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Le Pens Partei ruft zu frankreichweitem Protest auf

Nach dem Urteil gegen Le Pen rufen Frankreichs Rechtsnationale zu einer «friedlichen Volksmobilisierung» auf. Le Pen setzt auf eine schnelle Berufung, um doch bei der Präsidentschaftswahl anzutreten.

Le Pen geht gegen das Urteil in Berufung.
Foto: Thomas Samson/Pool via AP/dpa

Nach der kontroversen Verurteilung der rechtsextremen französischen Spitzenpolitikerin Marine Le Pen wegen der Veruntreuung öffentlicher EU-Gelder ruft ihre Partei zu einem landesweiten Protest auf. «Ich rufe zu einer friedlichen Volksmobilisierung auf», erklärte der Chef des Rassemblement National (RN), Jordan Bardella, am Abend. «Wir werden in den nächsten Wochen überall vor Ort sein. Denjenigen, die sich von der Demokratie abwenden wollen, werden wir zeigen, dass der Wille des Volkes am stärksten ist.» Derweil kündigte Le Pen an, Berufung gegen das Urteil einlegen zu wollen.

Laut einer Umfrage des Instituts Elabe für den Sender BFMTV halten die meisten Franzosen das Gerichtsurteil für gerecht. 42 Prozent der befragten Franzosen sind mit der Gerichtsentscheidung einverstanden, 29 Prozent nicht. Weitere 29 Prozent waren neutral.

Ein Pariser Gericht hat ein Verbot gegen Le Pen verhängt, das es ihr für fünf Jahre verbietet, an Wahlen teilzunehmen und ihre geplante Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2027 wahrscheinlich unmöglich macht. Diese Entscheidung hat international für Aufsehen gesorgt, da das Verbot sofort in Kraft tritt, noch bevor über Le Pens angekündigte Berufung entschieden wird.

Fußfessel für Le Pen

Das Gericht verurteilte die 56-Jährige am Montag zu zwei Jahren Haft mit elektronischer Fußfessel, wobei die genauen Details zur Ausgestaltung der Strafe unklar blieben. Zwei weitere Jahre Haft wurden zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem wurde eine Geldstrafe von 100.000 Euro verhängt. Diese Strafen werden erst vollstreckt, wenn das Urteil rechtskräftig ist.

Im Verfahren ging es um die Affäre um Scheinbeschäftigung von Assistenten durch mehrere französische Europaabgeordnete von Le Pens rechter Partei Rassemblement National (RN, früher Front National). Neben Le Pen wurden acht weitere Abgeordnete ihrer Partei im Europaparlament für schuldig befunden, ebenso wie zwölf parlamentarische Assistenten. Das Rassemblement National muss eine Million Euro Strafe zahlen.

Das Ergebnis des Prozesses ist für die rechte Partei und Le Pens politische Ambitionen ein Desaster. In Frankreich ist der vorübergehende Verlust des passiven Wahlrechts eine übliche Strafe, wenn Politiker wegen Korruption und Untreue verurteilt werden. Trotzdem ist es aufgrund der großen Beliebtheit von Le Pen heikel.

Die Frage am Tag nach dem Urteil wird insbesondere sein, wie Le Pens Partei sich nun positioniert und welche Schritte sie unternehmen wird. Neben dem Aufruf zu Protesten startete das Rassemblement National auch eine Petition gegen eine von ihr so bezeichnete «Diktatur der Richter», wie Medien berichteten. Die Homepage der Partei mit dem Link zu der Petition war aber über Stunden nicht zu erreichen – ob dies mit einem technischen Problem zusammenhing, war zunächst nicht bekannt.

Heizt Urteil politische Krise an?

Es war bereits absehbar, dass das Urteil potenziell die politische Krise in Frankreich wieder anheizen könnte. Viele Politiker verschiedener Parteien äußerten Bedenken darüber, dass Le Pen höchstwahrscheinlich durch ein Gerichtsurteil vom Zugang zur Präsidentschaftswahl ausgeschlossen wird. Laut Medienberichten soll auch Premierminister François Bayrou zu den Kritikern gehören.

