Nach den Veranstaltungen zur Vorstellung ihrer Memoiren muss die Altkanzlerin zu einem weniger schönen Termin erscheinen. Im Afghanistan-Untersuchungsausschuss erklärt sie sich ausführlich.
Merkel holt im Afghanistan-Untersuchungsausschuss weit aus
Mit einer ausführlichen Stellungnahme von Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihre Befragung durch den Afghanistan-Untersuchungsausschuss des Bundestages begonnen. Sie betonte am Donnerstag zu Beginn der Vernehmung, beim Abzug der Bundeswehr und der Räumung von Camp Marmal im Norden Afghanistans sei 2021 alles gut gelaufen. Merkel sagte: «Der Zeitplan wurde eingehalten. Ich war darüber sehr erleichtert.»
Sie halte die deutsche Beteiligung an dem Militäreinsatz in Afghanistan auch im Rückblick für richtig, betonte sie. Denn damals habe es die «begründete Hoffnung» gegeben, dass danach keine weiteren Terrorangriffe von Afghanistan aus geplant werden würden. Bei allen anderen Zielen – von der Rechtsstaatlichkeit bis zu den Frauenrechten – sei die internationale Gemeinschaft dagegen gescheitert. Als Ursachen dafür nannte sie unter anderem mangelndes kulturelles Verständnis der westlichen Verbündeten, Vetternwirtschaft und Rauschgifthandel.
Kanzlerin wollte kein zweites «Saigon»
Merkel erwähnte auch die Auswirkungen des sogenannten Doha-Abkommens, das am 29. August 2020 von den USA und den Taliban unterzeichnet wurde. Es sah den Abzug aller US-Truppen und ihrer Verbündeten aus Afghanistan vor, während die Taliban versprachen, dass Afghanistan nicht länger ein Rückzugsort für terroristische Gruppen sein würde.
Merkel habe ihm damals persönlich aufgetragen, dass sie keine Bilder wie in Saigon sehen wolle, hatte der letzte Kommandeur der Bundeswehr in Afghanistan, Brigadegeneral Ansgar Meyer, den Ausschussmitgliedern bei seiner Vernehmung im vergangenen Jahr berichtet. «Und das haben wir, was den militärischen Teil angeht, auch geschafft», fügte er hinzu. Wenige Wochen später habe er «Saigon» dann im Fernsehen gesehen, sagte er mit Blick auf die internationale Evakuierungsaktion in Kabul. «Das hat mich tief getroffen.» Die chaotische Evakuierung von US-Truppen und ihrer Verbündeten im Frühjahr 1975 aus der südvietnamesischen Hauptstadt Saigon markierte das Ende des Vietnamkriegs.
Vor der Befragung von Merkel hatte der Ausschuss ihren früheren Kanzleramtschef, Helge Braun (CDU), befragt. Das Gremium soll die Umstände der hektischen Evakuierung aus Kabul im August 2021 und die Entscheidungswege in Bezug auf die Aufnahme afghanischer Ortskräfte untersuchen. Ziel des Untersuchungsausschusses ist es auch, Empfehlungen für das Handeln der Bundesregierung in zukünftigen Krisen und Konflikten zu geben.