Der Militärgeheimdienst MAD stellt mehr Spionage und Sabotage fest, bearbeitet aber auch wieder mehr Fälle von Extremismus. Gewarnt wird vor «letalen Operationen» russischer Spezialkräfte.
MAD-Report: Mehr Bedrohung durch Spionage und Extremismus

Abwehr an mehreren Fronten: Der Militärische Abschirmdienst (MAD) sieht eine weiter zunehmende Bedrohung durch Spionage und Sabotage. Diese sei «so präsent wie nie», stellt der Militärgeheimdienst in seinem neuen Jahresbericht fest. Ausländische Nachrichtendienste nutzten alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel, um Informationen zu erlangen, Einfluss auszuüben, Desinformation zu betreiben und die Interessen ihres Landes zu verfolgen.
«Auch vor Tötungsmaßnahmen oder Entführungen scheuen einige ausländische Nachrichtendienste nicht zurück», warnt der MAD. Der Geheimdienst führt seit April 2024 eine interne Untersuchung mit dem erklärten Ziel einer strukturellen Stärkung durch. Unter dem zusätzlichen Aufgabenspektrum wird in dem Report auch «die Identifizierung und Abwehr von Spezialkräften der russischen Nachrichtendienste auch für letale Operationen» genannt.
Die Aktivitäten ausländischer Geheimdienste beruhen im Wesentlichen auf drei Säulen: Informationsbeschaffung, Einflussnahme und Vorbereitung sowie Durchführung von Sabotage, wobei die Bundeswehr zu den am stärksten gefährdeten Institutionen Deutschlands zählt.
Russland strebt nach Vorteil auf dem Gefechtsfeld
Sogenannte hybride Maßnahmen haben sich demnach zu einem dauerhaft festzustellenden Phänomen entwickelt. Hauptakteure der gegen die Bundeswehr gerichteten nachrichtendienstlichen Angriffe seien Russland und China. Dabei stehen Russlands Nachrichtendienste «unter hohem Erfolgsdruck» und hätten erhebliches Interesse an Informationen, die einen taktischen Vorteil auf dem Gefechtsfeld bedeuteten.
Zu diesen Informationen gehören auch Angaben über die Reichweiten und Effektivität von Waffensystemen sowie die Anzahl und Standorte von Waffensystemen oder Daten, die es später ermöglichen, ein Waffensystem auf dem Schlachtfeld zu lokalisieren.
«Die Spionageabwehr des BAMAD verzeichnet einen Höchststand an verdächtigen Vorfällen seit Jahren», schreibt MAD-Präsidentin Martina Rosenberg in dem Bericht. Sie verweist auf Napoleon und den ihm zugeschriebenen Satz: Ein Spion ersetze 20.000 Mann an der Front.
«Wenn man den Schaden, den bereits eine einzelne Person anrichten kann, sieht, ist dies mehr als zutreffend. Spionage muss auch heute wieder als Vorbereitungshandlung auf mögliche militärische Auseinandersetzungen gesehen werden», so Rosenberg. Es gehe um Informationen über Truppenstärke, Waffensysteme, Befehls- und Kommandostrukturen und Stationierungsentscheidungen.
Extremismus gibt wieder mehr Anlass zur Sorge
Der MAD verzeichnete im Jahr 2024 zum zweiten Mal in Folge einen Anstieg der Gesamtzahl an Personen, die mit Verdacht auf Extremismus – vor allem Rechtsextremismus – bearbeitet werden. Für das Jahr 2024 ist ein Anstieg der Neuaufnahmen der Fallbearbeitungen auf 524 (302 Abwehroperationen und 222 Prüfoperationen) gegenüber 483 im Jahr 2023 zu verzeichnen.
Im Bereich des Rechtsextremismus wurden 413 Fallbearbeitungen (216 Abwehroperationen und 197 Prüfoperationen) neu aufgenommen (2023: 308), was einem Anstieg um 34 Prozent entspricht. Im Jahr 2024 hat der MAD im Bereich des Rechtsextremismus 11 (2023: 5) Extremisten sowie 26 (2023: 28) Personen mit belastbaren Erkenntnissen festgestellt, die den Verdacht der fehlenden Verfassungstreue begründen.
Einen «erheblichen Rückgang der Fallzahlen» gab es dagegen bei «Reichsbürgern» und «Selbstverwaltern». Bundeswehrangehörige sind in den letzten Jahren nur selten durch Bezüge zum Linksextremismus aufgefallen.
Es gab eine ungefähr gleichbleibende Anzahl von Fällen im sogenannten auslandsbezogenen Extremismus, insbesondere im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg. Konkret handelt es sich um Fälle, in denen die völkerrechtswidrigen Angriffe Russlands auf die Ukraine befürwortet oder unterstützt wurden.
Klare Warnung vor Russland-Reisen offenkundig nötig
Der Bericht warnt auch vor Propaganda-Aktionen und Desinformation als Teil eines hybriden Ansatzes ausländischer Nachrichtendienste. Dem komme eine gewichtige Rolle zu. «Besonders effektiv sind diese Ansätze, wenn sie einen anschlussfähigen, oftmals wahren Kern enthalten», hießt es in dem Bericht.
Angehörige des Geschäftsbereiches des Verteidigungsministeriums – also über die Truppe hinaus auch die militärischen Behörden und Zivilstellen – unterlägen einer erhöhten Bedrohung, wenn sie Verbindungen nach Russland oder Belarus hätten oder Reisen in diese Staaten unternähmen. «Eigene Ermittlungen bestätigen, dass Bundeswehrangehörige durch solche Reisen in den Fokus der Nachrichtendienste Russlands und Belarus‘ geraten und gezielt befragt und unter Druck gesetzt werden», heißt es in dem Bericht.
Der Kalte Krieg kannte zwar hybride Mittel, war jedoch durch eine konventionelle Stabilität geprägt, die von Symmetrie und Berechenbarkeit gekennzeichnet war. Im Gegensatz dazu sind die Grenzen zwischen Krise, Spannungsfall und Krieg jetzt weniger klar.








