Seit Monaten wird über die Nutzung des in der EU-eingefrorenen russischen Milliarden-Vermögens für die Unterstützung der Ukraine diskutiert. Jetzt macht der Kanzler einen konkreten Vorschlag dazu.
Merz will russisches Vermögen für Ukraine-Kredit nutzen
Bundeskanzler Friedrich Merz will der Ukraine mit Hilfe von in Europa eingefrorenen Vermögenswerten der russischen Zentralbank einen zinslosen Kredit in Höhe von insgesamt fast 140 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. «Dieser Kredit würde erst dann zurückgezahlt, wenn Russland die Ukraine für die verursachten Schäden entschädigt hat», schreibt Merz in einem Beitrag für die «Financial Times».
Die EU-Staaten müssten also einen Großteil der in Zukunft erforderlichen Unterstützung für die Ukraine vorerst nicht mehr aus ihren eigenen Haushalten finanzieren. Stattdessen müssten sie nur noch Garantien für den Fall übernehmen, dass die eingefrorenen russischen Gelder unerwartet wieder freigegeben werden müssen.
Merz schreibt dazu: «Für diese umfassende Hilfe wird es Haushaltsgarantien der Mitgliedstaaten bedürfen.» Diese bilateralen Garantien sollten durch eine Absicherung über den Mehrjährigen Finanzrahmen der EU abgelöst werden, sobald der neue Haushaltsrahmen 2028 zur Verfügung steht. Die so zu mobilisierenden Mittel würden die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine für mehrere Jahre absichern. Der Kanzler will seinen Vorschlag nächste Woche beim informellen EU-Gipfel in Kopenhagen thematisieren.
Merz: «Zynisches Zeitspiel» Putins beenden
«Wir brauchen einen neuen Impuls, um Russlands Kalkulation zu ändern», schreibt Merz. «Jetzt müssen wir einen wirksamen Hebel ansetzen, um das zynische Zeitspiel des russischen Präsidenten zu durchkreuzen und ihn an den Verhandlungstisch zwingen. Das braucht den Mut und das Selbstvertrauen, eine eigene Agenda zu setzen, statt nur auf seine zu reagieren.»
Gleichzeitig wolle er «den tapferen Ukrainern neue Hoffnung» geben. «Wir senden damit auch die richtige Botschaft nach Washington: Den Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden müssen wir gemeinsam gehen.»
Von der Leyen hat ebenfalls einen Vorstoß gemacht
Zuletzt hatte auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Schritt in diese Richtung unternommen. In einer Rede vor etwa zwei Wochen betonte sie die Notwendigkeit, an einer neuen Lösung zu arbeiten, um die ukrainischen Kriegsanstrengungen auf Grundlage der eingefrorenen russischen Vermögenswerte zu finanzieren. Sie schlug vor, der Ukraine ein Reparationsdarlehen auf Basis der liquiden Anteile zu gewähren, während die Vermögenswerte selbst unberührt bleiben sollen.
Rund 200 Milliarden Euro in der EU eingefroren
Laut Angaben der Kommission sind in der EU aufgrund des Angriffskriegs gegen die Ukraine rund 200 Milliarden Euro der russischen Zentralbank eingefroren. Die Zinserträge werden bereits jetzt verwendet, um Waffen und Munition für die Ukraine zu finanzieren.