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Mutterschutz soll künftig auch bei Fehlgeburten greifen

Bislang müssen sich Frauen nach einer Fehlgeburt krankschreiben lassen, um sich von dem Ereignis zu erholen. Das soll sich nun per Gesetz ändern – sofern der Bundestag zustimmt. Ein Überblick.

Das Mutterschutzgesetz schützt die Frau insbesondere in der Zeit unmittelbar vor und nach der Entbindung eines Kindes. (Symbolbild)
Foto: Fabian Sommer/dpa

Frauen, die ab der 13. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleiden, sollen künftig Anspruch auf Mutterschutz haben. Ein Gesetzentwurf, auf den sich die Fraktionen von CDU/CSU, Grünen und SPD geeinigt haben und der am Abend im Bundestag verabschiedet werden soll, sieht das vor. Doch was bedeutet das genau? Und wie viele Frauen sind betroffen? Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie ist der Mutterschutz bislang geregelt?

Das Mutterschutzgesetz bietet der Frau insbesondere in der Zeit vor und nach der Geburt eines Kindes Schutz. Die Schutzfristen beginnen normalerweise sechs Wochen vor der Entbindung und enden in der Regel acht Wochen danach. In dieser Zeit pausieren Frauen in der Regel ihre berufliche Tätigkeit. Während der Schutzfristen haben Frauen Anspruch auf Mutterschaftsleistungen, die den vollen Lohn vor der Schwangerschaft ersetzen.

Was gilt bislang bei Fehlgeburten?

Als Fehlgeburt gilt aus medizinischer Sicht das vorzeitige Ende einer Schwangerschaft bis zur 24. Schwangerschaftswoche. Sie ist für viele Betroffene eine einschneidende Erfahrung. Frauen, die eine Fehlgeburt erleiden, sind in der Regel darauf angewiesen, dass sie ihr Arzt oder ihre Ärztin krankschreibt, wenn sie das Bedürfnis haben, sich von der Erfahrung zu erholen. Denn bisher sind für den Fall einer Fehlgeburt weder eine Mutterschutzfrist noch Leistungen nach dem Mutterschutzgesetz vorgesehen. Diese greifen aktuell nur für den Fall, dass eine Frau ihr Kind ab der 24. Schwangerschaftswoche verliert. Das soll sich mit dem neuen Gesetz ändern. Die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Silvia Breher, spricht von einem «wichtigen frauenpolitischen Meilenstein». Eine Frau, die ihr Kind still geboren hat, müsse sich künftig nicht mehr um eine Krankschreibung bemühen. Sie bekomme «einen Schutzraum, um diesen schweren Verlust verarbeiten zu können», erklärte Breher. 

Was soll bei Fehlgeburten künftig gelten?

Der Gesetzentwurf der Union sieht vor, dass die Mutterschutzfrist im Falle einer Fehlgeburt gestaffelt wird – das bedeutet, dass je weiter die Schwangerschaft fortgeschritten ist, desto länger die Frist ist. Bei einer Fehlgeburt ab der 13. Woche sind zwei Wochen Mutterschutz vorgesehen, ab der 17. Schwangerschaftswoche dann sechs Wochen. Kommt es erst ab der 20. Schwangerschaftswoche, also in einem bereits recht fortgeschrittenen Schwangerschaftsstadium, zur Fehlgeburt, dann dürfen Frauen künftig acht Wochen lang beruflich pausieren. Auch der Anspruch auf Mutterschaftsleistungen soll auf Fehlgeburten ab der 13. Woche ausgeweitet werden. Die Bezugsdauer richtet sich nach den genannten Staffelungszeiträumen.

Was gilt künftig für Selbstständige?

Die Neuregelung gilt auch für Frauen, die selbstständig tätig und gesetzlich krankenversichert sind. Nach Angaben aus der Unionsfraktion, die den Entwurf federführend ins Parlament einbringt, betrifft dies 75 bis 80 Prozent aller selbstständigen Frauen. Auch Soldatinnen und Beamtinnen werden sich künftig im Falle einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche auf eine Mutterschutzfrist berufen können. Selbstständige, die privat versichert sind, sind jedoch ausgenommen. In einem Entschließungsantrag von Union, SPD und Grünen, der der dpa vorliegt, wird die kommende Bundesregierung aufgefordert, eine Änderung auch für diese Gruppe auf den Weg zu bringen. Dort heißt es: «Auch selbstständig erwerbstätige Frauen, die privat krankenversichert sind, sollen nach einer Fehlgeburt ausreichend Zeit zur Genesung bekommen. Für diese Frauen muss zeitnah in einem umfassenderen parlamentarischen Beratungsverfahren eine tragfähige und praxistaugliche Lösung gefunden werden.»

Müssen betroffene Frauen künftig immer beruflich pausieren?

„Nein. Wenn eine Frau ausdrücklich zustimmt, trotz einer Fehlgeburt ab der 13. Woche zu arbeiten und die neue Mutterschutzfrist nicht in Anspruch zu nehmen, ist dies laut Gesetzentwurf möglich“, betonte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und betonte, dass die Neuregelung die Selbstbestimmung von Frauen stärke.

Wann treten die Neuregelungen in Kraft?

Wenn der Bundestag dem Vorhaben am späten Abend zustimmt, werden die Regelungen am 1. Juni dieses Jahres wirksam. Das Gesetz bedarf keiner Zustimmung des Bundesrats.

Wie viele Frauen können sich künftig darauf berufen?

Es ist unklar, wie viele Frauen von der Neuregelung jährlich betroffen wären. Laut dem Familienministerium gibt es keine offiziellen Statistiken zur Anzahl der Frauen, die in den letzten Jahren Mutterschutz in Anspruch genommen haben oder zur Anzahl der Frauen, die eine Fehlgeburt erleiden. Die Grünen-Familienpolitikerin Franziska Krumwiede-Steiner und andere Expertinnen schätzen, dass in Deutschland etwa jede dritte Frau von einer Fehlgeburt betroffen ist. Das Familienministerium schätzt basierend auf Recherchen des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik (FIT), dass jährlich etwa 90.000 Fehlgeburten stattfinden. Etwa 6.000 Fehlgeburten treten zwischen der 13. und 24. Schwangerschaftswoche auf. Der Großteil der Fehlgeburten, nämlich 84.000, findet bis zur 12. Schwangerschaftswoche statt. Für diese Fälle besteht kein Mutterschutzanspruch.

dpa