Die Justizschelte der Rechtspopulisten – Le Pen sprach von einem politischen Urteil, was man eher in einem autoritären Regime erwarte – rief unterdessen die Sozialisten auf den Plan. Die Partei startete eine Petition zugunsten der Justiz als Stützpfeiler der Demokratie. «Die Sozialistische Partei möchte erneut bekräftigen, dass niemand über dem Gesetz steht, schon gar nicht diejenigen, die das höchste Amt im Staat anstreben», hieß es in einer Mitteilung.

Vorwurf der Einmischung der Justiz in die Politik

Marine Le Pen hatte sich in einem abendlichen TV-Interview kämpferisch gegeben und angekündigt, so schnell es geht Berufung einzulegen mit dem Ziel, möglicherweise doch noch rechtzeitig vor der Präsidentschaftswahl einen für sie günstigeren Berufungsentscheid zu erreichen. «Ich bin nicht bereit, mich so einfach einer Verweigerung der Demokratie zu unterwerfen», postete sie später bei X. «Kein Richter kann beschließen, sich in eine so wichtige Wahl wie die Präsidentschaftswahl einzumischen, noch dazu unter Verletzung der Rechtsstaatlichkeit.»

https://x.com/MLP_officiel/status/1906789341265047693

Jedoch scheint Le Pen auch zu erwägen, dass ihre vierte Kandidatur für das Präsidentenamt möglicherweise durch die Justiz blockiert wird und deutet an, dass sie bereit ist, ihren politischen Ziehsohn Bardella (29) als Kandidaten zu nominieren. Um die vertrauensvolle Beziehung zu betonen, veröffentlichte Bardella am Abend ein Foto, auf dem Le Pen und er sich fest umarmen.

Es ist unwahrscheinlich, dass ein Berufungsverfahren zu einem schnellen Ergebnis führt. Stattdessen wird wahrscheinlich ein langwieriger Prozess durch die Gerichtsinstanzen folgen. Le Pen kann jedoch bis zum Ende der Wahlperiode weiterhin als Abgeordnete im Parlament sitzen, wo sie Fraktionsvorsitzende ist.

US-Regierung besorgt

Über den Gerichtsentscheid gegen Le Pen zeigte sich die US-Regierung besorgt. «Wir müssen als Westen mehr tun, als nur über demokratische Werte zu reden. Wir müssen sie leben», sagte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Tammy Bruce, angesprochen auf das Urteil. Der Ausschluss von Menschen aus dem politischen Prozess sei besonders besorgniserregend.

US-Präsident Donald Trump verglich den befristeten Ausschluss von Le Pen bei Wahlen mit der Situation in den USA. «Das ist eine sehr große Sache. Ich weiß alles darüber», sagte er im Weißen Haus. «Ihr wurde für fünf Jahre verboten zu kandidieren und sie ist die Spitzenkandidatin. Das klingt nach diesem Land», sagte Trump. 

Trump scheint darauf anspielen zu wollen, dass Kläger in mehreren Bundesstaaten versuchten, seine Teilnahme an den parteiinternen Vorwahlen für die US-Präsidentschaftswahl zu verhindern. Der Hintergrund der Auseinandersetzung war der beispiellose Angriff auf den US-Parlamentssitz am 6. Januar 2021. Damals hatten Anhänger Trumps gewaltsam das Kapitol in Washington gestürmt. Das Oberste US-Gericht entschied schließlich, dass Trump an den Vorwahlen seiner Partei teilnehmen kann. Der Republikaner wurde zum Kandidaten seiner Partei gewählt und gewann anschließend die Präsidentschaftswahl im November.

Rassemblement National so stark wie nie

Die rechtsnationale Partei in Frankreich befindet sich in einem schwierigen Moment aufgrund des Debakels vor Gericht. Trotzdem ist sie seit einiger Zeit konstant auf dem Vormarsch und im Parlament so stark vertreten wie nie zuvor. Die rechtsextreme Front National, die von ihrem verstorbenen Vater Jean-Marie gegründet wurde, wurde von Marine Le Pen 2018 in Rassemblement National umbenannt. Sie verzichtete auf zu radikale Positionen, um auch in breiteren Bevölkerungsschichten wählbar zu sein. Le Pen hat bereits dreimal für das Präsidentenamt kandidiert und kam bei den letzten beiden Wahlen bis in die Stichwahl.

dpa