Kiew hofft auf Fortsetzung der Waffenlieferungen und signalisiert langfristiges Engagement für Frieden durch Abkommen mit den USA.
USA erhält Zugang zu ukrainischen Bodenschätzen gegen russische Aggression
Die Ukraine gewährt den USA Zugang zu wertvollen Bodenschätzen, um die Supermacht als Verbündeten gegen die russische Aggression zu behalten. Es wurde wochenlang über die Vereinbarung verhandelt und über den möglichen Ausverkauf der kriegsgeplagten Ukraine gestritten – jetzt wurde ein Abkommen unterzeichnet. Der Weg zur tatsächlichen Nutzung der Rohstoffe ist jedoch noch lang.
Was erhofft sich Kiew von dem Abkommen?
Trotz der Wiederannäherung zwischen Trump und Kremlchef Wladimir Putin will die Ukraine die USA als Verbündeten behalten, auch wenn Trump eine Aufnahme der Ukraine in die Nato ausschließt. Kiew hofft auf eine Fortsetzung der US-amerikanischen Waffenlieferungen durch das Abkommen.
Wolodymyr Selenskyj, der ukrainische Präsident, hat die vermeintlich wertvollen Rohstoffe seines Landes bereits im Herbst 2024 gegenüber den USA erwähnt. Er spielte auf Trumps Selbstverständnis als Geschäftsmann an.
Trump hat tatsächlich zugebissen, aber unter unzumutbaren Bedingungen. Es wurde berichtet, dass die USA zwischenzeitlich gefordert haben, dass die Ukraine milliardenschwere US-Militärhilfen seit 2022 zurückzahle.
Solche Zumutungen konnte die ukrainische Unterhändlerin Julia Swyrydenko aus dem Abkommen heraushalten. Allerdings erfüllt sich Selenskyjs Hoffnung auf Sicherheitsgarantien nicht. Doch US-Finanzminister Scott Bessent nannte das Abkommen ein klares Signal an die russische Führung, dass sich die Trump-Regierung langfristig für einen Friedensprozess einsetze. Eine «freie, souveräne und prosperierende Ukraine» liege im Interesse der USA.
Was will Washington mit dem Vertrag erreichen?
Der US-Präsident benötigte einen Erfolg. Seine Ankündigung, den seit 2022 andauernden russisch-ukrainischen Krieg in kurzer Zeit zu beenden, ist gescheitert. Das Abkommen gibt ihm die Möglichkeit, einen Deal vorzulegen. Wann Investitionen getätigt werden und ob Dividenden aus dem noch zu schaffenden Fonds in die USA zurückfließen, scheint nicht so wichtig zu sein.
Bisher ist noch nicht geklärt, woher das Geld für Investitionen kommen soll, wenn es nicht aus Steuermitteln stammt. Trump müsste Investoren attraktive Bedingungen bieten. Dazu gehört vor allem dauerhafter Frieden in der Ukraine.
Was ist über den Inhalt bekannt?
Es wurde vereinbart, dass Washington und Kiew gemeinsam einen Fonds gründen, in den die Gewinne aus zukünftigen Rohstoffprojekten fließen sollen. Die USA erhalten dabei einen bevorzugten Zugang zu ukrainischen Rohstoffen. Die Einlagen erfolgen in Form von Geld, wobei auch US-amerikanische Militärhilfen verrechnet werden können.
«Die Ukraine behält die Kontrolle über alle Ressourcen», versicherte Regierungschef Denys Schmyhal im ukrainischen Nachrichtenfernsehen. Lagerstätten oder auch Infrastrukturobjekte seien kein Gegenstand des Vertrages. Kiew werde Beiträge aus neuen Lizenzen und Einnahmen aus Förderrechten leisten. Der Fonds soll im Laufe von zehn Jahren in Projekte zum Wiederaufbau der Ukraine investieren. Die ukrainischen und die US-amerikanischen Partner werden dabei auch von Steuern und Zöllen befreit.
Vor dem Inkrafttreten muss das ukrainische Parlament das Abkommen noch ratifizieren. Dies könnte eine Prüfung der Stimmung unter den Abgeordneten darstellen.
Sind die ukrainischen Bodenschätze tatsächlich so wertvoll?
Von Aluminium bis Zink listet das Abkommen 57 Bodenschätze auf, die gemeinsam genutzt werden sollen. Dazu zählen auch Metalle der seltenen Erden, die für viele Hochtechnologieprodukte wichtig sind. Das Problem: Niemand kennt die genaue Größe der ukrainischen Vorkommen. Die Erkundungsdaten stammen oft noch aus sowjetischen Zeiten. Ein Teil der Bodenschätze liegt außerdem in russisch besetztem Gebiet.
Einige Rohstoffvorkommen in der Ukraine seien zurzeit schwer einzuschätzen, sagte der wissenschaftliche Direktor des Helmholtz-Instituts Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF), Jens Gutzmer, dem Schweizer Sender SRF. In Bezug auf seltene Erden oder Lithium wisse man zwar, dass es dort Gesteine gebe, die anomal zusammengesetzt sind. «Man müsste (…) zunächst für fünf bis zehn Jahre erkunden – das ist meine persönliche Einschätzung – bevor man weiß, ob man eine abbauwürdige Lagerstätte hat oder nur ein Vorkommen mit ungewöhnlichen Konzentrationen», sagte er.
Zu Trumps Behauptung, dass den USA mit dem Deal womöglich Werte im Umfang von mehr als 350 Milliarden Dollar zufließen, sagt Gutzmer: «Das ist reine Spekulation aus meiner Sicht als Geowissenschaftler und steht auf keinem soliden Fundament.»
Vergrößert das Abkommen die Chance auf ein Kriegsende?
Die politische Relevanz der Vereinbarung wird voraussichtlich größer sein als die wirtschaftliche. Die laufende Debatte über verschiedene Modelle eines Waffenstillstands – 3 Tage, 30 Tage oder 3 Monate – hat nur am Rande mit Rohstoffen zu tun. Dennoch zeigt das Abkommen, dass die USA und die Ukraine in einem Punkt übereinstimmen konnten – auch nach dem Zwischenfall zwischen Trump und Selenskyj Ende Februar im Weißen Haus.
Mit Russland und Putin gibt es noch keine ähnlich belastbaren Verabredungen. Trump und sein Team waren zuletzt verwirrt über die Taktik aus Moskau. Der erklärte Bewunderer von Putin, Trump, sagte sogar, dass er sich an der Nase herumgeführt fühle.
Es scheint, dass in der Regierung von Trump das Verständnis für die Situation der Ukraine zunimmt. Dies könnte durch das kurze Gespräch zwischen Trump und Selenskyj während der Beisetzung von Papst Franziskus in Rom beeinflusst worden sein.
Hatte Trump anfangs Selenskyj noch vorgeworfen, einen nicht gewinnbaren Krieg zu führen, so sah sein Ukraine-Beauftragter Keith Kellogg das Land nun militärisch in einer «komfortablen Position». «Russland siegt nicht in diesem Krieg», sagte der Ex-General dem Sender Fox News. «Wenn sie siegen würden, hätten sie das in drei Jahren geschafft. Nun läuft das vierte Jahr.»