Mit einem «Sofortprogramm» will die CDU nach einer Regierungsübernahme die Wirtschaft ankurbeln und für mehr Sicherheit sorgen. Überschattet das AfD-Thema den Wahlparteitag in Berlin?
Merz will als Kanzler nicht auf AfD-Stimmen setzen

CDU-Chef Friedrich Merz hat kategorisch ausgeschlossen, dass er in einer von ihm geführten Regierung auf AfD-Stimmen setzen würde. Er habe «nun wirklich mehrfach sehr klar und sehr deutlich gesagt: Es wird keine Zusammenarbeit von uns mit der AfD geben. Wir kämpfen für politische Mehrheiten in der breiten Mitte unseres demokratischen Spektrums», sagte der Unionskanzlerkandidat bei der Besichtigung der Halle für den Wahlparteitag in Berlin. Auf die Nachfrage, ob er AfD-Stimmen für eine Mehrheit in Kauf nehmen würde, antwortete er: «Nein.»
Der Parteitag an diesem Montag soll ein «Sofortprogramm» beschließen, in dem die CDU unter anderem verspricht, den umstrittenen Fünf-Punkte-Plan von Merz zum Stopp der illegalen Migration direkt nach einer Regierungsübernahme umzusetzen. Zudem will die CDU zahlreiche Entscheidungen der gescheiterten Ampel-Koalition von Kanzler Olaf Scholz (SPD) rasch zurückdrehen.
Merz verärgerte, weil er am Mittwoch im Bundestag in Kauf nahm, dass sein Fünf-Punkte-Plan nur dank der AfD-Stimmen eine Mehrheit erlangte. Der Vorschlag beinhaltet unter anderem dauerhafte Grenzkontrollen, Zurückweisungen an den Grenzen und einen zeitlich unbefristeten Ausreisearrest für ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder. Der Beschluss ist nicht bindend. Ein Gesetzentwurf der Union zur Begrenzung der Migration wurde trotz der Zustimmung der AfD am Freitag im Bundestag abgelehnt.
Proteste auch am Rande des Parteitags erwartet
Am Wochenende versammelten sich in vielen Städten Zehntausende, um gegen eine Kooperation der Union mit der AfD zu protestieren. Der Publizist und Moderator Michel Friedman hat seinen Austritt aus der CDU bekannt gegeben. Auch die Kirchen und Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierten das Vorgehen von Merz. Während SPD, Grüne und Linke von einem Tabu- und Dammbruch sprachen, erklärte Merz, dass eine richtige Entscheidung nicht falsch werde, nur weil die Falschen zustimmen.
Es sind auch Proteste gegen eine mögliche Koalition zwischen der CDU und der AfD für den CDU-Parteitag an diesem Montag angekündigt. Es wird gespannt erwartet, ob es auch von den 1001 Delegierten auf offener Bühne Kritik an Merz geben wird.
Merz appelliert an Demonstranten
Der CDU-Chef rief die Demonstranten auf, friedlich zu protestieren. Das Demonstrationsrecht umfasse «nicht Gewalttätigkeiten, weder gegen Personen noch gegen Sachen». Merz fügte hinzu: «Wir setzen uns selbstverständlich auch mit friedlichen Demonstranten auseinander. Wir reden mit dem politischen Gegner. Wir tragen die Diskussionen dort aus, wo sie hingehören, nämlich im Plenum des Deutschen Bundestages.»
«Garantie» für Änderungen in Asyl- und Wirtschaftspolitik
Die nächste Regierung müsse Entscheidungen in der Wirtschafts- und Migrationspolitik treffen, betonte Merz beim Hallenrundgang. «Dafür stehe ich persönlich ein. Genauso wie sehr klar ist und ohne jeden Zweifel klar bleibt: Wir werden mit der AfD nicht zusammenarbeiten», ergänzte er. «Wir haben mit der nie zusammengearbeitet, wir werden mit der nicht zusammen arbeiten. Und da braucht sich niemand Sorge zu machen, dass dies stattfindet. Es findet mit uns, mit mir, nicht statt.» In der «Bild am Sonntag» gab Merz den Wählerinnen und Wählern eine «Garantie», dass es in der Wirtschaftspolitik und in der Asylpolitik eine wirkliche Wende geben werde.
Sofortprogramm mit Schwerpunkt Wirtschaft und Sicherheit
Das 15-Punkte-Programm unter dem Titel «Unser Sofortprogramm für Wohlstand und Sicherheit» enthält komprimiert wesentliche Teile aus dem CDU-Wahlprogramm. Bei jeder Entscheidung werde man genau darauf achten, «dass sie der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, dem Wohlstand und der Sicherheit der Menschen im Land dient», heißt es in dem Papier.
«Vorrang für Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand»
Stromsteuer und Netzentgelte sollen reduziert werden, um eine Entlastung von mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde zu erreichen. Die CDU strebt eine Reduzierung der Bürokratie an, indem sie weniger Betriebsbeauftragte einsetzt, keine Bonpflicht einführt, die deutsche Lieferkettenregulierung abschafft und die Belastungen durch das Energieeffizienzgesetz beseitigt. Das Heizungsgesetz der Ampel soll aufgehoben und die Agrardieselrückvergütung vollständig wieder eingeführt werden.
Statt einer täglichen soll eine wöchentliche Höchstarbeitszeit festgelegt werden, um flexibleres Arbeiten zu ermöglichen. Überstundenzuschläge sollen steuerfrei sein. Wer in Rente mehr arbeiten möchte, soll bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei erhalten. Die CDU plant, die Umsatzsteuer auf Speisen in Restaurants und Gaststätten auf sieben Prozent zu senken. Außerdem soll die Anzahl der Regierungsbeauftragten halbiert werden.
«Sicherheit für die Menschen in Deutschland»
Neben dem Fünf-Punkte-Plan will die CDU auch das am Freitag im Bundestag gescheiterte «Zustrombegrenzungsgesetz» weiter verfolgen. Eine Begrenzung der Migration wird als klares Gesetzesziel genannt, ebenso das Ende des Familiennachzugs für subsidiär – also eingeschränkt – Schutzberechtigte und mehr Befugnisse für die Bundespolizei.
Es bleibt unklar, ob die CDU ihre Versprechen nach einem Sieg bei der Bundestagswahl umsetzen kann – und wenn ja, in welchem Ausmaß. Laut aktuellen Umfragen wird die Union bei der Regierungsbildung wahrscheinlich mindestens auf die SPD oder die Grünen angewiesen sein.