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Missbrauchsskandal in der Kirche

Gegen einen ehemaligen Sternsinger-Präsidenten sind Missbrauchsvorwürfe bekannt geworden.

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat erklärt, er sei bis Juni 2022 nicht mit dem Fall des ehemaligen Sternsinger-Präsidenten Winfried Pilz befasst gewesen.
Foto: Oliver Berg/dpa

Immer wieder schocken sexuelle Missbrauchsfälle katholischer Amtsträger die breite Öffentlichkeit. Nun sind neue Missbrauchsvorwürfe vorhanden.

Dennoch sieht der Kölner Kardinal Woelki in dem Zusammenhang keine eigenen Versäumnisse. Missbrauchsaufarbeitung und Prävention bleiben weiterhin wichtig.

Vorwürfe gegen Winfried Pilz

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat persönliche Versäumnisse im Fall des ehemaligen Sternsinger-Präsidenten Winfried Pilz bestritten.

Es stimme zwar, dass der Fall Pilz in dem Missbrauchsgutachten des Strafrechtlers Björn Gercke angesprochen werde, doch ohne jede Namensnennung und ohne Details, teilte das Erzbistum Köln der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit. «Aus dieser namenlosen Kurzdarstellung ist für den Leser gar nicht erkennbar, dass es sich um den Fall Pilz handelt.»

Gegen den 2019 gestorbenen Pilz, der früher regelmäßig mit Sternsingern im Kanzleramt posiert hatte, sind Missbrauchsvorwürfe bekannt geworden. Woelkis Vorgänger Kardinal Joachim Meisner hatte dem Geistlichen 2014 Kontakt zu Minderjährigen verboten. Nach dem Tod von Pilz veröffentlichte das Erzbistum gleichwohl einen überschwänglichen Nachruf auf den Priester, der das berühmte Kirchenlied «Laudato si» verfasst hatte. Dem Erzbistum wird außerdem vorgeworfen, das Bistum Dresden-Meißen, in dem Pilz seinen Lebensabend verbracht hatte, nicht über die Vorwürfe gegen ihn informiert zu haben. Woelki hat erklärt, er sei bis Juni 2022 gar nicht mit dem Fall Pilz befasst gewesen.

«Aufarbeitung in die Hände seiner Spezialisten gegeben»

Das Gercke-Gutachten zum Umgang von Verantwortlichen des Erzbistums mit Missbrauchsvorwürfen war 2021 veröffentlicht worden. Auf die Frage, ob sich Woelki denn nicht nach der Identität aller in dem Gutachten anonym aufgeführten Tatverdächtigen erkundigt habe, antwortete das Erzbistum der dpa, das Gutachten weise mehr als 200 Beschuldigte aus.

«Kardinal Woelki hat sich nicht nach der persönlichen Identität aller mehr als 200 Beschuldigten erkundigt, sondern die Missbrauchsaufarbeitung und Prävention in die qualifizierten Hände seiner fachlich versierten Spezialisten gegeben.» Woelki habe seit Jahren Maßstäbe gesetzt, wenn es um Missbrauchsaufarbeitung und Prävention gehe, etwa durch Schaffung einer personalstarken Interventionsstelle.

«Die Liste liegt ihm nicht mehr vor»

Das Erzbistum bestätigte, dass Woelki Jahre zuvor auch eine Excel-Tabelle mit den Namen von Priestern vorgelegt worden sei, die des sexuellen Missbrauchs verdächtigt würden. «Die Liste liegt ihm nicht mehr vor. Herr Kardinal Woelki hat keine Erinnerung daran, dass der Name von Pilz überhaupt auf der vor Jahren eingesehenen Liste stand. Er weiß auch nicht, ob die Liste hinsichtlich der Priester, denen Missbrauch vorgeworfen wurde, vollständig war.»

Der oberste Katholik von Bonn, Stadtdechant Wolfgang Picken, sagte dazu, man frage sich, warum Woelki eine solche Liste habe erstellen lassen, wenn er sich anschließend nicht näher mit ihr befasst habe. Ähnliches Unverständnis löse der Hinweis aus, dass ausgerechnet diese Liste verloren gegangen sei. «Wenn man solche Eigenartigkeiten nicht erklärt oder sich für sie entschuldigt, setzt man sich dem unnötigen Verdacht aus, man habe ein wichtiges Dokument bewusst verschwinden lassen», sagte Picken der dpa.

Man würde erwarten, dass Kardinal Woelki als Letztverantwortlicher um die Namen der Täter in seinem Erzbistum wisse. «Nichtnachfragen, Nichtbefassen und die Verantwortung vollständig anderen überlassen – das geht nicht, wenn es die Prävention gegen sexuellen Missbrauch betrifft», so Picken.

dpa