Das Scholz-Kabinett beschließt Rentenerhöhung, emotionale Abschiedsstimmung fehlt. Minister gehen verschiedene Wege, einige bleiben, andere treten aus.
Letzte Kabinettssitzung von Scholz, Merz als neuer Kanzler geplant
Das Bundeskabinett des geschäftsführenden Kanzlers Olaf Scholz traf sich in Berlin zu seiner voraussichtlich letzten Sitzung. Es handelte sich um das 131. Treffen in dreieinhalb Jahren – nach dem Ampel-Aus waren nur noch SPD- und Grünen-Minister am Kabinettstisch vertreten. Am kommenden Dienstag ist im Bundestag die Wahl von CDU-Chef Friedrich Merz zum neuen Bundeskanzler geplant. Einen Tag zuvor soll Scholz mit einem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr verabschiedet werden.
Kabinettssitzungen finden normalerweise jeden Mittwoch im Bundeskanzleramt statt. Dort bringen Kanzler, Ministerinnen und Minister gemeinsame Gesetzesvorlagen oder Verordnungen ein, über die anschließend im Bundestag und Bundesrat diskutiert und abgestimmt wird.
Diesmal war die Tagesordnung klar strukturiert. Die rot-grüne Minderheitsregierung genehmigte die bereits angekündigte Rentenerhöhung zum 1. Juli um 3,74 Prozent.
Händeschütteln und Umarmungsszenen – Habeck fehlt
Ein Journalist der dpa berichtete von Händeschütteln und einigen Umarmungsszenen im Kabinettsaal, jedoch war keine emotionale Abschiedsstimmung zu Beginn der Sitzung zu spüren – Reporter dürfen vor Kabinettssitzungen für wenige Minuten Auftaktbilder machen.
Laut einer Sprecherin der Grünen-Fraktion war der bisherige Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) aufgrund von Krankheit nicht anwesend. Scholz habe einen fröhlichen und gelösten Eindruck gemacht.
Das Scholz-Kabinett traf sich bereits am 25. März zu einem Abschiedsessen, dem Tag, an dem der neu gewählte Bundestag erstmals zusammenkam. Seitdem war die Regierung nur noch geschäftsführend im Amt.
Scholz zu Abschiedsessen mit Macron in Paris
Am Abend war für den scheidenden Kanzler ein weiterer Abschiedstermin geplant: Er sollte mit seiner Frau Britta Ernst nach Paris gehen, um mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dessen Frau zu Abend zu essen.
Scholz wird weiterhin dem Bundestag angehören und hat angekündigt, dass er sein Direktmandat, das er in Potsdam gewonnen hat, nicht vorzeitig abgeben wird. Seine bisherigen Ministerinnen und Minister gehen verschiedene Wege:
Mindestens einer bleibt im Kabinett
– Ein Mitglied der neuen Regierung wird definitiv Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sein, der seit vielen Monaten als beliebtester Politiker Deutschlands gilt.
Es ist wahrscheinlich, dass SPD-Chef Lars Klingbeil Finanzminister Jörg Kukies (SPD) ablösen wird. Während eines Besuchs in Washington führte Kukies kürzlich zahlreiche Gespräche, die darauf hindeuten, dass es ihn zurück in die Wirtschaft zieht.
– Aufgrund ihrer Herkunft aus Niedersachsen dürfte es aufgrund des Regionalproporzes keinen Platz mehr im Kabinett für einen dritten Niedersachsen geben. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wird daher wahrscheinlich ausscheiden, wird aber als Fraktionschef gehandelt.
– Karl Lauterbach (SPD), 62 Jahre alt, hätte sich gewünscht, als Gesundheitsminister verlängert zu werden, aber das Ressort geht an die CDU. Er behält sein Direktmandat im Bundestag, das er seit 20 Jahren innehat.
Bauministerin Klara Geywitz, Innenministerin Nancy Faeser und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (alle SPD) haben noch die Möglichkeit, im Kabinett zu bleiben. Die größten Chancen hat Schulze, die geringsten Geywitz.
Alle Grünen müssen sich etwas Neues suchen
– Alle Ministerinnen und Minister der Grünen haben im Kabinett Schluss gemacht. Es ist unklar, ob Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck im Bundestag bleiben will. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagte kürzlich zu Medienberichten über einen geplanten Ausstieg vor der Sommerpause, dass dies nicht abgesprochen sei.
– Annalena Baerbock, die Außenministerin der Grünen, reist zuerst nach New York und übernimmt dort das Amt der Präsidentin der UN-Generalversammlung. Die Entscheidung ist kontrovers, da eine Spitzen-Diplomatin für sie Platz machen musste.
Agrar- und Übergangsbildungsminister Cem Özdemir packt seine Koffer. Der Grünen-Politiker kehrt nach Baden-Württemberg zurück und bewirbt sich dort um das Amt des Ministerpräsidenten. Die Landtagswahl findet im nächsten Jahr statt.
Die Familienministerin Lisa Paus (Grüne) wird laut Angaben ihres Büros zukünftig als Bundestagsabgeordnete ihre Schwerpunkte auf die Themen Arbeit und Soziales sowie Haushalt legen.
Wissing wird wohl wieder Rechtsanwalt
– Es wird erwartet, dass Bundesverkehrsminister Volker Wissing vorübergehend aus der Politik ausscheidet. Es wird erwartet, dass er wieder als Rechtsanwalt arbeitet. Nach dem Bruch der Ampel-Koalition trat Wissing aus der FDP aus, blieb jedoch Minister und übernahm auch das Justizressort.