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Thüringer BSW-Parteispitze entschieden, Machtkampf zwischen Wolf und Wirsing, demokratische Wahl in Gera.

Neuer Co-Vorsitzender Gernot Süßmuth, BSW-Generalsekretär Leye fordert Vertrauensgewinn und kritische Regierungsarbeit. Einfluss auf fragile Koalition verhindert.

Katja Wolf setzte sich in einer Kampfkandidatur um den Thüringer Parteivorsitz durch
Foto: Jacob Schröter/dpa

Der langwierige Machtkampf um die Besetzung der Thüringer BSW-Parteispitze ist vorbei: Katja Wolf, Thüringens stellvertretende Ministerpräsidentin und Gesicht der einzigen Brombeer-Koalition Deutschlands mit CDU und SPD, bleibt Landeschefin. Die 49-Jährige siegte bei einem Parteitag in Gera in einer Kampfabstimmung gegen die von Parteigründerin Sahra Wagenknecht unterstützte Landtagsabgeordnete Anke Wirsing.

Wagenknecht hatte kurz vor dem Parteitag in einem Brief an die Mitglieder eine «Neuaufstellung des Landesvorstandes» und die Trennung von Regierungs- und Parteiamt verlangt – und damit Front gegen Wolf gemacht. 

Wolf deutlich vor Wagenknechts Kandidatin 

Seit der Regierungsbeteiligung der BSW in Thüringen und der Diskussion über eine Friedens-Präambel zum Koalitionsvertrag liegt Wagenknecht mit ihr im Clinch. Der Vorwurf lautet: Sie schwächt die Positionen der BSW. Wolfs pragmatischer Politikstil, der nach einem der bisher größten Wahlerfolge der BSW im vergangenen Herbst mit 15,8 Prozent eine Regierungsbeteiligung der jungen Partei ermöglichte, wird auch von einigen Thüringer Mitgliedern kritisiert.

Ihr gehe es darum, «in der Regierung BSW-Positionen durchzudrücken» und «Menschen zurückzugewinnen, die das Vertrauen in die Politik verloren haben», sagte Wolf in ihrer Bewerbungsrede. Die ehemalige Oberbürgermeisterin von Eisenach erhielt bei der Abstimmung in Gera 61 Stimmen. Die bisher in der Landespolitik kaum in Erscheinung getretene Wirsing, die sich als Wagenknecht-Anhängerin versteht, bekam 35 Stimmen. Die Thüringer BSW-Mitglieder diskutierten in Gera über eine Ämtertrennung in der Zukunft – über entsprechende Anträge wurde aber nicht abgestimmt. 

Die Führungsspitze der Thüringer Partei bestand bisher aus zwei Regierungsmitgliedern, wobei Wolf Finanzministerin ist. Der Co-Vorsitzende Steffen Schütz, der Infrastrukturminister ist, hat sich bei der Neuwahl nicht zur Verfügung gestellt. Als eine Art Kompromissangebot hat er seinen Platz freigemacht für einen Vertreter der Basis. Der neue Co-Vorsitzende ist der Musiker Gernot Süßmuth. Der 62-jährige Konzertmeister der Staatskapelle Weimar erhielt 63 Stimmen.

Generalsekretär: «Tischtuch nicht zerschnitten»

BSW-Generalsekretär Christian Leye sagte nach der Entscheidung für Wolf der Deutschen Presse-Agentur: «Wir hätten eine andere Entscheidung schlauer gefunden.» Wagenknecht und ihm sei es darum gegangen, dass in Thüringen eine Trennung von Regierungs- und Parteiamt erfolge. Aber: «Das Tischtuch ist mit der Thüringer Entscheidung nicht zerschnitten. Wir waren und sind im Gespräch», so Leye. Die Entscheidung für Wolf sei demokratisch gefallen.

Laut Leye ist es nun an der Zeit für den neuen Thüringer Landesvorstand, zu handeln und zu demonstrieren, dass er das Vertrauen potenzieller Wähler zurückgewinnt, den Parteiaufbau vorantreibt und die Regierungsarbeit kritisch begleitet.

Die Thüringer Koalitionspartner verfolgten auch mit Interesse die Entscheidung über die BSW-Spitze. Eine Wahl von Wirsing, die sich als Wagenknecht-Anhängerin bezeichnet, hätte möglicherweise Auswirkungen auf die fragile Regierungskoalition gehabt. Im Landtag verfügt sie über keine eigene Mehrheit, da sie nur 44 von 88 Stimmen hat.

Kritik am Agieren des Bundesvorstands

Leye sagte in seiner Parteitagsrede, BSW-Wähler auch außerhalb Thüringens hätten einen kritischen Blick auf die Thüringer Regierungsbeteiligung. «Ihr tragt eine besondere Verantwortung für unsere Gesamtpartei.» Der Bundesvorstand stelle die Regierungsbeteiligung des BSW nicht infrage. «Es platzt keine Regierung in Thüringen, unabhängig vom Ausgang der Vorstandswahl.» Leye kündigte an, dass künftig Mitglieder schneller aufgenommen werden sollen. Thüringen drängt darauf, die Zuständigkeit dafür den Landesverbänden zu geben. 

Thüringens bisheriger Co-Landeschef Schütz kritisierte das Agieren des Bundesvorstands. Wenn nur er wisse, «was gut und richtig ist, wirkt das abschreckend». Er bezeichnete es als Ohrfeige, als falsch und unfair, den Thüringer Landesverband für den Misserfolg bei der Bundestagswahl mitverantwortlich zu machen. Einige Parteimitglieder hielten nach seiner Rede ein Banner mit der Aufschrift «Willkommen im FREIstaat» hoch.

dpa