen oder beschränken und Widersprüche einlegen», heißt es bei den Verbraucherzentralen.

Technikscheue Menschen können Vertrauensperson festlegen

Transparenz und eine erhöhte Informiertheit der Patienten werden oft als Vorteile genannt, da sie einen Überblick über ihre eigenen Gesundheitsdaten erhalten. Mithilfe dieser Daten könnte es auch einfacher werden, Zweitmeinungen einzuholen oder gezieltere Fragen an den Arzt zu stellen. Es wird auch darauf hingewiesen, dass Doppeluntersuchungen vermieden werden könnten.

Es wird kritisiert, dass ältere oder technisch weniger versierte Menschen möglicherweise abgeschreckt werden könnten, die Akte über eine Smartphone-App zu steuern. In einem solchen Fall können Betroffene eine vertrauenswürdige Person benennen, die sich um die technische Betreuung der Akte kümmert. Unabhängig davon wird die Akte, sofern nicht widersprochen wird, auch ohne eigenes Zutun erstellt und hauptsächlich von behandelnden Ärzten ausgefüllt.

dpa