Jahrelang wurde nach dem mutmaßlichen Kopf der linksextremistischen Gruppe um Lina E. gesucht. Nun soll ihm der Prozess gemacht werden – und nicht nur ihm.
Mutmaßliche Linksextremisten aus Umfeld Lina E. angeklagt
Die Bundesanwaltschaft hat sieben weitere Verdächtige aus dem Umfeld von Lina E. angeklagt – darunter den vermeintlichen Anführer Johann G. Sechs von ihnen wird die Mitgliedschaft und einem die Unterstützung einer linksextremistischen kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Dresden muss nun entscheiden, ob und wann es zum Prozess kommt.
Beamte des Landeskriminalamts Sachsen hatten den damals 31-jährigen G. im November in einem Regionalzug nahe Weimar festgenommen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur waren Fahnder dem früheren Lebensgefährten von Lina E. eine Weile auf der Spur gewesen. Er soll nach Angaben der Bundesanwaltschaft innerhalb der Vereinigung zusammen mit Lina E. «eine herausgehobene Stellung» eingenommen haben.
Angriffe auf mutmaßliche Rechte
Die Bundesanwaltschaft hat die Gruppe um G. und E. schon länger im Visier. Deren Mitglieder teilten demnach eine militante linksextremistische Ideologie. «Die auch überregional vernetzte Gruppierung verübte über mehrere Jahre hinweg gewaltsame Angriffe gegen Personen, die ihrer Ansicht nach aus der „rechten Szene“ kamen», so die Bundesanwaltschaft. Die Mitglieder hätten die Aktionen in der Regel intensiv vorbereitet und unter anderem vorab Lebensgewohnheiten der ausgewählten Opfer ausgespäht.
Die Bundesanwaltschaft beschuldigt die Angeklagten, sich in mehreren Fällen an einer kriminellen Vereinigung beteiligt zu haben. Außerdem werden den Deutschen teilweise versuchter Mord, gefährliche Körperverletzung, Sachbeschädigung und schwerer Diebstahl vorgeworfen. Vier der Männer sitzen in Untersuchungshaft, während die verbleibenden drei Personen – zwei Männer und eine Frau – auf freiem Fuß sind.
Überfall in Budapest
Neben verschiedenen Angriffen in Thüringen und Sachsen sollen Johann G. und ein weiterer Beschuldigter auch im Februar 2023 in der ungarischen Hauptstadt Budapest mit Komplizen Menschen angegriffen haben, die aus Sicht der mutmaßlichen Täter dem rechten Spektrum zuzuordnen waren. Auch hierbei wurden den Angaben zufolge mehrere Opfer verletzt.
Im Zusammenhang mit dem Überfall in Budapest hatten sich mehrere weitere bis dahin untergetauchte Personen im Januar den Behörden gestellt. Ihre Verteidiger wollten eine Auslieferung nach Ungarn verhindern und forderten Strafverfahren in Deutschland. Denn: Ihren Mandanten drohe in Ungarn eine Verurteilung zu einer «überlangen Haftstrafe» von bis zu 24 Jahren. Das dortige Verfahren genüge rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht.
Weitere Person in Ungarn vor Gericht
Im vergangenen Sommer sorgte ein weiterer Fall im Komplex für Aufregung. Eine Person, die sich als non-binär identifiziert und als Maja bekannt ist, wurde Ende 2023 in Berlin verhaftet und im Juni 2024 nach Ungarn ausgeliefert. Die ungarischen Behörden werfen Maja ebenfalls vor, sich an den Angriffen in Budapest beteiligt zu haben.
Das Bundesverfassungsgericht untersagte zwar die Auslieferung im Eilverfahren. Doch die Entscheidung aus Karlsruhe kam wenige Minuten zu spät: Maja war bereits den ungarischen Behörden übergeben worden. Auch im Hauptverfahren erklärte das oberste deutsche Gericht später die Auslieferung für unzulässig. Seit Februar steht Maja in Ungarn vor Gericht.
Lina E. selbst sitzt bereits eine Haftstrafe ab. Das OLG Dresden hatte sie 2023 unter anderem wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen. Im März bestätigte der Bundesgerichtshof die Verurteilung – sie ist damit rechtskräftig. Wie lange E. noch im Gefängnis bleiben muss, war zunächst unklar. Unter anderem wird ihre Untersuchungshaft angerechnet.