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Nach Streit Bewegung bei US-Rohstoffabkommen mit der Ukraine

Tagelang hat US-Präsident Trump den ukrainischen Staatschef Selenskyj mit haarsträubenden Beschimpfungen überzogen. Möglicher Hintergrund: die Verhandlungen über Reichtümer der Ukraine.

Selenskyj sprach nach dem Treffen mit Kellogg von einer guten Diskussion.
Foto: Evgeniy Maloletka/AP/dpa

Nach tagelangem Streit zwischen den USA und der Ukraine deutet sich Bewegung in der Frage eines Rohstoffabkommens an. «Die Ukraine ist bereit für ein starkes, effektives Investitions- und Sicherheitsabkommen mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten», schrieb der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj auf der Plattform X. 

Vorher traf er den Sondergesandten von US-Präsident Donald Trump für die Ukraine, Keith Kellogg, in Kiew. Das Treffen war produktiv, die Diskussion mit Kellogg gut, sagte Selenskyj. Allerdings trat Kellogg nicht wie geplant mit Selenskyj vor die Presse. Eine Pressekonferenz wurde auf Wunsch der US-Seite abgesagt, berichteten ukrainische Medien.

https://x.com/ZelenskyyUa/status/1892630191991595394

Trump verknüpft die US-Hilfe für die Ukraine, die von Russland angegriffen wurde, mit dem Zugang zu deren seltenen Erden. Die Vorkommen sind wirtschaftlich lukrativ und strategisch wichtig. Trotzdem hat Selenskyj den ersten Vertragsentwurf aus Washington abgelehnt. Laut Berichten verlangten die USA 50 Prozent der Einkünfte aus diesen Rohstoffen und wollten so die bisher geleistete Militärhilfe nachträglich bezahlen lassen.

Sicherheitsgarantien gegen fortgesetzte russische Aggression waren nach Kiewer Darstellung in dem Dokument nicht vorgesehen. «Wir müssen und können einen starken und dauerhaften Frieden erreichen, sodass Russland niemals mit Krieg zurückkehren kann», erklärte Selenskyj.

Geänderter Vertragsentwurf aus Washington

Inzwischen habe die Trump-Administration einen neuen Vertragsentwurf nach Kiew übermittelt, berichtete in den USA das Nachrichtenportal «Axios». Darin seien einige Punkte geändert worden, die für die Ukraine unannehmbar gewesen seien, hieß es unter Berufung auf Beteiligte am Verhandlungsprozess.

Selenskyj solle an den Verhandlungstisch zurückkehren, forderte Trumps Sicherheitsberater Mike Waltz. «Das sind Verhandlungen. Und in Verhandlungen verhandelt man.» Es könne für die Ukraine keine bessere Garantie geben als US-Investitionen in ihren langfristigen Wohlstand.

Waltz führte die Beschimpfungen Trumps in den letzten Tagen auf Ärger über Selenskyjs Zögern zurück. «Der Präsident hat offensichtlich seinen Frust sehr öffentlich gemacht, weil wir den Ukrainern eine unglaubliche und historische Chance gegeben haben, dass die USA in der Ukraine mit investieren», sagte Walz dem Trump-nahen US-Sender Fox News. Der US-Präsident hatte Selenskyj einen Diktator genannt, der keine Wahlen zulasse. Er hatte auch behauptet, dass die Ukraine Schuld am Andauern des Krieges habe.

Sondergesandter auf Erkundungsmission

Kellogg erkundet als Vertreter von Trump bei einem mehrere Tage dauernden Besuch die Lage in dem osteuropäischen Land mit der politischen und militärischen Führung. Die Ukraine kämpft seit fast drei Jahren gegen die russische Invasion. Die USA waren bisher der wichtigste Unterstützer des Landes, aber Trump wendet sich nun drastisch von diesem Kurs ab. Er strebt an, den Krieg zu beenden – es besteht jedoch zunehmend die Befürchtung, dass er gemeinsam mit dem Kremlchef Wladimir Putin Entscheidungen über den Kopf der Ukraine hinweg treffen könnte.

