Es gebe mittlerweile zu viele Abiturienten mit Einser-Abitur, mahnt der Deutsche Lehrerverband. Auch aus der Union kommt Kritik. Doch lässt sich die beklagte «Noteninflation» anhand von Daten belegen?
Lehrerverband beklagt «Flut» an Einser-Abis
Der Deutsche Lehrerverband warnt vor einer Entwertung des Abiturs durch zu viele Absolventen mit Einser-Schnitt. «Es gibt eine Flut an Einser-Abis», sagte Verbandspräsident Stefan Düll der «Rheinischen Post». Zwar sei das Abitur «nichts, was einem hintergeworfen wird». Dennoch dürfe an der Qualität nicht weiter herumgedoktert werden, sagte Düll.
Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß sagte der Zeitung: «Das Abitur wird immer stärker entwertet, wenn immer mehr Schüler Jahr für Jahr bessere Zensuren bekommen.» In Deutschland gebe es eine «Noteninflation», die gestoppt werden müsse.
Daten zu Abitur in Deutschland zeigen keine eindeutige Tendenz
Es war zunächst unklar, auf welche Daten oder Entwicklungen sich der Lehrerverband und die Union genau bezogen. Nach Recherchen der dpa ergibt sich aus der Abitur-Statistik der Kultusministerkonferenz bis 2024 jedenfalls keine klare Tendenz zu mehr Abiturabschlüssen zwischen 1,0 und 1,9 in den letzten fünf Jahren.
Im Jahr 2021 und 2022 lag die Quote derjenigen, die einen solchen Abschluss schafften, in Bayern mit über 35 Prozent noch höher als in den Folgejahren. Im Vergleich dazu erreichten 2023 und 2024 nur etwa 30 Prozent der Schüler diesen Schnitt. Die Abitur-Daten für das Jahr 2025 liegen noch nicht in allen Bundesländern vor.
Auch große Länderunterschiede bei Spitzenabitur von 1,0
Laut dem sächsischen Kultusministerium haben in diesem Jahr weniger Abiturienten den Spitzenabitur von 1,0 erreicht. Im Jahr 2024 haben insgesamt 402 Schülerinnen und Schüler den Bestschnitt erreicht, während es dieses Jahr nur 353 waren.
In Hessen wird berichtet, dass in diesem Jahr 5,1 Prozent der Abiturienten einen Abitur-Schnitt von 1,0 erreicht haben. Im Jahr 2020 waren es hingegen 2,9 Prozent. Auch in den Jahren 2021 bis 2024 gab es einen Anstieg, wobei jeweils mehr als vier Prozent erreicht wurden.