Melnyk drängt Merz zur Lieferung von 150 Taurus, um russischen Vormarsch zu stoppen und Europa zu schützen.
Andrij Melnyk fordert schnelle Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an Deutschland

Der ehemalige Botschafter der Ukraine in Deutschland, Andrij Melnyk, fordert vom designierten Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) eine schnelle Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern. So solle Merz am 6. Mai, also dem Tag seiner Wahl zum Bundeskanzler, im Bundestag die sofortige Lieferung von 150 Taurus verkünden und diese zügig durchsetzen. Das schrieb Melnyk in einem offenen Brief an Merz, den die «Welt am Sonntag» veröffentlichte. Der Diplomat Melnyk soll sein Land künftig als Botschafter bei den Vereinten Nationen in New York vertreten.
Der CDU-Chef Merz, der am 6. Mai vom Bundestag zum Kanzler gewählt werden soll, hat am Sonntag bekräftigt, dass er bereit ist, Marschflugkörper mit hoher Reichweite an die Ukraine zu liefern. Er betonte jedoch, dass er dies nur in Absprache mit den europäischen Partnern tun würde. Russland warnte davor, dass Deutschland dadurch zur Kriegspartei werden könnte.
Seit 2005 nutzt die Luftwaffe das Taurus-System. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurden damals 600 Flugkörper bestellt, wobei ein Exemplar etwa eine Million Euro kostete.
«Taurus ohne Wenn und Aber liefern»
Melnyk schrieb, für die Lieferung von Taurus brauche man keine Abstimmung mit den Partnern, keine Ultimaten an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. «Man sollte diese Inferno-Waffen einfach liefern, ohne Wenn und Aber, um den schleichenden Vormarsch der Russen zu stoppen und die heutige Kriegsdynamik im Kern zu verändern.» Um die Taurus-Systeme effizient einzusetzen, sollte die künftige schwarz-rote Koalition nach Melnyks Worten auch entscheiden, der Ukraine 30 Prozent der verfügbaren deutschen Kampfjets und Hubschrauber aus den Beständen der Luftwaffe zu übergeben, darunter etwa 45 Eurofighter und 30 Tornados.
Melnyk: Merz hat «historische Chance»
Melnyk schrieb an Merz gerichtet: «Von Ihrem Erfolg als Kanzler hängt nicht nur die Zukunft der Bundesrepublik ab, sondern auch das Schicksal der Ukraine – und ganz Europas». Merz habe eine historische Chance, «die Bundesrepublik zum wichtigsten Leuchtturm der freien demokratischen Welt zu machen».
Olaf Scholz (SPD), der scheidende, nur noch geschäftsführende Kanzler, lehnt eine Taurus-Lieferung ab, aus Sorge, dass Deutschland dadurch in den Krieg hineingezogen werden könnte.
Die Ukraine könnte mit dem Marschflugkörper, der nach Herstellerangaben eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern hat, auch Ziele weit hinter der Front auf russischem Boden angreifen. Die USA haben der Ukraine Kurzstreckenraketen vom Typ ATACMS mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern zur Verfügung gestellt. Frankreich und Großbritannien liefern einen Marschflugkörper mit einer Reichweite von rund 250 Kilometern.