Zwei Dollar Investition in Drohnen richten zehn Dollar Schaden an

In seiner abendlichen Videobotschaft machte Selenskyj folgende Rechnung zu den ukrainischen Drohnenangriffen auf russische Militär- und Industrieanlagen auf: «Für jede zwei Dollar, die wir in unsere Langstreckenkapazität investieren, erhalten wir bereits fast zehn Dollar an russischen Verlusten». 

Am Donnerstagabend führten die ukrainischen Streitkräfte weiterhin Drohnenangriffe tief in russischem Gebiet durch. Laut Behörden wurde ein Umspannwerk im südrussischen Gebiet Krasnodar zweimal von herabstürzenden Drohnentrümmern beschädigt. Dennoch wurde auch die Ukraine in der Nacht auf Freitag von einer russischen Attacke mit Drohnenschwärmen heimgesucht.

Macron und Starmer reisen zu Trump

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron reist am Montag nach Washington, um mit Trump über die Friedensbemühungen für die Ukraine zu beraten. Das kündigte der Élysée-Palast in Paris an. Er wolle Trump überzeugen, dass «es in seinem Interesse ist, im Moment mit den Europäern zusammenzuarbeiten», sagte Macron. Trump dürfe die Ukraine nicht durch Russland erobern lassen, weil sonst auch europäisches und amerikanisches Kriegsgerät Moskau in die Hand falle.

In Anbetracht von Trumps Alleingang bei einer möglichen Friedenslösung für die Ukraine hatte Macron am Montag europäische Staats- und Regierungschefs zu Krisenberatungen nach Paris gerufen. Bei dem Treffen ging es unter anderem um die Frage von europäischen Truppen zur Absicherung eines möglichen Waffenstillstands. Auch der britische Premierminister Keir Starmer will kommende Woche nach Washington reisen und Trump treffen. Nach Medienberichten könnte es Starmer darum gehen, das Konzept für eine Friedenstruppe vorzustellen.

Britischer Außenminister: Lawrow verbreitet «müde Märchen»

Der britische Außenminister David Lammy bezweifelt, dass Russland ernsthaft über eine Friedenslösung in der Ukraine verhandeln will. Nach einer Rede des russischen Außenministers Sergej Lawrow beim G20-Außenministertreffen in Johannesburg sagte Lammy laut britischer Nachrichtenagentur PA: «Ich sehe keinen Appetit, diesen Frieden wirklich zu erreichen.» Man sei nicht in die Nähe einer Verhandlungslösung gekommen.

Lammy warf Lawrow in seiner vom Außenministerium veröffentlichten Rede vor, «müde Märchen» und «die Logik des Imperialismus, verkleidet als Realpolitik» zu verbreiten. «Wenn es (Kremlchef Wladimir) Putin mit einem dauerhaften Frieden ernst ist, dann muss er einen Weg finden, der die Souveränität der Ukraine und die UN-Charta respektiert, der glaubwürdige Sicherheitsgarantien bietet und der den zaristischen Imperialismus zurückweist, und Großbritannien ist bereit, zuzuhören.» 

UN-Resolution: Besiegeln die USA Abkehr von der Ukraine?

Vor einer wichtigen Abstimmung über die Ukraine bei den Vereinten Nationen in New York ist unklar, wie die zukünftige diplomatische Linie der Vereinigten Staaten unter Trump aussehen wird. Am Montag wird in der UN-Vollversammlung über einen Resolutionsentwurf zur Unterstützung Kiews zum Jahrestag des russischen Einmarsches in die Ukraine abgestimmt. Es wird befürchtet, dass die USA mit einem Votum vor der Weltgemeinschaft ihre bisherige rhetorische Distanz zur Ukraine auch diplomatisch festigen könnten.

Auf die Frage, ob die USA den Beschlussentwurf mit der Forderung nach dem vollständigen Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine unterstützen würden, sagte der amtierende amerikanische Botschafter John Kelley: «Wir müssen abwarten, welche Anweisungen wir aus Washington bekommen, also hoffentlich kommen sie bald.» Wenn die USA dem von der Ukraine ausgearbeiteten Resolutionsentwurf nicht zustimmen, wäre dies ein weiterer Schritt der Abkehr Washingtons von Kiew.

dpa