Abschiebungen nach Afghanistan sind nicht einfach. Die herrschenden Taliban sind international isoliert. Nach dem Attentat von München verlangt der CSU-Chef schnelle Verhandlungen mit den Islamisten.
Nach Anschlag von München: Söder für Gespräche mit Taliban
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder fordert nach dem Attentat von München sofortige Verhandlungen mit den Taliban über wöchentliche Abschiebeflüge nach Afghanistan. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) müssten ab Montag direkt mit den Taliban über Abschiebeflüge reden, sagte der CSU-Chef der «Bild am Sonntag». «Es braucht jede Woche einen Flug.»
Ein 24-jähriger Afghane fuhr am Donnerstag in München mit seinem Auto in einen Demonstrationszug der Gewerkschaft Verdi und verletzte dabei mindestens 39 Menschen, einige davon schwer. Am Samstag starben eine Mutter und ihre zweijährige Tochter an den Folgen. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Tat einen islamistischen Hintergrund hat.
Söder wies darauf hin, dass es allein in Bayern fast 2.000 ausreisepflichtige Afghanen gebe. Knapp 200 von ihnen seien schwere Straftäter. «Ausreisepflichtige Afghanen müssen unser Land rasch verlassen, und der Neuzugang über Visa-Vergaben muss auf absehbare Zeit gestoppt werden», forderte der CSU-Chef. «Erst Aschaffenburg, jetzt München: Es reicht. Deutschland braucht einen Afghanistan-Sofortplan.»
Scholz kündigt Abschiebung nach Verbüßen der Strafe an
Laut den Behörden hielt sich der Attentäter von München zuletzt jedoch legal in Deutschland auf. Gemäß einem Gerichtsurteil gegen die Ablehnung seines Asylantrags aus dem Oktober 2020 soll er über seine Fluchtgeschichte gelogen haben. Im April 2021 erließ die Stadt München jedoch einen Duldungsbescheid und im Oktober 2021 eine Aufenthaltserlaubnis.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte bereits am Samstag die Abschiebung des Attentäters angekündigt. «Er wird nach dem Verbüßen seiner Strafe auch in das Land zurückgeführt, wo er herkommt», sagte er in München. Wer eine derartige Tat begehe, könne sich «auf gar nichts mehr berufen». Der 24-Jährige müsse für seine «unverzeihliche Tat» verurteilt werden.
Taliban signalisieren Bereitschaft zur Zusammenarbeit
Erstmals seit der Machtübernahme der Taliban vor drei Jahren startete Ende August 2024 wieder ein Abschiebeflug aus Deutschland nach Afghanistan. 28 verurteilte Straftäter, die keinen Aufenthaltstitel in Deutschland besaßen und gegen die Abschiebebescheide vorgingen, wurden abgeschoben.
Faeser betonte nach dem Anschlag in München, dass Abschiebungen nach Afghanistan fortgesetzt werden. Die Umsetzung gestaltet sich jedoch schwierig, da eine Kooperation mit den Taliban in Afghanistan erforderlich ist – direkt oder indirekt über Nachbarländer.
Die Taliban hatten sich zuletzt angesichts des Anschlags von München offen für eine Zusammenarbeit bei Abschiebungen gezeigt. Dafür wollen die Islamisten jedoch eine konsularische Vertretung in Deutschland. «Wir haben unsere Bereitschaft gezeigt, die konsularischen Dienste für Afghanen in Deutschland wieder aufzunehmen, die alle Aspekte der Migration abdecken», sagte der Sprecher des Taliban-Außenministeriums, Abdul Kahar Balchi, der dpa.
In der Vergangenheit haben Kritiker vor solchen Gesprächen mit den international isolierten Islamisten gewarnt. Die Taliban könnten von Abschiebungen profitieren, indem sie diese als Gelegenheit für eine Kooperation mit einem westlichen Staat betrachten.